Die Branche muss lernen, zu kooperieren


Die Branche muss lernen, zu kooperieren

Bei den Themen Klimabilanz und ESG gibt es in der Immobilienbranche viele Unsicherheiten. Wichtig ist, sich den Aufgaben zu stellen und vor allem: einfach mal anzufangen. Hilfreich sind Kooperationen mit Unternehmen, die den Weg bereits gegangen sind.

Nachhaltigkeitsbemühungen sind in der Branche Pflicht – und verursachen Aufwand, der viel Zeit und Geld kostet. Gerade im Zuge des Fachkräftemangels lässt sich diese Zeit jedoch nicht einfach kaufen, etwa in Form eines Experten, der die anstehenden Aufgaben übernimmt.

Klimaschutzziele: Die Gesetze drängen

Um die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaschutzziele zu erreichen, müssen sich alle Beteiligten deutlich strecken. Denn der Wandel muss schnell vollzogen werden. Und er muss in Deckung gebracht werden mit den Vorgaben, die EU- und Bundespolitik setzen: So verlangt die im Juni 2022 vom europäischen Rat noch einmal verschärfte Nachhaltigkeitsberichtserstattungspflicht eine Umsetzung auf nationaler Ebene 18 Monate später, also ab jetzt.

Aller Anfang ist schwer – doch es gilt, ihn zu machen. Aber wie macht man dies möglichst effizient? Effizient waren die bisher getroffenen Maßnahmen in der Branche oft nicht. Die Wohnungs- und die Immobilienwirtschaft müssen deshalb lernen, neu zu denken und mit Partnern zu kooperieren und zwar nach ganz programmatischem Vorbild. Jemand anderer hat eine sichere, effiziente und effektive Lösung für eine bestimmte wohnungswirtschaftliche Aufgabe bereitgestellt? Prima, dann vernetzen Sie sich mit ihm – herauskommt eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Cloud-Lösung und Best-of-Breed-Prinzip

Ein Kunde von Haufe Real Estate etwa hat bereits für seinen gesamten Bestand mit 6.000 Wohneinheiten eine CO2-Bilanz erstellt. Jetzt weiß er, wo in der praktischen Umsetzung Stolpersteine liegen, was zu tun ist, wenn etwas schiefgeht, wie er sein ERP-System am effizientesten nutzt – und er ist bereit, dieses Wissen zu teilen und an andere Wohnungs- und Immobilienunternehmen weiterzugeben. Das entspricht übrigens genau dem Ansatz des ERP-Systems an sich: offene Schnittstellen – am besten als Cloud-Lösung – und ein Best-of-Breed-Prinzip (aus jedem Anwendungsbereich die beste Lösung herauszusuchen und in die eigene IT-Infrastruktur integrieren). Umso faszinierender, dass dieser Grundsatz nicht nur digital funktioniert, sondern auch eine Blaupause sein kann für reales Handeln.

Eigentlich ist ein ERP-System erst einmal nichts anderes als eine Steuerungshilfe. Beispielsweise stellt es grundsätzliche kaufmännische Funktionen und eine Mietbuchhaltung bereit. Doch selbst Dateninput und -verarbeitung sind häufig komplex und verlangen nach Expertise. Eine Lösung selbst zu entwickeln verschlingt oft zu viele Ressourcen, und das Ergebnis ist meist nicht vergleichbar mit einem Anbieter, der langjährige Erfahrung vorzuweisen hat.

Hier kommen Drittanbieter ins Spiel: Bietet jemand eine bestimmte Lösung oder Software an und verfügt das ERP-System über offene Datenschnittstellen, können beide Programme synchronisieren – Zeit- und Kostenersparnis sind die Folge. Selbstverständlich gilt es, bei der Datenübertragung vorsichtig zu sein. Mieterdaten dürfen nicht plötzlich im Internet zu finden sein.

EU-Taxonomie und ESG-Management

Die von EU-Taxonomie und ESG-Management geforderten Daten zu Energieeffizienz, Treibhausgasemissionen oder Ressourcenverbrauch zur Verfügung zu stellen, wird ohne ERP-System nicht möglich sein. Ein Beispiel: Sie wollen die Treibhausgasemissionen einer ihrer Wohnbestandsimmobilien bestimmen. Dazu benötigen Sie jede Menge Fakten – von Bauweise bis Wärmedämmung. Und was ist, wenn Sie die Wohneinheiten separat saniert haben? Oder nach dem Auszug eines Mieters das Heizsystem lediglich in einer Wohneinheit modernisiert wurde? Zusätzlich kompliziert: Im Gebäude befindet sich auch ein Ladenlokal – für das gelten andere Berechnungsgrundlagen als für die Wohneinheiten, die genau angegeben werden müssen.

Mit den Anforderungen der EU-Taxonomie schrittzuhalten, gestaltet sich also durchaus als Herausforderung – dabei sind Themenkomplexe wie Green Financing noch nicht berücksichtigt. Doch der Nachweis klimaschonender Bemühungen wird bei der Kreditvergabe (beispielsweise für weitere ressourcenschonende Sanierungsmaßnahmen) eine immer größere Rolle spielen.

Digitalisierung, Vernetzung und Know-how

Die gute Nachricht: Die meisten Immobilienunternehmen und Hausverwaltungen verfügen bereits über eine solide Datengrundlage. ESG-Management ist damit gar nicht so weit entfernt. Besonders effizient wird der anstehende Prozess, wenn folgende Punkte beachtet werden:

#Digitalisierung: An der Bereitstellung geordneter und verlässlicher Daten führt kein Weg vorbei. Um sie zu ordnen, zu strukturieren und vergleichbar zu machen, ist sodann eine Software erforderlich, in der Regel ein gutes ERP-System.

#Vernetzung: Existiert eine strukturierte Datengrundlage, geht es an die Prozessoptimierung. Jeder Vorgang, den Sie nicht händisch begleiten müssen, erspart wertvolle Zeit. Auch hierbei hilft mittelfristig nur ein ERP-System weiter.

#Knowhow: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die sicherste Methode, die Herausforderung "Nachhaltigkeit" zu meistern, besteht deshalb darin, zu wissen, was man tut. Und hier hilft nur stetige Weiterbildung. Für alle Beteiligten stellen die EU-Taxonomie und das weitverzweigte Regelwerk Neuland dar.

Beachten Sie diese drei Punkte, ist ein solides Fundament gelegt. Das bedeutet nicht, dass Nachhaltigkeitsbemühungen zum Selbstläufer werden – Nachhaltigkeit wird zur Daueraufgabe. Sobald die CO2-Bilanz fertig ist, warten schon die nächsten Herausforderungen: Denn neben Environmental (E) müssen beim ESG-Management auch Soziale Aspekte (S) und Grundsätze der Unternehmensführung (G) strukturiert dargestellt und messbar gemacht werden.