Rechtsanspruch auf Digitalisierung der Verwaltung

Die Digitalisierung der Verwaltung läuft nur schleppend voran. Wissenschaftler der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech schlagen vor, einen Rechtsanspruch auf Digitalisierung der Verwaltung einzuführen, um den Handlungsdruck zu erhöhen.

Beim digitalen Umbau der Verwaltung schlagen Wissenschaftler einen Rechtsanspruch für Bürger und Unternehmen vor. Um der Verwaltungsdigitalisierung neue Dynamik zu verleihen, sollten entsprechende Ziele und Fristen mit einem durchsetzbaren Rechtsanspruch unterlegt werden, heißt es in einer Studie der Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech. «Ein Rechtsanspruch würde den Handlungsdruck erhöhen und Verbindlichkeit schaffen», sagte acatech-Vizepräsident Christoph M. Schmidt der Deutschen Presse-Agentur.

Der Studie zufolge läuft die Digitalisierung der Verwaltung schleppend. Das 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz sehe vor, dass bis Ende des Jahres 2022 insgesamt 575 Bündel von Verwaltungsleistungen für Nutzer online verfügbar sein sollten. Mehr als ein Jahr nach Ablauf dieser Frist seien jedoch erst 155 Leistungen bundesweit flächendeckend digital verfügbar. Das neue Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0), das sich auf Bundesverwaltungen bezieht, war im März im Bundesrat gescheitert und befindet sich im Vermittlungsverfahren von Bundesrat und Bundestag

Studie: Verfehlung von Fristen hat keine Folgen

Ein Grund für die deutliche Verfehlung der Ziele ist laut der Studie, dass eine Überschreitung der Frist zur Digitalisierung von Verwaltungsleistungen bislang mit keinerlei rechtlichen Konsequenzen sanktioniert werde. «Wenn man sehr ehrgeizige Ziele vorgibt, aber keine Konsequenzen bei Zielverfehlung vorsieht, fehlt die Bindungswirkung der Zielvorgaben», sagte Schmidt, Professor am RWI -Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und früherer Vorsitzender der «Wirtschaftsweisen».

Beispiel Registermodernisierung

Falls bestimmte Fristen zur Einführung bestimmter digitaler Dienstleistungen verfehlt würden, wären juristische Konsequenzen zu befürchten, so Schmidt. Ein Beispiel sei die Registermodernisierung, deren Umsetzung bis 2028 geplant ist. Register sollen digitalisiert und verknüpft werden, damit Bürger und Unternehmen notwendige Angaben und Nachweise nicht mehr bei jedem Antrag aufs Neue vorlegen müssen.

Die Umsetzung der Registermodernisierung verlaufe aber schleppend. «Für Unternehmen, die ja eine große Menge an Kontakten mit der öffentlichen Verwaltung haben, sollte ein einklagbarer Anspruch geschaffen werden. Unternehmen könnten im Zweifelsfall auf Schadenersatz klagen», sagte Schmidt. «Da wird sicherlich ein ganz anderer Umsetzungsdruck seitens der öffentlichen Verwaltung entstehen.»

Grundlegender Wandel in Verwaltung nötig

«Die öffentliche Verwaltung ist sehr stark auf Rechtssicherheit, auf homogene Verfahren mit konsistenten Ergebnissen und auf das sorgfältige Abarbeiten etablierter Prozeduren ausgerichtet», so Schmidt. «Das macht sie sehr gut. Aber die vielfältigen Regelungen, die ständig hinzukommen, die stetig wachsenden Anforderungen an das Verwaltungshandeln und vor allem auch der demografische Wandel, der die Verwaltung selbst trifft, machen es immer schwerer, alle Aufgaben in diesem Stil zu bewältigen. Und deswegen braucht es effizientere und agilere Prozesse.» 

Verwaltungsprozesse beschleunigen

Bei der Digitalisierung habe man sich sehr stark auf die Schnittstelle zu den Nutzern konzentriert, ohne dann aber dahinter die Prozesse zu digitalisieren, so Schmidt. «Wenn die Behörde dann aber den digital gestellten Antrag ausdruckt und alles händisch macht, dann ist das keine Digitalisierung, so wie wir sie bräuchten. Es müsste vielmehr eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung geben, die von der Beantragung über die Bearbeitung bis zum Bescheid ohne Papier auskommt.» Auf diese Weise ließen sich Verwaltungsprozesse massiv beschleunigen. «Es nützt nichts, wenn eine Terminfindung digital läuft, ein Besuch auf dem Amt dann aber relativ lange dauert.»

dpa

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