Employer Branding: Kai Anderson zur Kampagne von Weltbild

Der Weltbildverlag hat gerade angekündigt 140 Mitarbeiter entlassen zu müssen. Gleichzeitig hat er nun eine groß angelegte Employer-Branding-Kampagne gestartet, die freie Stellen im Verlag bewirbt. Wie Personaler einen solchen Spagat meistern, erklärt Kai Anderson, Partner bei Promerit.

Haufe Online Redaktion: Inwiefern ist dies ein klassisches Dilemma für Personaler – den Spagat zwischen Stellenabbau und dem Werben neuer Mitarbeiter in anderen Unternehmenssparten zu schaffen?

Kai Anderson: Organisationen, deren Geschäftsmodell sich verändert, sind meist darauf angewiesen, neue Fähigkeiten zu erwerben. Auf der anderen Seite sind bestimmte Qualifikationen nicht mehr in dem Maß gefragt, wie früher. Die wirtschaftliche Notwendigkeit von zeitgleichem Aufbau und Abbau von Kapazitäten sichert also das Überleben des Ganzen. Die Erkenntnis sollte für HR handlungsleitend sein.

Haufe Online Redaktion: Was ist bei einer Employer-Branding-Kampagne zu beachten, wenn sie mit gleichzeitigem Stellenabbau zusammentrifft?

Anderson: Im Employer Branding sollte die Positionierung des Unternehmens als Arbeitgeber von den Kommunikationsmaßnahmen – insbesondere einer Kampagne – getrennt werden. Hier liegt die Chance auch in schwierigen Unternehmenssituationen. Die Positionierung, deren Ergebnis eine Employer Value Proposition (EVP) ist, sollte die authentischen, relevanten und differenzierenden Merkmale des Arbeitgebers herausstellen. Diese sollten langfristiger Natur und damit unabhängig von aktuellen wirtschaftlichen Einflüssen sein.

Haufe Online Redaktion: Gibt es hier ein absolutes "No-Go" in der Kampagnensprache oder -darstellung? Was muss man in jedem Fall vermeiden?

Anderson: Humor und "Happy People" als Merkmal einer Kampagne sind in einer solchen Unternehmenssituation sicher unangebracht. Der Charakter der Kommunikationsmaßnahmen in so einer Unternehmenssituation sollte der Ernsthaftigkeit der Lage Rechnung tragen, ohne zu problematisieren. Sinnvoll erscheint das Herausstellen objektiver Stärken des Arbeitgebers, und weniger der emotionalen Aspekte. Das ist eine Gratwanderung, für die man Fingerspitzengefühl braucht.

Haufe Online Redaktion: Wie lässt sich eine Demotivation der Mitarbeiter vermeiden – auf die eine offensive Kampagne zynisch wirken könnte?

Anderson: Mit Kommunikation und Partizipation. So eine Organisation befindet sich in einem Turnaround. Man muss sich fragen, ob das jedem Mitarbeiter bewusst ist. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die strategischen Notwendigkeiten klar zu machen ist zwingende Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Umbruchs. Das erfordert Innenkommunikation – sollte aber nicht damit aufhören. Wenn die verbleibenden Mitarbeiter in einen Dialog eingebunden werden, können sie sich einbringen und Teil der Lösung werden. Damit sollte auch das Verständnis für Maßnahmen steigen, die es dem Unternehmen ermöglicht, kritische, eventuell neue Zielgruppen anzusprechen und zu gewinnen.

Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.

Kai Anderson ist Mitbegründer und Partner des HR-Beratungsunternehmens Promerit AG.


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