Gesetzlicher Mietendeckel: So funktioniert er in New York
Am 14. Juni hat Andrew Cuomo, demokratischer Gouverneur des Bundesstaates New York und von 1997 bis 2001 Bauminister unter US-Präsident Bill Clinton, ein Gesetz unterzeichnet, das die Mieten strenger reguliert.
Alleine in New York City sind mehr als eine Millionen Wohnungen betroffen. Eine Art Mietpreisbremse (rent control) hatte New York schon davor, so durften Mieten nur um maximal 1,5 Prozent pro Jahr angehoben werden. Doch es gab zahlreiche Schlupflöcher für Immobilieneigentümer, die Mieten dennoch radikal zu erhöhen; etwa bei Neuvermietungen, wo nach Leerstand Erhöhungen um bis zu 20 Prozent möglich waren. Diese Möglichkeiten werden nun drastisch eingeschränkt.
Von der Real-Estate- zur Mieter-Lobby: Wie kam es zum Sinneswandel?
Möglich wurde die umfassende Reform des Mietrechts maßgeblich durch die Unterstützung linker Demokraten, die in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates, seit den letzten Wahlen in beiden Kammern die Mehrheit haben. In ihren Wahlkämpfen waren unter anderem die Mietkosten ein tragendes Thema, wie die New York Times berichtete. Zuvor hatte die Real-Estate-Branche eine große Lobby. Nun könnte das Gesetz auch weitere Bundesstaaten ermutigen, die Mieten krasser zu deckeln. Eine "Rent-Control-Politik", wie sie in New York vor dem neuen Gesetz galt, gibt es in ähnlicher Form auch in Oregon, Kalifornien, Maryland, New Jersey und Washington D.C.; Colorado, Illinois und Washington erwägen ähnliche Maßnahmen.
US-Immobilienbranche geht auf die Barrikaden
Doch kampflos gibt sich die New Yorker Immobilienbranche nicht geschlagen: Ende Juni kündigten zwei der größten Vermieter-Organisationen der Stadt (Rent Stabilization Association und Community Housing Improvement Program) an, bis Mitte Juli eine verfassungsrechtliche Anfechtung des Mietregelungspakets einleiten zu wollen, wie das Immobilien-News-Portal für New York, "The Real Deal", schreibt.
US-Investoren befürchten nun, dass die neuen Regelungen dazu führen könnten, dass Modernisierungen unrentabel werden oder Wohnhäuser um 20 bis 45 Prozent an Wert verlieren, weil Mieterhöhungen gestoppt werden. So sei etwa ein teilweise leerstehendes Gebäude mit 22 Wohneinheiten im East Village von Manhattan im Wert um 17 Prozent gesunken, sagte ein Immobilienmakler dem Onlinejournal "Realtor Magazine" (Stand 1.7.2019).
Gegen Gentrifizierung: Ebneten Mieterproteste in New York den Weg?
Dem neuen Gesetz in New York gingen massive Proteste gegen steigende Mieten und die Verdrängung der angestammten Anwohnerschaft, die sich vor allem aus Einwanderern zusammensetzt, voraus. Im November 2018 hatten sich etwa im New Yorker Stadtteil Williamsburg (Bezirk Brooklyn) ein Dutzend Familien organisiert und die Mieten einbehalten. Sie waren sich sicher, dass sie mit ihren Protesten früher oder später eine gesetzliche Mietenkontrolle würden erreichen können, wie ihre Sprecher Ende Mai dem Magazin "The Nation" für eine umfassende Reportage zur Situation am Mietwohnungsmarkt und zum Kampf der Mieter für mehr soziale Gerechtigkeit erzählten.
Auch in anderen, selbst kleineren Orten im Bundesstaat war es dem Bericht zufolge zu Protesten gekommen, nachdem etwa Immobilienkäufer Mieten nach der Übernahme der Gebäude deutlich erhöht hatten. Ein weiterer Grund für den wachsenden Unmut, ist die steigende Zahl an Obdachlosen, die ihre Wohnungen nicht mehr bezahlen konnten. Es folgten Mietstreiks, Kundgebungen und auch radikale Bewegungen. Unter der Organisation "Upstate-Downstate Housing Alliance" hatten sich schließlich mehr als 60 progressive Gruppen für eine Kampagne für Mieterrechte zusammengeschlossen und den Gesetzgeber aufgefordert, den Mieterschutz in New York streng zu regeln – was dann am 14. Juni auch geschehen ist.
Und in Deutschland?
In Berlin hat der Senat kürzlich den Mietendeckel beschlossen und damit rechtliches Neuland betreten. Dieser ist den meisten juristischen Gutachten zufolge allerdings nicht haltbar. Nur ein Gutachten sieht für den Mietendeckel derzeit kein rechtliches Hindernis. Nun haben sich auch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu Wort gemeldet. Die Juristen halten, wie die meisten Gutachter zuvor, eine solche gesetzliche Regelung im Alleingang zumindest für rechtlich fragwürdig: "Da eine Beurteilung von der genauen Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung abhängt, können nur allgemeine Überlegungen angestellt werden", heißt es in der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste zur "Gesetzgebungskompetenz für ein zeitlich begrenztes Verbot von Mieterhöhungen und Vereinbarkeit mit Art. 14 GG".
Die Begründung lautet auch hier: Bundesrecht könne nicht durch Landesrecht ersetzt werden. Das Zivilrecht sei "durch den Bund bereits so umfassend geregelt, dass für landesrechtliche Regelungen auf diesem Gebiet kaum mehr Möglichkeiten bestehen". Klagen dürften nicht nur aus der Wohnungswirtschaft kommen, auch die Berliner FDP hat angekündigt, ein Normenkontrollverfahren gegen das Gesetz anstrengen zu wollen, das im Oktober beschlossen werden soll.
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