Kann Pflegemutter Urlaub vom Pflegekind verlangen?
Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage einer ehemaligen Mitarbeiterin einer Jugendhilfeorganisation auf Zahlung von Urlaubsabgeltung abgewiesen. Ein solcher Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht, wenn Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Kein Urlaub vom Pflegeelternjob
Die ehemalige Mitarbeiterin einer Jugendhilfeorganisation hatte auf Zahlung von Urlaubsabgeltung geklagt. Sie war der Ansicht, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber ihr während der Dauer des gesamten Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub gewährt habe. Der Grund: Die in ihre Familie aufgenommenen Pflegekinder habe sie schließlich ununterbrochen betreuen müssen. Diese Pflegekinder waren ihr – mit ihrem Einverständnis – durch das Jugendamt zur Vollzeitpflege zugewiesen worden. Die ehemalige Mitarbeiterin wurde in den Schulferien regelmäßig von ihren Verwaltungstätigkeiten für die Jugendhilfeorganisation von ihrem Arbeitgeber freigestellt. Damit habe er ihr Urlaub gewährt, so die Auffassung des Arbeitgebers.
Geschuldete Arbeitsleistung allein die Verwaltungstätigkeit
Laut Arbeitsvertrag der Jugendhilfe- Mitarbeiterin und "Pflegemutter" war ihr Aufgabenbereich im Wesentlichen, organisatorische Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Betreuung von Pflegekindern (zum Beispiel Verwaltungsaufgaben) zu übernehmen sowie sonstige sich aus der pädagogischen Arbeit mit Kindern ergebende Aufgaben wahrzunehmen. Die Klage der ehemaligen Mitarbeiterin blieb ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht Bonn vertrat die Auffassung, dass die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin allein die Verwaltungstätigkeit - nicht ihre Tätigkeit als Pflegemutter - war. Durch die Befreiung von diesen Tätigkeiten, für die Dauer der Schulferien, sei ihr demnach Urlaub gewährt worden.
Übernahme der Personensorge
Die Pflicht zur Betreuung, Erziehung und Pflege der von der Mitarbeiterin in ihre Familie aufgenommenen Pflegekinder ergebe sich demgegenüber nicht aus dem Arbeitsvertrag sondern daraus, dass sie mit der Aufnahme der Pflegekinder Teilbereiche der Personensorge für diese übernommen habe, urteilte das Gericht.
Für diese Aufgaben hatte die Arbeitnehmerin neben der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsvergütung ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes Erziehungsgeld erhalten.
Gegen die Entscheidung des Bonner Arbeitsgerichts ist die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Köln möglich.
Hinweis: Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 8. Juni 2016, Az. 5 Ca 2733/15 EU
Diese News könnten Sie auch interessieren:
BAG: Keine Entgeltfortzahlung bei Kur mit Urlaubsfeeling
Müssen Arbeitgeber Brückentage gewähren?
Wohnsitzmeldung entscheidet unwiderlegbar über Haushaltszugehörigkeit
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
8.902
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
8.6662
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
6.957
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.7552
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.518
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.416
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.851
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
3.55916
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.3061
-
Auswirkungen der Zeitumstellung auf Arbeitszeit und Vergütung
3.301
-
Ein arbeitsrechtlicher Rückblick auf die Ampelkoalition
21.11.2024
-
Umgang mit Geschlechts- und Namensänderungen am Arbeitsplatz
20.11.20243
-
Inflationsausgleichsprämie während Passivphase der Altersteilzeit
18.11.2024
-
Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
15.11.2024
-
Grundsätzliches zum Bereitschaftsdienst
14.11.2024
-
Schriftform im Arbeitsrecht: Klassische Fehler und deren Konsequenzen
13.11.2024
-
Aushangpflichtige Gesetze für Arbeitgeber 2025
12.11.2024
-
Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte
11.11.2024
-
DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen heimlicher Mitarbeiterüberwachung
07.11.2024
-
Vorsicht bei Weihnachtsgeschenken von Geschäftspartnern
06.11.2024