Auswirkungen von Corona auf die Arbeitswelt und Solidarität

Wie hat sich die Corona-Pandemie bislang auf die Arbeitswelt ausgewirkt? Die HR-Beratung Lurse und die Online-Plattform Xing haben in jeweils eigenen Studien eine Zwischenbilanz gezogen. Die Ergebnisse zeigen unterschiedliche Perspektiven, was die Solidarität der Mitarbeiter zum Unternehmen betrifft.

Die Verbreitung des Coronavirus und der damit verbundene Lockdown haben den Arbeitsalltag für Millionen von Beschäftigten auf den Kopf gestellt. War Homeoffice in vielen Unternehmen vor der Krise die Ausnahme, arbeiteten im September 2020 immer noch rund 70 Prozent der Befragten zumindest teilweise von zuhause aus. Zu diesem Ergebnis kommt das soziale Berufsnetzwerk Xing, das hierfür rund 1.600 seiner Mitglieder befragte.

Mehr Solidarität oder "nichts wie weg"?

Die neue betriebliche Realität hat Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen, die die Unternehmen in Zukunft neu gestalten müssen. In einer qualitativen Studie von Lurse im Zeitraum von Mai bis August 2020 gehen 99 Prozent und damit nahezu alle Befragten davon aus, dass künftig flächendeckend Regelungen zum mobilen Arbeiten und zum Homeoffice getroffen und in den Unternehmen gelebt werden. Während Xing vor allem Angestellte befragte, betrachtet Lurse das Thema aus einem anderen Blickwinkel und befragte 89 HR-Experten und Personalentscheider, davon über die Hälfte aus Dax-Unternehmen oder solchen mit einem Umsatz von mindestens einer Milliarde Euro.

Zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen die beiden Studien bezüglich der Auswirkungen von Corona auf die Solidarität der Mitarbeiter: Laut Umfrage von Xing möchte jeder fünfte Arbeitnehmer seinen Job wechseln. Lurse betont dagegen, dass die Personaler eine "spürbare Zunahme der Solidarität" zum Unternehmen und ein "neues Wir-Gefühl" festgestellt haben.

Geringerer Krankenstand als Indiz für erhöhtes Engagement?

"Knapp ein Drittel der Unternehmen berichtete uns von einer Abnahme des Krankenstands", sagt Frauke Schlingermann, Beraterin bei Lurse. Einige HR-Experten führen die geringere Anzahl an Krankschreibungen laut Studie auf ein besonderes Engagement der Mitarbeiter in Zeiten der Krise zurück. Außerdem herrsche ein stärkeres Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten als vor der Krise.

Die Xing-Studie kommt zwar zumindest zu dem Ergebnis, dass der Stellenwert der Arbeit für rund 72 Prozent der Beschäftigten derselbe sei wie vor der Pandemie. Doch zwei Drittel der Arbeitnehmer hätten ihre individuelle Work-Life-Balance seit Ausbruch der Pandemie neu definiert. Für Rund ein Viertel seien Familie und Freunde verstärkt in den Fokus gerückt.

Wo Personaler und Arbeitnehmer Handlungsbedarf sehen

Damit einhergehend, dass viele Mitarbeiter dem Privatleben seit dem Lockdown eine größere Bedeutung beimessen, sehen die Beschäftigten laut Xing-Studie Nachholbedarf bei den Entlohnungsmodellen. 87 Prozent der Befragten gaben an, dass über Modelle, die nicht mehr auf der Arbeitszeit basieren, nachgedacht werden sollte. Rund ein Viertel der Arbeitnehmer ist der Meinung, dass die Leistung und das Erreichen von Zielen anstatt der Zeit honoriert werden sollten.

Aus Sicht der befragten HR-Experten und -Entscheider bei Lurse besteht dagegen als Folge der Krise Handlungsbedarf in der Digitalisierung und im Ausbau der IT-Infrastruktur, bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen und -prozessen sowie bei neuen Regelungen zum mobilen Arbeiten und Homeoffice. "Die Pandemie wirkt quasi als Prozessbeschleuniger für die großen Trendthemen der letzten Jahre", bilanziert Tanja Knies, Senior Consultant bei Lurse.


Das könnte Sie auch interessieren:

Vermehrte Online-Interaktion: 42,4 Prozent glauben, dass der Teamzusammenhalt sinken wird

Welche Faktoren sorgen für eine höhere Mitarbeiterfluktuation?

Studie zur Personalpolitik in der Corona-Krise