3 Fragen an die Stiftung Berliner Leben

Eine Stiftung kann, was Wohnungsunternehmen wichtig, aber oft nicht möglich ist: zum Beispiel demokratische Werte vermitteln. Was das mit Hip-Hop zu tun hat? 3 Fragen an Dr. Hans Michael Brey und Dr. Anne Schmedding von der Stiftung Berliner Leben der Gewobag.

Die Gewobag ist eine Wohnungsbau Aktiengesellschaft, ein Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft, und hat als solches 2013 die Stiftung Berliner Leben gegründet. Warum war das nötig und was ist die Philosophie dahinter?

Dr. Hans Michael Brey: Die Gewobag hat 2013 diese Stiftung gegründet, um ihre sozialen Engagements einmal zu poolen und auch auszugliedern – mit dem Ziel, effektiver zu werden und näher an den Menschen heranzukommen. Über Kunst, Kultur und Sport erreichen wir Kinder und Jugendliche und auch Senioren, um die Quartiere ein stückweit lebenswerter zu machen. Das ist im Artikel Zwei der Satzung sehr deutlich beschrieben und dieser Aufgabe fühlen wir uns verpflichtet als Stiftung.

Der Stifter sitzt mit bei uns im Kuratorium. Wir stimmen mit dem Stifter in vielen Bereichen die Strategie und die langfristigen Ziele ab, um gemeinsam dann etwas vor Ort zu tun. Das macht es interessant für die Gewobag – und das macht es interessant für die Stiftung, weil wir Dinge tun können, die in einem prozessgetriebenen Unternehmen so nicht umgesetzt werden können.

Bei 76.000 Wohnungen – und die Anzahl der Wohnungen wird weiter steigen – gibt es eine andere Herangehensweise, als wenn man in einem kleinen Schnellboot sitzt und auf Herausforderungen vor Ort reagieren kann.

"Es geht um Teamplay, um Fair Play"

Laut eurer Satzung haben sich Vorgaben geändert: Es sollen jetzt auch demokratische Werte vermittelt werden, um die Identifikation mit der Gesellschaft weiter zu fördern. Wie geht das in der Praxis?

Dr. Anne Schmedding: Das ist natürlich ein hehres Ziel. Wir sind nicht diejenigen, die jetzt politische Symposien und Kurse im Quartier abhalten und allen beibringen, was das nochmal mit dem Grundgesetz auf sich hat. Wir versuchen durch unsere Projekte, wo wir mit Kooperationspartnern vor Ort zusammenarbeiten – das sind Einrichtungen, die mit Kindern, Jugendlichen und oder Senioren zusammenarbeiten –, gemeinsam mit diesen Einrichtungen Formate zu entwickeln, die bestimmte Werte mitbringen.

Ein Beispiel: Wir haben in einem Hochhausquartier in Berlin am Stadtrand, in Staaken, eine Grundschule. In dieser Grundschule gibt es große Herausforderungen, (…) die Kinder haben soziale, körperliche, geistige Herausforderungen. Unter diesen Bedingungen ist der normale Unterricht nur schwer möglich. Und diese Schule, wie auch viele andere Partner, nimmt unsere Angebote gerne wahr, weil man in unseren Projekten – egal, ob es ein Kunstworkshop oder Hip-Hop-Kurs, ein Ausflug oder etwas anderes ist – auf einer ganz anderen Ebene mit den Kindern, mit den Jugendlichen zusammenarbeiten kann und über ein Thema, zum Beispiel Sport, bestimmte Werte vermitteln kann. (...)

Es geht um Teamplay, um Fair Play, um sich konzentrieren können. Es geht darum, sich etwas merken zu können, darum, Konflikte auszuhandeln. Also vieles, was wir brauchen in unserer Gesellschaft, damit das Miteinander funktioniert, wird über diese Projekte eingeübt. Und das unterstützt und stabilisiert unsere Demokratie. Davon sind wir fest überzeugt.

Eine Stiftung kann dem Prinzip "trial and error" folgen

Warum sollten Wohnungsunternehmen intensiver darüber nachdenken, sich in Stiftungen zu engagieren oder eine Stiftung zu gründen?

Dr. Hans Michael Brey: Der Vorteil einer Stiftung, oder einer externen Organisation, die Stiftung heißt, ist: Es hat einen Ewigkeitscharakter. Man dokumentiert damit nach außen, dass einem der soziale Auftrag als Unternehmen sehr wichtig ist. Das schafft Vertrauen bei der Bevölkerung oder Vertrauen auch bei den Mietern. Das ist das eine.

Das andere ist: Wenn Unternehmen eine gewisse Größe erreicht haben, dann müssen sie, glaube ich, auch gewissen Gesetzmäßigkeiten folgen. Sie müssen zunächst einmal Geld verdienen, um dann auch sozial wirken zu können. Denn das eine setzt das andere voraus.

Eine Stiftung hat den Vorteil, dass sie viele Dinge ausprobieren kann qua Satzung und dass nicht alles per se erst einmal ökonomisch sein muss. Sie kann dem Prinzip "trial and error" folgen und diese Erfahrung an den Konzern zurückgeben – und dann kann man es skalieren. (…)

Dr. Anne Schmedding: Ich glaube, was wesentlich ist, ist wirklich, dass man durch dieses unabhängige Rechtsgefäß einer Stiftung Aktivitäten anders bündeln kann. Es sind ja fast alle Wohnungsbaugesellschaften ab einer gewissen Größe in den Quartieren aktiv und haben entweder gute Sponsoring-Projekte oder betreiben soziale Quartiersentwicklung betreiben oder stellen bestimmte Räumlichkeiten für soziale Einrichtungen zur Verfügung – es gibt eigentlich in allen Unternehmen Aktivitäten in diesem Bereich. Nur oftmals werden sie nicht gebündelt wahrgenommen und gebündelt auch reflektiert und strategisch entwickelt.