165.000 Vollzeitkräfte in der Verwaltung durch KI ersetzbar

Einerseits gab es noch nie so viel Personal in den öffentlichen Verwaltungen, andererseits fehlen aktuell rund 550.000 Fachkräfte. Dieser Mangel ließe sich durch Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz allerdings um bis zu 165.000 Vollzeitkräfte senken, meint die Unternehmensberatung McKinsey in einer aktuellen Studie. Besonders profitieren würden durch die verstärkte Automatisierung insbesondere Steuer- und Kommunalverwaltungen. Der Bürgerdialog und die Datensicherheit könnten allgemein deutlich verbessert werden.

Aktuell fehlen den öffentlichen Verwaltungen rund 550.000 Vollzeitkräfte, Tendenz steigend. Diese Lücke ließe sich durch den umfassenden Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz um bis zu einem Drittel, das entspricht rund 165.000 Vollzeitkräften, schließen. Dies ist die Kernaussage einer im Juli 2024 veröffentlichten Studie der Unternehmens- und Strategieberatungsgesellschaft McKinsey & Company mit dem Titel „Mit Mut und Augenmaß, bitte! Wie GenAI die Arbeit der öffentlichen Verwaltung unterstützen und den Fachkräftemangel abfedern kann“.

Hohes Automatisierungspotenzial im öffentlichen Dienst

Während bislang nur rund 20 Prozent der Aufgaben bei Tätigkeiten, die die Anwendung komplexen Fachwissens erfordern, Automatisierungspotenzial aufwiesen, könnten mittels generativer Künstlicher Intelligenz bis zu 55 Prozent dieser Aufgaben automatisiert erledigt werden, folgern die Studienautoren. „Das Potenzial von generativer Künstlicher Intelligenz ist für den öffentlichen Dienst enorm. Mutig und mit Augenmaß eingesetzt, eröffnet die Technologie der Verwaltung neue Möglichkeiten, den Fachkräftemangel abzufedern und den Beschäftigten die Aufgabenerledigung spürbar zu erleichtern“, erklärt Björn Münstermann, Leiter der Beratung des Öffentlichen Sektors bei McKinsey und Co-Autor der Studie.

Zur Berechnung des durch generative Künstliche Intelligenz realisierbaren Produktivitätspotenzials wurden im Rahmen der Studie rund 2.100 unterschiedliche Arbeitstätigkeiten sowie die dafür erforderlichen Fähigkeiten analysiert. Davon ausgehend ließen sich die Automatisierungs- und Produktivitätspotenziale durch generative Künstliche Intelligenz für rund 850 Berufe ermitteln. Generative KI sei in der Lage, neue Dateninstanzen verschiedener Art zu erzeugen, d.h. nicht nur Text. Daraus ergäben sich viele Einsatzmöglichkeiten: von der die Schaffung virtueller Assistenten, die menschenähnliche Reaktionen simulieren, bis hin zur Erstellung von Videospielen mit dynamischen und sich selbst entwickelnden Inhalten.

Steuer- und Kommunalverwaltungen mit hohem Potenzial für KI

Besonders die Steuer- und Kommunalverwaltungen könnten vom Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz profitieren, so die Studienautoren, da es in diesen Bereichen einerseits bereits heute große Fachkräftelücken gibt und andererseits besonders große Automatisierungspotenziale vorhanden sind. Bereiche mit nur geringem Unterstützungspotenzial durch generative Künstliche Intelligenz seien dagegen beispielsweise die Polizei, Schulen und Kitas. Durch die Automatisierung von Aufgaben und Tätigkeiten ließe sich nicht nur der Bedarf an zusätzlichen Fachkräften verringern, sondern Beschäftigte könnten frei gewordene Arbeitszeit verstärkt anspruchsvolleren Aufgaben oder dem Bürgerdialog widmen.

Chatbots ersetzen Callcenter beim Bürgerdialog

Die Anwendungsbereiche von generativer Künstlicher Intelligenz im öffentlichen Dienst seien vielfältig. Beispiel Bürgerdialog mittels Chatbots: Diese könnten schon heute rund die Hälfte aller Anfragen im Bürgerdialog übernehmen, die aber aktuell noch von Callcentern bearbeitet werden müssen. Während dialogorientierte intelligente Chatbots die Fragen oder Kommentare eines Benutzers verdauen und eine menschenähnliche Antwort generieren können, gehen generative intelligente Chatbots noch einen Schritt weiter und erzeugen auch neue Inhalte als Output.

Datensicherheit optimieren

Eine besonders große Rolle im Verwaltungsbetrieb könnte generative Künstlicher Intelligenz, so die Autoren, beim Thema Sicherheit spielen. Vor allem zwei Risikofelder würden durch die Verwendung generative Künstliche Intelligenz deutlich gesenkt werden. Zum einen, dass vertrauliche Behördendaten an die Öffentlichkeit gelangen oder gestohlen werden, wenn Verwaltungsbeschäftigte diese versehentlich über Eingabeaufforderungen in KI-Modelle eingeben. Zum anderen das Auftreten sogenannter „KI-Halluzinationen“, d.h. veralteter, unvollständiger oder ungenauer Daten bzw. ungerechtfertigte Resultate in für die Öffentlichkeit bestimmter Inhalte und Informationen, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Kompetenz der Verwaltungen gefährden könnten.

Hinweis:

Die Studie „Mit Mut und Augenmaß, bitte! Wie GenAI die Arbeit der öffentlichen Verwaltung unterstützen und den Fachkräftemangel abfedern kann“ ist hier herunterladbar.


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