Hat das Smart Home in der Wohnungswirtschaft eine Chance?
Das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte beschreibt Smart Home in einer Studie als Zug der fährt, „… aber noch nicht im Expresstempo".
Fakt ist, dass sich die Wohnungswirtschaft mit dem Thema Smart Home schwer tut. So können sich 60 Prozent der Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft vorstellen, mindestens 20 Euro pro Quadratmeter zu investieren. Bei 100 Quadratmetern wären das gerade mal 2.000 Euro.
Bei den Eigenheimbesitzern sind es zumindest 25 Prozent, die bereit sind, 5.000 Euro oder mehr in smarte Technologien zu stecken. Allerdings kann eine KNX-Installation schnell fünfstellige Preisregionen erreichen.
- Woran liegt es, dass die Wohnungswirtschaft lediglich in sehr hochpreisigen Lagen smarte Wohnungen baut?
- Sind es nur die Kosten?
- Oder gibt es da noch andere Hürden?
Es fehlt an tragfähigen Geschäftsmodellen zur Refinanzierung
Der Wohnungsmarkt ist im Moment ein Vermieter- und Verkäufermarkt. Es gibt in Deutschland kaum Leerstand, lässt man mal strukturschwache Regionen außen vor. Vor allem in den Ballungsräumen ist Wohnraum bekanntermaßen extrem knapp. Zudem sind die Erstellungskosten aufgrund von hoher Auslastung und Personalknappheit vor allem im Baunebengewerbe in letzter Zeit drastisch gestiegen. Was hätte ein Vermieter oder ein Bauträger im Moment davon, mehr zu
investieren?
Der Markt ist extrem unübersichtlich: viele Anbieter, Standards oder Protokolle
Es gibt auf dem Smart-Home-Markt wohl eine vierstellige Anzahl an Herstellern, die zum Teil gemeinsame Protokolle pflegen (zum Beispiel KNX, ZigBee oder Z-Wave), daneben ein buntes Angebot an Herstellern, die proprietäre Protokolle besitzen, wie etwa eq-3. Das heißt aber nicht, dass die Produkte nicht kompatibel wären.
Es gibt Gateways und Plug-ins, die es ermöglichen, in einer Installation verschiedene Protokolle zu nutzen. Es ist nur sehr kompliziert und damit kostenintensiv. In letzter Zeit verstärken sich aber Bestrebungen bei vielen Herstellern, sich zu öffnen und Allianzen mit anderen Anbietern einzugehen (beispielsweise Smart Friends oder Conrad Connect).
Unklarheit über den Zweck von Smart Home
Bei jeder Smart-Home-Installation stellt sich der Planer die Frage: Was brauche ich beziehungsweise welche Funktionen machen das Leben einfacher und sicherer? In der Regel kann diese Frage auch beantwortet werden, da Nutzer und Planer zum Beispiel im Eigenheim identisch sind.
Die Wohnungswirtschaft kann aber nur in sehr begrenztem Maße planen, wer in der betreffenden Wohnung wohnt. Da sie also nicht wissen kann, welche Bedürfnisse die Nutzer haben – zum Beispiel Steuerung und Kontrolle des Raumklimas, Energieverbrauchsmessung, -visualisierung und -abrechnung, Komfort oder Sicherheit – müsste im Umkehrschluss der gemeinsame Nenner aller Nutzer bekannt sein. Es gibt natürlich Umfragen zu den gewünschten beziehungsweise installierten Funktionen. Es dominieren die Themen Schalten und Beleuchten, Heizung,
Sicherheit und Medienverteilung, wie Deloitte im Smart-Home-Survey weiter schreibt.
Daraus würde sich ein klarer Rahmen für die Standardausstattung von Wohnungen abzeichnen, wenn man die Medienverteilung außen vor lässt.
Für viele Endverbraucher ist die einfache Bedienbarkeit nicht gegeben
Wenn man ein System anbieten wollte, das für möglichst alle Nutzer Vorteile bringt, müsste es auch von allen bedient werden können.
Da Systeme, die auf Smartphone- oder Tablet-Bedienung ausgerichtet sind, schon den Besitz oder die regelmäßige Nutzung solcher Geräte voraussetzen, grenzt man hier schon eine große Gruppe (die stetig kleiner wird) aus. Es sollte also ohne Lernaufwand und komplizierten Anmeldungen an ein System möglich sein, das Smart Home zu nutzen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis passt aus Sicht der Wohnungswirtschaft (noch) nicht
So vielfältig das Angebot an Smart-Home-Lösungen ist, so unterschiedlich sind die Preisvorstellungen der Hersteller und Integratoren.
Während im Eigenheim bei einer KNX-Anlage die Kosten, wie bereits erwähnt, im fünfstelligen Bereich liegen, kann der Endkunde im Baumarkt sehr preisgünstig ein kleines Smart-Home-System erstehen, das er auch später erweitern kann. Die Ausbaufähigkeit ist aber stark begrenzt. Der Nutzer kann viele Funktionen nicht oder nur sehr eingeschränkt einsetzen, wenn er zur Miete wohnt.
Was die #Wohnungswirtschaft angeht, bleibt die Frage, ob sich ein System lohnt, das für 25.000 Euro in eine Mietwohnung eingebaut wird. #SmartHome
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Kostengünstigere Anbieter stehen nach wie vor im Ruf, keine vernünftige Qualität liefern zu können oder nur den Endkundenmarkt anzusprechen.
Befürchtungen bezüglich mangelndem Datenschutz und unklarer Datensicherheit
Datenschutz und Datensicherheit sind nicht erst seit dem Inkrafttreten der DSGVO große Themen. Das Smart Home produziert und nutzt eine Menge Daten. Viele davon werden durch den Bewohner und die Nutzung generiert. Hier gilt also eine besondere Aufmerksamkeit, wer auf diese Daten zugreifen kann, wie diese Daten gesichert und wo sie gespeichert werden.
Die #Wohnungswirtschaft ist hier aus gutem Grund vorsichtig. Alle #Daten aus der Wohnung sollten auch da verbleiben – beim Nutzer. #DSGVO #Datenschutz #SmartHome
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Das heißt, eine Smart-Home Zentrale, bei der unberechtigte Dritte Zugriff auf die Aktivitäts- oder Nutzungsdaten haben, ist datenschutztechnisch indiskutabel.
Zu kurze Gewährleistungsfristen oder mangelnde Haltbarkeit der Komponenten
Im Baugewerbe gelten gegenüber dem normalen Verbraucherrecht andere Gewährleistungslaufzeiten, je nach Art des Vertrags, der geschlossen wurde. So ist eine zweijährige Gewährleistung häufig nicht ausreichend.
Preisgünstigere Komponenten sind nicht unbedingt von minderer Qualität. Was aber passiert, ist, dass relativ neue Produkte, etwa eine LED-Beleuchtung, bei einer normalen Installation unabhängig vom Hersteller schnell zum Ausfall der Aktoren führen können. In der Regel sind das zwei bis drei Jahre. Dies ist nicht nur in der Wohnungswirtschaft inakzeptabel.
Zu hoher Wartungsaufwand
Eigentlich sollten Smart-Home-Komponenten wartungsfrei funktionieren. Das tun sie aber nur, wenn sie über eine Leitung auch mit Strom versorgt werden.
Funkvernetzte Systeme, die Energy-Harvesting betreiben, sind dagegen nur sinnvoll, wenn sie bidirektional kommunizieren. Batteriebetriebene Geräte erzeugen durch den Batteriewechsel regelmäßige Wartungszyklen, die die Total Cost of Ownership deutlich verteuern.
Was sind Erfolgskriterien?
Damit Smart Home die Wohnungswirtschaft nachhaltig erobern kann, müssen folgende Erfolgskriterien gewährleistet sein:
- wenige oder keine batteriebetriebenen Komponenten,
- Preisanpassungen der Premiumhersteller nach unten,
- Trennung von Nutzer- und Administrationszugang in der Smart-Home-Zentrale,
- längere Gewährleistungsfristen und hohe Produktqualität,
- einfache Anmeldung mit Smartphone oder Tablet der Mieter an das Smart Home,
- intelligente Komponenten, die sowohl LED als auch normale Leuchtennutzung ermöglichen,
- Datenhaltung in der Wohnung des Mieters,
- vollständige Verschlüsselung der Kommunikation zwischen den Komponenten und im Internet,
- Änderung der Philosophie vom Komponentenhersteller hin zum Systemanbieter.
Schlussfolgerung
Der Smart-Home-Markt wird auf jeden Fall weiter wachsen, sagte Cafer Tosun (CCO von SAP) im September in einem Online-Interview bei Springer Professional (abgerufen am 7.1.2018).
Sobald Komponentenhersteller beginnen, nicht nur Teile, sondern Systeme zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Wohnungswirtschaft ausgerichtet sind, wird auch das Smart Home stärker Einzug in die Mietwohnung halten. Dies sollte dem Wachstum des Smart-Home-Marktes einen weiteren erheblichen Schub verleihen.
Der Artikel ist im DW 70 Jahre-Jubiläumsheft (Ausgabe 10/2018) erschienen.
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