Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung war rechtmäßig
Sexuelle Belästigung kann und darf ein Arbeitgeber nicht tolerieren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet jede Form der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz und verpflichtet den Arbeitgeber, seine Mitarbeiter vor Übergriffen zu schützen. Wenn ein Mitarbeiter sexuelle Belästigung durch einen Kollegen anzeigt, muss der Arbeitgeber dem nachgehen. Je nach Schwere des Falls kann er mit einer Abmahnung, Versetzung, Umsetzung oder Kündigung reagieren. Vorliegend kündigte ein Arbeitgeber einem langjährigen Mitarbeiter fristlos. Das richtige Mittel der Wahl: Das LAG Köln bestätigte die Sanktion.
Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung
Der Arbeitnehmer war 16 Jahre in der Produktion eines Betriebs beschäftigt. In dieser Zeit hatte der Arbeitgeber keine Vorfälle zu beanstanden. Im März 2019 wandte sich eine Kollegin an die Personalleiterin mit dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe sie im November 2018 sexuell belästigt. Sie schilderte, dass er erst sie und dann sich selbst in den Schritt gefasst habe, um dann zu äußern: "Da tut sich etwas".
Der Arbeitgeber hörte den Mitarbeiter zu dem Vorfall an, den dieser jedoch bestritt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.
Rechtskräftiger Strafbefehl wegen sexueller Belästigung
Aufgrund einer Strafanzeige der Kollegin wurde gegen den Arbeitnehmer ein Strafbefehl wegen sexueller Belästigung nach § 184i Abs. 1 StGB mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen erlassen. Dieser ist mittlerweile rechtskräftig.
LAG Köln: Schwere Pflichtverletzung rechtfertigt die fristlose Kündigung
Das LAG Köln entschied, dass die fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung rechtmäßig war. Die Richter wiesen die Berufung des Arbeitnehmers zurück und bestätigten das Urteil der ersten Instanz. Das Arbeitsgericht Siegburg hatte die gegen diese Kündigung gerichtete Klage nach Vernehmung der Kollegin abgewiesen.
Zu späte Anzeige der sexuellen Belästigung?
Zur Begründung hat es im Wesentlichen die vom Arbeitsgericht Siegburg vorgenommene Beweiswürdigung nachvollzogen und keine Anhaltspunkte gesehen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen könnten. Insbesondere hat das Gericht darauf hingewiesen, dass in dem Umstand, dass die betroffene Kollegin sich erst nach drei Monaten an ihren Arbeitgeber gewandt hatte, kein widersprüchliches Verhalten zu erkennen sei.
Vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber war nicht erforderlich
Das LAG Köln hielt in diesem Fall angesichts der Schwere der festgestellten Pflichtverletzung eine vorhergehende Abmahnung des Arbeitnehmers trotz seiner langjährigen Beschäftigung nicht für erforderlich. Aus Sicht des Gerichts habe der Mitarbeiter nicht ernsthaft damit rechnen können, dass der Arbeitgeber sein Verhalten tolerieren werde. Aufgrund der Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 12 Abs. 3 AGG, alle Mitarbeiter vor sexuellen Belästigungen wirksam zu schützen, sei es ihm auch nicht zuzumuten gewesen, eine Kündigung unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist auszusprechen.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.06.2020, Az: 4 Sa 644/19
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