Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot
Arbeitgebern ist oftmals daran gelegen, dass Arbeitnehmer ihnen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz machen. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ist eine Möglichkeit dies zu verhindern. Dies erfordert eine Karenzentschädigung als Gegenleistung.
Gerichte befassen sich regelmäßig damit, ob ein Wettbewerbsverbot rechtswirksam vereinbart wurde. Eher unüblich dürfte der vorliegende Fall sein, in dem ein Ex-Mitarbeiter aufgrund der ausbleibenden Karenzentschädigung seinem Arbeitgeber unbedacht eine wütende E-Mail schrieb - was das BAG als wirksamen Rücktritt vom Wettbewerbsverbot wertete.
Der Fall: Unbeabsichtigter Rücktritt wegen ausbleibender Karenzentschädigung
Der Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber als "Beauftragter technische Leitung" beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag war die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots über den Zeitraum von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten. Im Gegenzug verpflichtete sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent der zuletzt gezahlten Bezüge.
Als das Arbeitsverhältnis aufgrund der eigenen Kündigung des Arbeitnehmers Ende Januar 2016 endete, blieb die Karenzentschädigung durch den Arbeitgeber aus. Per E-Mail forderte der Arbeitnehmer seinen ehemaligen Arbeitgeber am 1. März 2016 zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf.
Eine Woche später, am 8. März schrieb er erneut eine E-Mail an den früheren Arbeitgeber, in der er mitteilte, dass er "sich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle." Damit bezog er sich auf eine E-Mail sowie ein Telefonat mit dem ehemaligen Arbeitgeber, in denen offenbar die Zahlung der Karenzentschädigung verweigert wurde.
Wirksamer Rücktritt vom Wettbewerbsverbot?
Daraufhin versuchte der Arbeitnehmer die ausgebliebene Karenzentschädigung für die vereinbarten drei Monate gerichtlich einzuklagen.
Der Arbeitgeber vertrat jedoch den Standpunkt, dass der frühere Arbeitnehmer mit der Mitteilung, dass er sich nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle, wirksam seinen Rücktritt erklärt habe. Aus Sicht des Arbeitnehmers war jene Mitteilung lediglich eine Trotzreaktion.
Das zuständige Arbeitsgericht gab der Klage noch vollständig statt. Auf die Berufung des Arbeitgebers änderte das LAG Nürnberg das Urteil aber teilweise ab: Anspruch auf die Karenzentschädigung habe er nur bis zum Zeitpunkt seiner E-Mail vom 8. März 2016. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer vor dem Bundesarbeitsgericht – jedoch ohne Erfolg.
BAG: Rücktritt vom Wettbewerbsverbot wirkt ex nunc
Die obersten Arbeitsrichter teilten die Auffassung der Vorinstanz, dass der Arbeitnehmer mit seiner E-Mail vom 8. März 2016 wirksam den Rücktritt vom Wettbewerbsverbot erklärt habe.
In der Begründung führten sie aus, dass es sich beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot um einen gegenseitigen Vertrag handele, bei dem die Karenzentschädigung die Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit sei. Folglich seien die allgemeinen Bestimmungen über den Rücktritt gemäß §§ 323 ff. BGB anwendbar: Erbringe eine Vertragspartei ihre Leistung nicht, könne die andere Vertragspartei vom Wettbewerbsverbot zurücktreten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Da der Arbeitgeber die vereinbarte Karenzentschädigung nicht gezahlt habe, sei der Arbeitnehmer zum Rücktritt berechtigt gewesen.
Dieser Rücktritt wirke dabei ex nunc, erklärten die Richter. Somit entfielen die gegenseitigen Pflichten erst nach dem Zugang der Erklärung. Das BAG sprach dem Arbeitnehmer folglich eine Karenzentschädigung bis zu diesem Zeitpunkt zu. Für die Zeit ab dem 9. März 2016 habe er keinen Anspruch auf die Karenzentschädigung.
Hinweis: BAG, Urteil vom 31. 01. 2018, 10 AZR 392/17; Vorinstanz: LAG Nürnberg, Urteil vom 24.05. 2017, Az: 4 Sa 564/16
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