Warmwasser dezentral aufbereiten: Die Lösungen
Die beiden Technologien heizen das Wasser nah beim Verbraucher auf. Das geht zum einen mit der hydraulischen Einbindung von Frischwasserstationen, zum anderen mit Durchlauferhitzern, die Strom zum Aufheizen verwenden.
Frischwasserstationen
Die erste technologische Lösung ist die Frischwasserstation. Sie wird in die schon vorhandene Wasserversorgungshydraulik eines Gebäudes eingebunden. Der Begriff Frischwasserstation wird in mehrfacher Bedeutung verwendet. Zum einen gilt er für die Durchflusswassersysteme, mit denen direkt in der Wohnung oder nah am Abnehmer warmes Wasser erzeugt wird, zum anderen für Wohnungsstationen, die auch die Heizung mit abdecken. Aber auch Heizwendeln, die zum Zwecke der Trinkwarmwasserbereitung in einem Pufferspeicher verbaut sind, werden mitunter – wenn auch fachlich nicht korrekt – so bezeichnet.
Wohnungsstationen etwa zeichnen sich durch horizontale Leitungsführung aus. Aus dem daher möglichen Wand- und Schachteinbau resultiert ein geringerer Platzbedarf gegenüber einer zentralen Versorgungslösung mit großem Pufferspeicher, aus dem alle Abnehmer eines Hauses mit vertikalen Leitungssträngen bedient werden. Denn bei der zentralen Lösung benötigt man Leitungen für Kaltwasser, Heizungsvor- und Rücklauf, Trinkwarmwasser und Warmwasserzirkulation. Eine Wohnungsstation kommt mit Leitungen für Kaltwasser sowie Heizungsvor- und Rücklauf aus. Allerdings: Sie können auch zentral positioniert werden. Es müssen also nicht immer Speicher- oder Speicherladesysteme zum Einsatz kommen.
Auch die gesetzlichen Regelungen machen den Einsatz von Frischwasserstationen sinnvoll. Seit der Novellierung der neuen Trinkwasserverordnung 2011 wurden die Anforderungen an die Bereitstellung, Erwärmung und Hygiene von Wasser drastisch verschärft. Zudem gibt es bei der gewerbsmäßigen Wohnungsvermietung eine regelmäßige Prüfungspflicht der Legionellenkonzentration. Dies gilt für Großanlagen mit zentralem Trinkwarmwasserspeicher größer 400 Liter oder mit mehr als 3 Litern Wasserinhalt bis zur Zapfstelle – Parameter, die in jedem Mehrfamilienhaus locker überschritten werden. Das wird mit Frischwasserstationen umgangen.
Wenn die Stationen die entsprechend geforderten Spitzenzapfleistungen und Temperaturen erfüllen, können sie in allen Wohngebäudetypen angewandt werden. Temperatureinschränkungen sind nicht bekannt, die Anwendung muss zu den Einsatztemperaturen passen. Zudem sollte der Verbrühungsschutz gewährleistet sein, was auf eine maximale Vorlauftemperatur von 110 Grad Celsius und einen einstellbaren Wert bei der Trinkwarmwasserbereitung bis maximal 75 Grad Celsius hinausläuft.
Technologisch werden dafür meist Plattenwärmeübertrager genutzt. Die Wärmeübertragung kann über Fernwärme oder aber über die zur Verfügung stehende Heizquelle erfolgen.
Vor- und Nachteile von Frischwasserstationen
Jörn Simon (Danfoss) sowie Thomas Schneider (Elco) nennen folgende wesentliche Vor- und Nachteile einer Frischwasserstation:
Vorteile:
- nur so viel Wasser wird erwärmt wie benötigt, dadurch größtmöglicher Wirkungsgrad
- längere Brennerlaufzeiten, dadurch optimaler Betrieb der Heizungsanlage – gilt nur bei Heizkesselbetrieb mit großem Heizwasserpufferspeicher, ansonsten ist das Gegenteil der Fall
- wenig stehendes Wasser
- niedrige Rücklauftemperaturen, dadurch gute Einkopplung erneuerbarer Energien wie Solarthermie möglich
- Durchströmung des Wärmeübertragers bei Zapfung, dadurch geringe Verluste
- geringe Legionellengefahr
- leicht zugänglich für Wartung/Pflege
- mit Vormischset auch für sehr heiße Heizwasserpufferspeicher geeignet
- für alle Anlagensysteme geeignet
- geringer Platzbedarf
- hydraulischer Abgleich mittels integrierter Differenzdruck- und Volumenstrombegrenzung
- genaue Abrechnung auf Verbraucher bezogen
Nachteile:
- kann die Pufferschichtung stören
- Funktionskomfort stark von hydraulischer Einbindung abhängig
- Prüfung von Wasserqualität und -härte nötig, dadurch eventuell zusätzliche Kosten für Entkalkungsgeräte (nur bei höheren Temperaturen > 55 Grad Celsius und überdurchschnittlich "hartem" Wasser dKH > 18 Grad deutscher Härte)
- zusätzliche Regelungskomponenten
- eventuell höhere Reparaturkosten im Vergleich zu zentralem Trinkwarmwasserspeicher
Planerische Details
Für die Dimensionierung und Auslegung der zentralen Frischwasserstationen wird der Spitzenvolumenstrom für Trinkwarmwasser benötigt. Der wesentliche Vorteil für die Hygiene des Systems liegt im reduzierten Anlageninhalt, da die Energiebevorratung im Heizungspufferspeicher geschieht.
Bei dezentralen Wohnungsstationen wird der Spitzenvolumenstrom der jeweiligen Wohnung betrachtet. Die Heizleistung zur Trinkwarmwasserbereitung wird, wie die Leistung zur Beheizung der Wohnung, über das gemeinsame Heizungsrohrnetz transportiert. Die Gleichzeitigkeit zur Trinkwarmwasserbereitung wird bei der Rohrnetzdimensionierung des Heizungssystems sowie bei der Berechnung des Pufferspeichers berücksichtigt.
Die Verbrauchsprofile variieren auch nach der Art des Gebäudes. Bei Wohnungen sieht diese anders aus als etwa bei Hotels, Wohnheimen oder Sportstätten. Zudem müssen die Entnahmestellen nach ihrer Entnahmemenge qualifiziert werden, beispielsweise beim Einsatz von Raindance- oder Sparbrausen.
Soll ein Wohngebäude im Bestand auf dezentrale Erzeuger umgerüstet werden, sollte zuvor mittels Ultraschallmessgerät und diversen Temperaturfühlern der Warmwasserbedarf und der Zirkulationswärmebedarf für das Gebäude über mehrere Wochen gemessen werden. Anhand des Messergebnisses ist dann das tatsächlich benötigte Speichervolumen und die Nachheizleistung zu ermitteln. So wird präventiv gegen eine Überdimensionierung der Warmwasserbereitung vorgegangen.
Viele Unternehmen der Wohnungswirtschaft müssen nicht mehr von den Vorteilen dieses Systems überzeugt werden, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Beispiel: Frischwasserstation im Seniorenstift
Beim Neubau der Seniorenresidenz im Berner Heerweg in Hamburg entschieden sich die Planer und die Wohnungsgenossenschaft von 1904 e.G. als Bauherr für den Einsatz dezentraler Wohnungsstationen. Gerade bei Altenheimen bietet sich dies an, da Frischwasserstationen einen hohen hygienischen Standard bieten und das warme Wasser sofort bereitsteht. Gerade die Bannung der Legionellengefahr ist für ältere Menschen wichtig, da sie anfälliger für die durch Legionellen übertragenen Krankheiten sind. In allen 70 Wohneinheiten, die eineinhalb bis drei Zimmer umfassen, wurden Frischwasserstationen eingebaut. Sie versorgen sowohl die Küchen als auch Waschbecken und schwellenlose Duschen und sind individuell einstellbar.
Erzeugt wird die Wärme mittels Blockheizkraftwerk (BHKW), das die Wärmeenergie in einen Heizwasserpufferspeicher einspeist. Mit einer Vorlauftemperatur von 75 Grad Celsius gelangt das heiße Wasser zu den dezentralen Wohnungsstationen. Eine Besonderheit ist, dass die Wohnungsstation in diesem Fall auch die Heizung direkt mitversorgt und regelt, während das Warmwasser über einen thermostatisch geregelten Durchflusswassererwärmer gesteuert wird.
Diese Technik ist geeignet für Zwei-Rohr-Systeme und Wohnungen, die von einem Wärmenetz, zum Beispiel einem BHKW oder einem Gaskessel, versorgt werden. Zudem ist jede Wohnung individuell abrechenbar, da eigene Zähler für Wasser und Wärme installiert werden. Eine spezielle Lösung des Systems – hier vom Hersteller Danfoss – besteht in der sogenannten Micro-Plate-Plattenstruktur des Wärmeübertragers. Diese sorgt für eine gleichmäßige Durchflussgeschwindigkeit, was wiederum den Druckverlust um bis zu 35 Prozent senkt und den Wärmeübergang um bis zu 10 Prozent verbessert.
Beispiel: Wohnungsstationen in zwei Mehrfamilienhäusern
Für zwei Mehrfamilienhäuser der Buderus Immobilien GmbH (BIG) in Wetzlar – die bis 2002 als Wetzlarer Bauverein GmbH firmierte – fiel die Wahl auf dezentrale Wohnungsstationen Logamax kompakt WS170 von Buderus, die sowohl den Heizwasser- als auch den Heizungsbedarf steuern – und das in jeder der 18 Wohnungen. Diese befinden sich in zwei Dreigeschossern und reichen von zwei bis viereinhalb Zimmern mit 57 bis 116 Quadratmetern. Die Wärmeerzeugung übernehmen ein BHKW und ein Gasbrennwertkessel.
Die Trinkwasserhygiene ist dabei ein großes Plus. Da das Trinkwasser im Durchflussprinzip direkt in den Wohnungen erwärmt wird, sind in der Regel keine besonderen Maßnahmen zur Überprüfung der Qualität erforderlich. Das senkt Aufwand und Kosten und vereinfacht die Abrechnung deutlich, da die Nebenkosten jeder Wohnung genau zugeordnet werden können. Die Bedienung der Wohnungsstationen erfolgt über ein Display, entspricht den modernsten Standards und bietet den Bewohnern individuelle Einstellmöglichkeiten, etwa Warmwassertemperaturen und Zeitprogramm für einen hohen Komfort.
Durchlauferhitzer
Eine Lösung, die ohne die aufwendige Einbindung der Hydraulik auskommt, ist der Durchlauferhitzer. Er arbeitet nach dem Prinzip der elektrischen Erwärmung und kommt vor allem dort zur Anwendung, wo die zu erwärmenden Wassermengen nicht zu groß sind, etwa in kleineren Wohnungsgrößen oder in speziell auf Senioren zugeschnittenen Gebäuden. Ebenso wie bei der hydraulischen Lösung wird auch hier die Legionellenproblematik umgangen.
Die Planung richtet sich ebenfalls nach den Verbräuchen und wird in Kilowatt für den jeweiligen Durchlauferhitzer umgerechnet. Für eine Zapfstelle in einem Gäste-WC etwa genügt eine Leistung von 2 bis 5 Kilowatt, in der Küche ab 13 Kilowatt, für eine Dusche ab 18 Kilowatt und eine Badewanne ab 21 Kilowatt, jeweils bezogen auf eine Temperatur von 60 Grad Celsius.
Beispiel: Frischwasser dezentral statt zentral im Wohnblock
"Durchlauferhitzer in jeder Wohnung sind die wirtschaftlich beste Lösung", weiß Sabine Barth, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Wolfen eG. Deswegen setzt die Genossenschaft auf diese dezentrale Form der Warmwasserbereitung in allen Wohnblocks, die saniert werden. Bisher profitieren 400 Wohnungen von dieser Art der Warmwasserbereitung. Zum Einsatz kommen dabei Geräte von Stiebel Eltron, die mit Fernwärme gespeist werden. Früher erfolgte die Warmwasserbereitung in großen Wärmeübergabestationen in den Kellern. Die dafür benötigten riesigen Speicher mussten wie das gesamte System mit hohen Temperaturen und entsprechenden Verlusten gefahren werden. Die Mieter mussten auch für Wohnungen mitbezahlen, die aktuell gar nicht belegt waren. Auch das hat mit den dezentralen Lösungen ein Ende, da jede Wohnung über einen eigenen Durchlauferhitzer verfügt, der separat misst und entsprechend abgerechnet werden kann. Nebenbei wird zudem die Legionellenproblematik umgangen.
Beispiel: 130 Wohnungen mit Warmwasserbereiter
130 neue Mietwohnungen der Siedlungswerk Nürnberg GmbH nutzen ebenfalls die elektrischen dezentralen Warmwasserbereiter. Die Wohnungen entstanden in fünf- und sechsgeschossigen Gebäuden und verfügen über zwei bis fünf Zimmer mit 40 bis 120 Quadratmeter Wohnfläche.
Das dezentrale Trinkwasserkonzept sorgt für mehr Effizienz und transparente Nebenkosten. Bisher nutzte das Siedlungswerk die Durchlauferhitzer bei Bestandssanierungen. In dem Projekt im Nürnberger Stadtteil Röthenbach-Ost werden diese nun erstmalig bei einem Neubau eingesetzt. Insgesamt wurden 138 Durchlauferhitzer mit 27 Kilowatt Leistung und 86 Durchlauferhitzer mit 18 Kilowatt Leistung, jeweils elektronisch, zur Warmwasserversorgung an Badewannen oder Duschen, Waschtischen und Küchenspülen installiert. Bei den großen Wohnungen, bei denen Küche und Bad weit auseinanderliegen, wurden zwei Durchlauferhitzer installiert. Somit werden Leitungsverluste vermieden und das Wasser direkt an der Entnahmestelle erwärmt.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der DW Die Wohnungswirtschaft 08/2018.
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