Nur ein Rückkehrtag bei Rufbereitschaft zwischen zwei Tagesschichten
Das Besteuerungsrecht für Grenzgänger steht nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dem Wohnsitzstaat zu. Es entfällt jedoch bei einer berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnsitz ab einer bestimmten Anzahl von Tagen.
In einem aktuellen Urteilsfall ging es um die Auslegung dieser Klausel im Verhältnis Deutschland - Schweiz. Das DBA-Schweiz enthält eine Höchstgrenze von 60 Nichtrückkehrtagen. Weiter ist geregelt, dass die Annahme einer regelmäßigen Rückkehr an den Wohnsitz nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass sich die Arbeitsausübung bedingt durch betriebliche Umstände - wie bei Schichtarbeitern oder Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst - über mehrere Tage erstreckt.
Der Kläger wohnte mit seiner Familie in Deutschland. Als stellvertretender Chefarzt war er in einem Spital in der Schweiz tätig. Das Finanzamt wollte den Arbeitslohn in Deutschland besteuern. Der Kläger war der Auffassung, dass die 60-Tage-Grenze überschritten und deshalb der Arbeitslohn in der Schweiz zu besteuern sei.
Berechnung der Nichtrückkehrtage
Für die Annahme eines sog. Nichtrückkehrtages im Sinne der Grenzgängerregelung ist entscheidend, ob eine Nichtrückkehr an seinen Wohnsitz in Deutschland aus beruflichen Gründen erfolgt ist.
Der Bundesfinanzhof unterscheidet in seinem Urteil zwischen einem
- eintägigen Einsatz am Arbeitsort, bei dem der Mitarbeiter geringfügig über die Tagesgrenze hinaus seiner Tätigkeit nachgeht und damit am zweiten Tag lediglich der Einsatz vom ersten abgeschlossen wird, und
- einem mehrtägigen Einsatz am Arbeitsort.
Für den Fall des eintägigen Arbeitseinsatzes hat er entschieden, dass es nicht darauf ankommt, ob das Ende der Arbeitszeit oder der Zeitpunkt der Ankunft am Wohnort auf den Tag des Arbeitsantritts oder auf einen nachfolgenden Tag fällt; deshalb kann ein "Nichtrückkehrtag" auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer über die Tagesgrenze hinaus seiner Tätigkeit nachgeht und erst nach Mitternacht seine Arbeitsstätte verlässt.
Mehrtägiger Einsatz als Einheit zu behandeln
Der Fall eines mehrtägigen Arbeitseinsatzes ist als Einheit zu behandeln mit der Folge, dass ein Nichtrückkehrtag nur vorliegen kann, wenn der Arbeitnehmer nach Abschluss der Einheit aus beruflichen Gründen am Tätigkeitsort verbleibt.
Schließt sich – wie im Urteilsfall - unmittelbar im Anschluss an eine "reguläre" Tagesschicht in einem Krankenhaus während der Nacht eine Rufbereitschaft an, und schließt sich daran wiederum unmittelbar eine weitere "reguläre" Tagesschicht an, ist nur von einem einzelnen Nichtrückkehrtag auszugehen, auch wenn sich die Arbeitsausübung tatsächlich über eine oder sogar mehrere Tagesgrenzen hinaus erstreckt hat. Schließt sich keine Tagesschicht an die Rufbereitschaft an, liegt überhaupt kein Nichtrückkehrtag vor.
Arbeitsvertragliche Verpflichtung entscheidend
Die Entscheidung des Bundesfinanzhof gilt unabhängig davon, ob die Rufbereitschaft im arbeitsrechtlichen Sinne als Arbeitszeit anzusehen ist oder nicht; entscheidend ist allein die arbeitsvertragliche Verpflichtung hierzu.
(Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Novmeber 2013, Aktenzeichen I R 23/12)
Praxistipp |
Schweizerische Arbeitnehmer, die die Grenzgängereigenschaft erfüllen, sind in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig. Der Lohnsteuerabzug ist jedoch abweichend von den bei anderen beschränkt einkommensteuerpflichtigen Mitarbeitern geltenden Regeln durchzuführen: Die schweizerischen Grenzgänger erhalten keine besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss vielmehr pauschal 4,5 % vom Bruttolohn einbehalten, wenn der Mitarbeiter seine Eigenschaft als "Schweizer Grenzgänger" durch eine amtliche Bescheinigung der Schweizer Finanzbehörde nachweist. |
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