Der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) ist sowohl gesetzlicher Prüfungsverband als auch Fach- und Interessenverband für 207 Wohnungsgenossenschaften im Freistaat Sachsen.
Können Sie kurz die Besonderheiten innerhalb Ihres Verbands skizzieren? Was unterscheidet Verband und Mitglieder von anderen Landesverbänden?
Mirjam Philipp: Die wichtigste Besonderheit ist, dass wir ein "sortenreiner" Wohnungsgenossenschaftsverband sind. Das heißt, dass wir bei unserer Arbeit der Interessenvertretung explizit auch auf die Besonderheit der Rechtsform abstellen können. Wir stehen für das bezahlbare Wohnen, für die soziale Einbettung unserer Mieter und Mitglieder in eine genossenschaftliche Gemeinschaft und die seit über hundert Jahren bewährte Krisenfestigkeit der Genossenschaften, gerade auch in schwierigen Zeiten. Und es besteht eine besondere Verbundenheit unserer Verbandsmitglieder zu ihrem Verband, zu uns, dem VSWG. Letzteres hat sich in den Krisenzeiten – Corona und Energiekrise – besonders gezeigt, in denen wir maßgeschneidert unsere Genossenschaften mit Informationen und Beratungen unterstützen konnten.
Dies haben nicht nur unsere großen Genossenschaften gerne angenommen, sondern auch die über 100 kleineren, die so gezielt im Tagesgeschäft unterstützt werden konnten. Wir leben den Genossenschaftsgedanken der Solidarität bei unseren Verbandsmitgliedern, so wie sie es wiederum mit ihren Mitgliedern handhaben.
Sozial- und Branchenverbände warnen vor einer großen Not beim Sozialwohnungsbau und fordern Bund und Länder zu einer "konzertierten Sozialwohnungsbau-Offensive" auf in Form von Sondervermögen. Wie stehen Sie zu diesen Forderungen – während in Ihrem Verband statt Wohnungsnot eher Leerstand herrscht?
Seit Jahren wiederholen wir in der Landes- und Bundespolitik gebetsmühlenartig, dass wir kein Problem eines angespannten Wohnungsmarktes hier im Freistaat Sachsen haben und werden dabei auch nicht müde, dies weiterhin immer wieder neu zu formulieren.
Wir haben ein Leerstands-Problem: Es gibt hier nicht zu wenige, sondern einfach zu viele Wohnungen. Das gilt im Übrigen nicht nur für den Freistaat, sondern für den gesamten ostdeutschen Raum. Diese wohnungswirtschaftliche Gegebenheit leitet logischerweise unsere Forderung ab, nicht auf Teufel komm raus neu zu bauen, auch nicht Sozialwohnungen, sondern die wenigen verfügbaren Mittel gezielt und nachhaltig in die Bestände zu investieren. Wir reden damit über eine Änderung einer katastrophalen Förderpolitik, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene.
Es gibt in Sachsen gute Wohnungen zu bezahlbaren Preisen. In unserem Verbandsgebiet haben wir eine Durchschnittsmiete von 5,20 Euro. In den meisten ländlichen Regionen steht sogar noch eine Vier vor dem Komma. Das ist ein Preis, der sich auf Sozialwohnungsniveau bewegt. Da braucht man keinen Sozialwohnungsneubau und erst recht keinen Neubau.
Können Sie kurz erläutern, was es mit dem sächsischen "Bauklötzchenhaus" auf sich hat?
Das "Bauklötzchenhaus" als Logo steht grundsätzlich für die Marketinginitiative der Wohnungsbaugenossenschaften Deutschland e. V., die bekanntermaßen für die Bewerbung des Wohnens in Wohnungsgenossenschaften bundesweit steht.
Das spricht mir natürlich aus dem Herzen, da wir als reiner Wohnungsgenossenschaftsverband ebenfalls dafür stehen. Und so sind wir schon beim Marketingverbund der Wohnungsgenossenschaften in Sachsen, der eine regionale Untergruppe der Marketinginitiative ist. Und bei uns in Sachsen ist das Marketing für das genossenschaftliche Wohnen aufgrund der Leerstands-Problematik umso wichtiger. Im Lauf der vergangenen drei Jahre hat sich fast ein Drittel unseres Wohnungsbestandes im Marketingverbund organisiert. Weiter so!
Sie sind Mitglied des Marketingverbunds der Wohnungsgenossenschaften in Sachsen und davon ausgehend gibt es unter dem Motto "Das mit uns hält länger" eine Zusammenarbeit mit dem Bob-Team Francesco Friedrich. Wie kam es zu dieser Kooperation und was versprechen Sie sich davon?
Zu dieser Kooperation kam es durch einen rührigen und sportbegeisterten Vorstand des Marketingverbundes der Wohnungsgenossenschaften in Sachsen. Und man sah spätestens am 5.2.2023, dass man aufs "richtige Pferd gesetzt" hatte. Franz – wie Francesco Friedrich hier bei uns in der Region genannt wird – wurde in St. Moritz zum fünften Mal in Folge im Viererbob Weltmeister!
Und auf der Mütze seines langjährigen Anschiebers Candy Bauer prangte unser Klötzchenlogo und wurde in allen Medien, in der ARD-Sportschau, den Tagesthemen und vielen mehr gezeigt. Eine enorme Medienreichweite, die wir mit unserem Markenbotschafter erreicht haben. Der nächste Schritt ist, nicht nur mit dem sympathischen Sportler weiter als Werbeträger zu kooperieren, sondern die Botschaft des Klötzchenlogos – Wohnen in Wohnungsgenossenschaften – weiter in die Welt zu tragen.
Weg vom Eis – hin zum Grün: Anlässlich der Landesgartenschau in Sachsen im vergangenen Jahr gab es eine Kooperation mit dem Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Sachsen e. V. Worum ging es bei dieser Kooperation und ist eine Fortsetzung auch ohne Gartenschau geplant? Haben Sie gemeinsame Ziele und Interessen?
Die Kooperation mit dem Verband der Garten- und Landschaftsbauer und der HTW Dresden setzen wir in jedem Falle weiter fort. Es geht um das "grüne" Wohnen, in der Stadt und auch im ländlichen Raum. Nicht nur die Corona-Zeit hat die Sehnsucht nach Natur geweckt, sondern auch der Weg in die Klimaneutralität ein Bewusstsein dafür geschaffen. Hier ist durchaus eine Sensibilisierung festzustellen, vor allem bei der jüngeren Generation, die wir ohnehin verstärkt ansprechen.
Es ist nicht nur ein Aufmerksam-Machen nach dem Motto, schaut her, Wohnungsgenossenschaften und Natur gehören zusammen, sondern wir müssen auf ein sich verstärkendes Anspruchsdenken der Mieterschaft nach ökologischen und nachhaltigen Wohnkonzepten Rücksicht nehmen. Und diese Kooperation bedient diese Ansprüche mit neuen Ansätzen und Ideen, auch unter der Einbindung von Azubis und Studenten in Projekte mit unseren sächsischen Wohnungsgenossenschaften.
Die Kooperation anlässlich der Landesgartenschau in Torgau war der erste Schritt in Richtung kooperativer Zusammenarbeit und der Auftakt. Angedacht ist, künftig beispielsweise Mietergärten oder vorhandene Brachflächen nach Rückbauprojekten optisch reizvoll zu gestalten, um naturnahe kleinteilige Kommunikationsorte im Wohngebiet zu schaffen.
Welche Ereignisse in jüngerer oder auch weiter zurückliegender Vergangenheit, bezogen auf die Wohnungswirtschaft, waren für Sie persönlich und/oder auch Ihren Verband besonders prägend?
Der Umgang unserer Wohnungsgenossenschaften mit den jüngsten Krisen: Zuletzt war und ist die Energiekrise, mit all ihren Ausprägungen in Wirtschaft und Gesellschaft hinein, die größte Herausforderung der jüngeren Zeit. Und für unsere Mitglieder stand und steht immer die Sicherung der Versorgungslage verbunden mit dem Erhalt der Bezahlbarkeit des Wohnens im Mittelpunkt. Es zeigt sich, dass unsere Wohnungsgenossenschaften eben besonders agieren, weil sie verantwortungsvolle Vermieter sind. Das ist beeindruckend und ermutigend.
Die DW Die Wohnungswirtschaft wird in diesem Jahr 75 Jahre. Seit wann begleitet Sie die DW und gibt es Beiträge, die Sie besonders erinnern? Was wünschen Sie der DW zum Jubiläum?
Von den 75 Jahren kenne ich die DW schon 27 Jahre! Über die Tätigkeiten unseres Verbandes und unserer Mitglieder zu lesen, hat mich natürlich immer mit gewissem Stolz erfüllt.
Zum Jubiläum sage ich: Weiter so! Denn die DW hat in den letzten Jahrzehnten bewiesen – wie einmal ein britischer Verleger feststellte – dass man mit Schlagzeilen zwar Leser erobert, aber sie mit Information behält. Und wenn das noch dazu gute Informationen sind, dann sind die nächsten 75 Jahre gesichert.
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Das Interview findet sich auch in der Print-Ausgabe der DW Die Wohnungswirtschaft 03/2023 .