Arbeitnehmer dürfen bei Konflikten am Arbeitsplatz versetzt werden
In einem Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht Schwerin entschied das Gericht, dass es Sache des Arbeitgebers ist, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will. Er muss dabei nicht zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die entstandenen Konflikte im Einzelnen aufklären.
Konflikte am Arbeitsplatz: der Sachverhalt
Die Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber als Köchin beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis galten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche. Während der Arbeitszeit kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Küchenleiterin und der Arbeitnehmerin; der letzte Konflikt in dem zerrütteten Verhältnis zwischen den Beschäftigten hatte die Menge der angerührten Senfsoße und die Verwertung von Restkartoffeln zum Gegenstand. Seit diesem Tag war die Arbeitnehmerin ununterbrochen arbeitsunfähig.
Einige Zeit später versetzte der Arbeitgeber die Frau in eine andere von ihm betriebene Küche in einer nahegelegenen Stadt. Für die Fahrt dorthin benötigte die Arbeitnehmerin etwa 50 Minuten, der Weg zu ihrer bisherigen Arbeitsstätte hatte mit dem Auto etwa 20 Minuten gedauert. Die Arbeitnehmerin war der Meinung, sie sei nicht dazu verpflichtet, ihre Arbeitsleistung an dem neuen Standort zu erbringen. Das Arbeitsgericht wies die Klage in erster Instanz ab. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb auch vor dem LAG Schwerin erfolglos.
Das Urteil: Versetzung war rechtmäßig
Laut LAG Schwerin war die Versetzung der Klägerin rechtmäßig und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Maßnahme des Arbeitgebers verstößt weder gegen § 106 GewO, § 315 BGB noch gegen die Arbeitsvertragsrichtlinien. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Ein Arbeitsort war im Arbeitsvertrag der Klägerin nicht festgelegt.
Zwar hatte der Arbeitgeber es unterlassen, die Mitarbeiterin vor ihrer Versetzung anzuhören, aber die Verletzung der in den Arbeitsvertragsrichtlinien geregelten Pflicht des Dienstgebers, den Mitarbeiter vor einer Versetzung zu hören, führt nicht zur Unwirksamkeit der Versetzung. Der Zweck dieser Anhörungspflicht erfordert es nicht, im Falle einer Verletzung die Versetzung als unwirksam zu behandeln. Letztlich trägt der Arbeitgeber das Risiko, wenn er die mangels Anhörung ihm nicht bekannten Interessen des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat und die Versetzung deshalb nicht billigem Ermessen entspricht.
Die Bestimmung des Leistungsorts nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Der Arbeitgeber hatte infolge der seit längerem anhaltenden Konfliktlage in der ursprünglichen Küche der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Versetzung. Der Arbeitgeber ist insbesondere nicht dazu verpflichtet, die Streitursache oder einen Verantwortlichen für den Streit zu ermitteln, soweit das überhaupt möglich ist. Der Arbeitnehmerin ist es zuzumuten, ihre Arbeitsleistung an einer Arbeitsstätte zu erbringen, zu welcher der Anfahrtsweg 30 Minuten länger dauert. Die Interessen der Arbeitnehmerin führten nicht zu einem Erfordernis, sie weiter in ihrer alten Küche zu beschäftigen.
Hinweis: Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern v. 30.7.2019, Az: 5 Sa 233/18
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