Ausbildung: Warum Azubis und Unternehmen nicht zusammenfinden

Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt ist nicht mehr so angespannt wie früher, zeigen aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Trotzdem finden Unternehmen und Azubis oft nicht zusammen. Das könnte auch an ihrem traditionellen Recruiting liegen.

Zum Beginn des Ausbildungsjahres waren 37.100 Ausbildungsstellen noch unbesetzt und 20.900 Jugendliche hatten noch keine Stelle gefunden. Das geht aus der aktuellen Ausbildungsbilanz der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor.

Insgesamt hätten sich bis Ende September 559.400 Bewerber (minus 1.700) bei den Arbeitsagenturen gemeldet; ihnen hätten 511.600 (plus 4.400) gemeldete Ausbildungsplätze gegenüber gestanden, berichtete BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt.

Eine reguläre Lehrstelle habe - wie schon in den Vorjahren - jeder Zweite der 559.400 Bewerber gefunden. Weitere fünf Prozent der Jugendlichen hätten sich kurzentschlossen für einen Job entschieden, 17 Prozent für den Besuch einer weiterführenden Schule, ein Praktikum oder ein Studium und zwei Prozent für einen Sozialdienst, berichtete Alt. Bei 18 Prozent der bei den Arbeitsagenturen gemeldeten Jugendlichen wisse man nicht, welchen Weg sie eingeschlagen hätten.

Unternehmen setzen auf traditionelle Recruiting-Kanäle

80 Prozent der Jugendlichen schalten bei der Lehrstellensuche die Arbeitsagenturen ein. Hier immerhin müssten sie auch auf die suchenden Unternehmen treffen. Denn die wenden sich in den meisten Fällen auch an die örtliche Arbeitsagentur, wie Ergebnisse einer Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigen.

Des Weiteren rekrutieren die Unternehmen vor allem über Betriebspraktika ihre Azubis. Das geben 71 Prozent der 2.000 befragten Betriebe an. Etwa jeder zweite Betrieb informiert gezielt seine Belegschaft über freie Ausbildungsplatzangebote, ein knappes Drittel präsentiert sich auf – in der Regel eintägigen – Schul- oder Messeveranstaltungen, und etwa jeder fünfte Betrieb bietet eine Einstiegsqualifizierung an.

Die neuen Medien, also zum Beispiel Online-Stellenbörsen, Betriebswebseiten und soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, führen zwar kein Schattendasein, gehören aber bislang eher bei größeren Betrieben zum Standardangebot.

DGB fordert eine Ausbildungsplatzabgabe

Während also Unternehmen noch an ihren Rekrutierungswegen arbeiten könnten, um passende Azubis zu finden, empfiehlt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) einen anderen Weg: Um mehr Lehrstellen zu schaffen, fordert er, eine Ausbildungsplatzabgabe für Unternehmen einzuführen. "Die Frage der Ausbildungsumlage gehört wieder auf die Tagesordnung der Politik", sagte Vize-Chefin Elke Hannack. Nur gut jedes fünfte Unternehmen bilde aus. Nötig sei ein finanzieller Ausgleich zwischen ausbildenden und nicht-ausbildenden Betrieben. Vorgeschlagen wird, dass alle Unternehmen in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, wenn Ausbildungsplätze fehlen.

Die Forderung nach einer Ausbildungsplatzabgabe wird immer wieder laut. In den 1970er Jahren wurde sie sogar bereits einmal eingeführt – scheiterte dann aber am Bundesverfassungsgericht. Laut DGB stelle nun ein neues Gutachten klar, dass auch die Bundesländer eigenständig eine solche Abgabe einführen könnten. Zu diesem Ergebnis kommt eine zuvor in Düsseldorf vorgestellte DGB-Expertise der Verfassungsrechtler Professor Bodo Pieroth und Dr. Tristan Barczak.

dpa

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