Zusatzurlaub nach der Geburt darf Müttern vorbehalten sein
Die Gleichbehandlungsrichtlinie verbietet jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Ob das Unionsrecht beim Thema Mutterschaftsurlaub eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen zulässt, hatte vorliegend der EuGH zu klären. Infrage stand eine Regelung in einem französischen Tarifvertrag, die Zusatzurlaub nach der Geburt bis zu einem Jahr nur Müttern, nicht aber Vätern gewährt. Der EuGH erklärte die Benachteiligung von Männern für gerechtfertigt - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Vater möchte zusätzlichen Urlaub gewährt bekommen
Der französische Tarifvertrag für das Personal der Sozialversicherungsträger sieht nach dem gesetzlichen Mutterschaftsurlaub einen Zusatzurlaub vor: Arbeitnehmerinnen, die ihre Kinder selbst erziehen, dürfen nach dieser Regelung einen dreimonatigen Urlaub bei halber Bezahlung, einen eineinhalbmonatigen Urlaub bei voller Bezahlung oder einen einjährigen unbezahlten Urlaub nehmen. Ein Vater beantragte diesen Zusatzurlaub, was der Arbeitgeber jedoch ablehnte.
Gewerkschaft klagt gegen Diskriminierung von Männern
Daraufhin klagte eine französische Gewerkschaft im Namen des Mitarbeiters einer Krankenkasse. Das von der Gewerkschaft angerufene Arbeitsgericht Metz verwies darauf, dass der Kassationsgerichtshof Frankreichs in einem Urteil entschieden habe, dass der fragliche Urlaub einen zusätzlichen Mutterschaftsurlaub nach Ablauf des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs darstelle. Somit diene er dem Schutz der besonderen Beziehung zwischen der Frau und ihrem Kind in der Zeit nach der Schwangerschaft und der Entbindung.
Arbeitsgericht Metz bittet EuGH um Klärung
In Anbetracht dieses Urteils hat das genannte Arbeitsgericht den EuGH gefragt, ob es möglicherweise gegen das Unionsrecht verstößt, dass laut tarifvertraglicher Regelung der Zusatzurlaub nur Frauen nach einer Geburt gewährt wird und Arbeitnehmer, die Vater geworden sind, davon ausschließt.
EuGH: Ungleichbehandlung ja, aber gerechtfertigt
Wenn ein Arbeitnehmer, der sein Kind selbst erzieht, laut Tarifvertrag einen solchen zusätzlichen Urlaub nicht nehmen darf, stellt das eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen dar. Der EuGH hat diese Ungleichbehandlung beim Thema Zusatzurlaub nicht per se für unzulässig erklärt. In seinem Urteil stellte er klar, dass ein Mitgliedstaat der Mutter des Kindes nach Ablauf des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs einen zusätzlichen Urlaub vorbehalten kann.
Dies sei aber nur zulässig, wenn der Urlaub der Mutter nicht in ihrer Eigenschaft als Elternteil gewährt werde, sondern sowohl hinsichtlich der Folgen der Schwangerschaft als auch hinsichtlich ihrer Mutterschaft. Der zusätzliche Urlaub müsse dazu dienen, den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau sowie der besonderen Beziehung der Mutter zu ihrem Kind in der Zeit nach der Entbindung zu gewährleisten.
Nationales Gericht muss besonderen Schutz für Mütter prüfen
Der Gerichtshof stellte klar, dass die bloße Tatsache, dass ein Urlaub unmittelbar auf den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub folgt, nicht als Begründung dafür genüge, dass nur Arbeitnehmerinnen ihn nehmen dürfen. Er wies darauf hin, dass das nationale Gericht konkret prüfen müsse, ob der vorgesehene Urlaub im Wesentlichen den Schutz der Mutter sowohl hinsichtlich der Folgen der Schwangerschaft als auch hinsichtlich ihrer Mutterschaft bezweckt.
Hinweis: EuGH, Urteil vom 18.11.2020, in der Rechtssache C-463/19
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