Arbeitgeber muss Schadensersatz für abgesagte Hochzeit leisten
Arbeitgeber haben nicht nur in Krisenzeiten eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. Aber während der Coronapandemie ganz besonders. Das heißt beispielsweise, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen müssen, um die eigene Belegschaft vor einer Ansteckung mit Covid-19 zu schützen. Wenn ein Geschäftsführer während der Coronapandemie mit Erkältungssymptomen zur Arbeit kommt und bei beruflichen Fahrten keine Maske trägt, oder Abstand wahrt, verletzt dies die Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitenden, entschied jetzt das LAG München. Als Konsequenz hatte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall die Kosten für eine abgesagte Hochzeitsfeier zu tragen.
Während Coronapandemie mit Erkältungssymptomen zur Arbeit?
Wegen der Absage ihrer Hochzeitsfeier im August 2020 hatte eine Immobilienmitarbeiterin ihren Arbeitgeber vor Gericht auf Schadensersatz verklagt. Der Grund: Sie war Anfang des Monats mehrfach beruflich mit ihrem Vorgesetzten zu Eigentümerversammlungen unterwegs. Dieser hatte Erkältungssymptome, eine Maske trugen beide auf den Autofahrten nicht. Nachdem der Chef einen coronapositiven Befund bekam, musste die Mitarbeiterin als Kontaktperson auf Anordnung des Gesundheitsamtes in Quarantäne. Ihre geplante Trauung Ende August 2020 fiel damit ins Wasser. Zur kirchlichen Feier waren 99 Gäste eingeladen. Die Blumen und das Essen mussten storniert werden, ebenso wie die Location. Eine Band konnte nicht spielen und auch die geplante Hochzeitsreise musste verschoben werden.
Mitverschulden der Mitarbeiterin?
Aus Sicht der Arbeitnehmerin war der Arbeitgeber ihr zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der rund 5.000 Euro betrug. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch und brachte vor, dass er nur leichte Erkältungssymptome gehabt habe. Zudem warf er der Mitarbeiterin ein Mitverschulden vor, weil sie in Pandemiezeiten habe heiraten wollen. Zumindest hätte sie sich gegen eine kurzfristige Absage der Hochzeit durch Rücktrittsvereinbarungen absichern müssen.
Arbeitgeber verletzt Fürsorgepflicht und verschuldet Quarantäne
Das LAG München bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg. Es entschied, dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin den entstandenen Schaden ersetzen muss. Auch nach Auffassung der zweiten Instanz hat der Arbeitgeber durch seinen Geschäftsführer die ihm nach § 241 Abs. 2 BGB obliegende Fürsorgepflicht gegenüber der Arbeitnehmerin verletzt. Dadurch, dass dieser mit ihr zusammen trotz seiner Erkältungssymptome längere Zeit beruflich im Auto gefahren sei. Zudem habe der Geschäftsführer grob gegen die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzpflichten der SARS-CoV2- Arbeitsschutzstandards verstoßen. Nach der damals geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel waren am Arbeitsplatz Sicherheitsabstände von 1,5 m einzuhalten und jeder mit Krankheitssymptomen sollte zuhause bleiben. Die Pflichtverletzung war auch ursächlich für den entstandenen Schaden der Mitarbeiterin, entschied das Landesarbeitsgericht München.
Pflichtverletzung führte zur Hochzeitsabsage
Denn wenn der Geschäftsführer des Arbeitgebers nicht ins Büro gekommen wäre oder wenigstens den notwendigen Abstand zur Arbeitnehmerin durch getrennte Autofahrten gewahrt hätte, wäre gegen die diese keine Quarantäneanordnung ergangen. Damit hätte die geplante Hochzeit samt Feier stattfinden können. Ein Mitverschulden der Arbeitnehmerin konnten die Richter nicht feststellen. Es habe nicht von ihr erwartet werden können, dass sie von ihrem Vorgesetzten verlange, ein zweites Auto zu nutzen, hieß es in der Urteilsbegründung,
Hinweis: LAG München, Urteil vom 14.02.2022, Az: 4 Sa 457/21; Vorinstanz: ArbG Regensburg, Urteil vom 10.06.2021, Az: 5 Ca 2534/20
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