Die CSRD-Cowboys

Sie sind die Macher beim Klimaschutz – aber in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) fühlen sich selbst die Experten der Nassauischen Heimstätte | Wohnstadt manchmal wie im wilden Westen. 3 Fragen an Dr. Thomas Hain und Felix Lüter.

Mit Blick auf die CSRD, also die Nachhaltigkeitsberichterstattung, herrscht Wildweststimmung, könnte man sagen – wer muss was wie berichten. Fühlen Sie sich gerade als Cowboy?

Dr. Thomas Hain: Der Vergleich passt durchaus. Das ist auch zum Teil sehr innovativ oder innovatives Land und Themen, die wir damit betreten. Und es gibt eben keine perfekte Lösung zum Thema Klimaschutz. (…)

Das war auch unsere Geburtsstunde: Ich kam 2014 aus einer Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit und ich war überzeugt: Aufgrund der Tatsache, dass die Wohnungswirtschaft und auch unsere Unternehmensgruppe schon viele Jahre unglaublich viel in energetische Modernisierung investiert hatte, würde man das am Klima erkennen. Ich war völlig enttäuscht und frustriert, als der Keynote-Speaker uns aufklärte und erzählte, dass das, was bisher passiert war, überhaupt gar keine Auswirkungen gehabt habe.

Das war für mich als Lenker des Unternehmens der Startschuss, darüber nachzudenken, dass wir so nicht weitermachen können. Nachhaltigkeit muss man eben auch nachhaltig und breit anlegen im Unternehmen. Das kann man nicht an energetischen Modernisierungsmaßnahmen festmachen. Das war der Beginn eines Managementsystems, das wir eingeführt haben. Und ich glaube, das ist unser Wettbewerbsvorteil, den wir gegenüber anderen Wohnungsunternehmen haben.

Was macht eine nachhaltige Immobilie aus?

Dr. Thomas Hain: Mehr als nur ein bisschen Dämmung an die Wand zu pappen. Das muss man deutlich sagen, dass die Nachhaltigkeit bei uns wirklich auf den drei Füßen steht: ökologisch, sozial und ökonomisch. Und alles drei muss sich auch im Immobilienbestand beziehungsweise in einem Quartier wiederfinden.

Dazu gehört einmal die reine Technik, also die Struktur der Gebäude, aber da hört es eben nicht auf: Auch das Zusammenleben der Mieter zu organisieren, gehört dazu. Wir haben weit mehr als 100 Ethnien, die bei uns wohnen, die betreut werden durch ein soziales Quartiersmanagement. Das ist für uns auch ein Teil der Nachhaltigkeit. Und wenn man jetzt noch den ökonomischen Part hinzunehmen möchte, ist es eben die Bezahlbarkeit der Miete, die eine große Rolle und Wichtigkeit bei uns spielt. Genau wie zum Beispiel auch die Finanzierung: Wir finanzieren einen Teil unserer Modernisierungsmaßnahmen über grüne Schuldscheindarlehen.

Das ist ein Komplettpaket, das man insgesamt ganzheitlich betrachten muss. Und wir tun es auch, denn nur so ist Nachhaltigkeit auch tatsächlich glaubwürdig zu vertreten und mittelfristig erfolgreich.

Die NHW ist mit ihren Bemühungen und Erfolgen in Sachen Klimaneutralität ein Vorbild für viele andere Wohnungsunternehmen – nichtsdestotrotz gibt es auch für Sie Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden müssten.

Felix Lüter: Es gibt tatsächlich zahlreiche, muss man ehrlicherweise sagen. (…) Für uns gibt es drei wesentliche Faktoren. Das ist einmal die Technik – die ist da, die funktioniert, das sind im Wesentlichen Fernwärme und Wärmepumpen mit jeweils ihren Pros und Contras. Die Technik ist das von den drei Komponenten, was noch am handhabbarsten ist.

Dann kommt als nächstes der Faktor Zeit. Unsere Branche investiert in langfristigen Zyklen – in 40-, 50-Jahre-Zyklen und die verbleibenden 20 Jahre bis zur angestrebten Klimaneutralität in 2045 sind gerade mal die Hälfte. Das führt zu einem großen Verdichtungsdruck auf unsere Tätigkeit.

Aber der allergrößte Teil ist die Finanzierbarkeit. Ohne die wird es leider nicht gelingen. Wir können alle in unseren Klimastrategien wunderbar technische Pfade runterleiten, die zeigen, wie man das bis 2045 hinkriegt, aber das ist dann oft schon ein Massenproblem.

Wer schon einmal durchmodernisiert hat und überwiegend an der Fernwärme hängt, der kann es am ehesten schaffen – soweit der Fernwärmebetreiber dann auch mitspielt. Aber die, die viel selbst machen müssen an der Wärmeversorgung und auch noch einen Modernisierungsstau im Bestand haben, die haben eigentlich die schlechtesten Karten. Da ist tatsächlich der Faktor Finanzierbarkeit das größte Hemmnis.

Jetzt reinhören: Dr. Thomas Hain und Felix Hüter im L'Immo-Podcast