Equal Pay Day: Aktuelle Zahlen zum Gender Pay Gap Infografik

Am 6. März ist Equal Pay Day, der internationale Aktionstag gegen ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Aktuell liegt der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen 4,46 Euro unter dem von Männern. Wir haben die wichtigsten Fakten zum "Gender Pay Gap" zusammengefasst.

Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdiensts der Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Laut Statistischem Bundesamt haben Frauen im Jahr 2023 durchschnittlich 20,48 Euro pro Stunde verdient. Der Bruttostundenverdienst von Männer betrug dagegen 25,30 Euro. Zur Berechnung des Gender Pay Gaps stehen zwei Indikatoren mit unterschiedlicher Aussagefunktion zur Verfügung: Der unbereinigte Gender Pay Gap und der bereinigte Gender Pay Gap.

Unbereinigte vs. bereinigte Entgeltlücke

Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen miteinander. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gaps wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien.

Laut Statistischem Bundesamt sind 64 Prozent der Verdienstunterschiede strukturbedingt erklärbar – also unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen. Die verbleibenden 36 Prozent des Verdienstunterschieds entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap.

Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Gender Pay Gap

Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts haben Frauen im Jahr 2023 in Deutschland 18 Prozent weniger verdient als Männer - das ist der unbereinigte Gender Pay Gap. Demnach verdienten Frauen mit durchschnittlich 20,84 Euro brutto in der Stunde 4,46 Euro weniger als Männer. Alle Informationen zur Erhebungsmethodik lesen Sie auf der Seite des Statistischen Bundesamtes. Der bereinigte Gender Pay Gap liegt laut statistischem Bundesamt bei sechs Prozent.

Diese Angabe beruht seit 2022 auf der neuen monatlichen Verdiensterhebung. Zuvor lag dem Bericht die Verdienststrukturerhebung (VSE) von 2018 zugrunde, die nur alle vier Jahre durchgeführt wurde. Mit dem Wechsel der Datenquelle musste auch Erhebungsmethodik angepasst werden. Deshalb sind die Ergebnisse ab dem Jahr 2022 nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.

Gender Pay Gap wächst ab Anfang 30 

Aktuelle Zahlen zur Erwerbstätigkeit liegen aus dem Jahr 2022 vor: 73,1 Prozent aller Frauen gingen einer bezahlten Arbeit nach und 80,6 Prozent aller Männer. Eine wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern ist die hohe Teilzeitquote von Frauen. Mit 49,2 Prozent ging nahezu jede zweite Frau einer Teilzeitarbeit nach. Bei den Männern lag die Teilzeitquote mit 12,7 Prozent deutlich niedriger.

Auffällig ist: Ab dem durchschnittlichen Alter bei der Geburt des ersten Kindes (bei Müttern: 30,4 Jahre) stagniert der mittlere Stundenlohn von Frauen nahezu, während er bei Männern mit zunehmendem Alter fast kontinuierlich wächst. Liegt der Gender Pay Gap bei den 25- bis 29-Jährigen also noch bei 6 Prozent, geht die Schere immer weiter auseinander, sodass Frauen im Alter von 55 bis 64 Jahren im Durchschnitt 26 Prozent weniger Geld verdienen als Männer dieses Alters.

Gender Care Gap als Grund für den Gender Pay Gap

Als einer der wesentlichen Gründe für diese Entwicklung des Gender Pay Gaps über den Lebensverlauf, der nicht zufällig zum Zeitpunkt des durchschnittlichen Alters bei Geburt des ersten Kindes stark steigt, wird häufig die ungleiche Verteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen genannt (Gender Care Gap).

Mit der Geburt eines Kindes haben Frauen deutlich häufiger als Männer familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit. Beides beeinflusst auch den Stundenlohn negativ. In Deutschland leisten Frauen im Durchschnitt ungefähr eineinhalbmal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer – der Gender Care Gap beträgt demnach über die Gesamtbevölkerung etwa 44 Prozent. Das bedeutet umgerechnet, dass Männer knapp 21 Stunden und Frauen knapp 30 Stunden pro Woche mit unbezahlter Sorgearbeit verbringen.

Einfluss der Branche auf den Gender Pay Gap

Die unbereinigte Entgeltlücke unterscheidet sich auch nach Branchen. Im Bereich Wasserversorgung und Abfallentsorgung sowie im Bergbau ist der durchschnittliche Bruttostundenlohn von Frauen um ein Prozent höher als der von Männern. In allen anderen Wirtschaftszweigen verdienen Männer im Durchschnitt mehr als Frauen. Den höchsten Gender Pay Gap gibt es im Bereich der Finanz- und Versicherungsleistungen sowie bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (jeweils 26 Prozent). In 13 von 17 untersuchten Branchen liegt der Gender Pay Gap im zweistelligen Prozentbereich. Auffällig ist, dass der Gender Pay Gap gerade in der "frauentypischen" Branche des Gesundheits- und Sozialwesens mit 20 Prozent sogar über dem Durchschnitt liegt.

Gender Gap im Europa-Vergleich

Deutschland hat eine der größten Verdienstlücken zwischen Frauen und Männern in Europa. Im Vergleich von 27 EU-Ländern liegt Deutschland auf Platz 25. Schlusslichter im aktuellen Vergleich von Eurostat, dem die Daten von 2021 zugrunde liegen, sind Estland (20,5 Prozent) und Österreich (18,8 Prozent). In Luxemburg verdienten Frauen und Männer 2021 erstmals gleich viel. Spitzenreiter - das heißt die Länder mit den kleinsten Entgeltlücken - sind nach Luxemburg Rumänien (3,6 Prozent) und Slowenien (3,8 Prozent).

Regionale Unterschiede beim Gender Pay Gap

Nach wie vor fällt der unbereinigte Gender Pay Gap in Ostdeutschland deutlich geringer aus als in Westdeutschland. Im Westen war er im Jahr 2023 mit 19 Prozent fast dreimal so hoch wie im Osten (sieben Prozent). Der bereinigte Gender Pay Gap lag im Westen bei sechs Prozent und im Osten bei sieben Prozent. 

Den höchsten Gender Pay Gap in Deutschland hat laut einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bodenseekreis, hier liegt die Verdienstlücke bei 38,2 Prozent. Auch im Landkreis Freudenstadt ist sie mit 36,2 Prozent sehr hoch. Dagegen liegt das Gehalt vollzeitbeschäftigter Frauen in Dessau-Roßlau 2,5 Prozent über dem vollzeitbeschäftigter Männer. In Frankfurt/Oder und im Landkreis Stendal verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen in puncto Gehalt im Schnitt genauso viel wie Männer.

"Es hängt sehr stark von der konkreten Beschäftigungsstruktur vor Ort ab, ob und wie viel Frauen weniger verdienen als Männer", berichtet Michaela Fuchs vom Regionalen Forschungsnetz des IAB. So seien etwa im Bodenseekreis viele Männer vor allem in größeren Industriebetrieben tätig. In Dessau-Roßlau arbeiten Männer dagegen überdurchschnittlich häufig in Berufen der Lagerwirtschaft, Post und Zustellung - also in Berufen, in denen eher weniger verdient wird. Frauen dagegen seien häufiger in Verwaltungs- und Büroberufen anzutreffen, also Beschäftigungen mit mittlerem Verdienstniveau.

Gender Pay Gap schließt sich nur langsam

Im langfristigen Vergleich ist der unbereinigte Gender Pay Gap laut Zahlen des Statistischen Bundesamts gesunken. Zu Beginn der Messung im Jahr 2006 betrug der geschlechterspezifische Verdienstabstand noch 23 Prozent. 2019 sank der Wert erstmalig unter 20 Prozent. 2023 liegt er nun das vierte Jahr in Folge unverändert bei 18 Prozent.


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Gender Pay Gap hängt mit dem Stellenwert der Arbeitszeit zusammen

In einer Studie, die Anfang März 2019 veröffentlicht wurde, hat DIW-Genderökonomin Aline Zucco berufsspezifische Gender Pay Gaps unter die Lupe genommen. "Die Lohnlücke ist in den Berufen besonders hoch, wo lange Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert haben und wo der Stundenlohn überproportional mit den Arbeitsstunden steigt", fasst sie ihr Hauptergebnis zusammen. Ein Beispiel dafür ist die Unternehmensorganisation (Unternehmensberatung, Controlling). Dort bekommen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als beispielsweise Teilzeitbeschäftigte. Weil in Deutschland überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind (48 Prozent der abhängig beschäftigten Frauen und elf Prozent der Männer), ist gerade in diesen Berufen der Gender Pay Gap überdurchschnittlich groß.

Viele Berufe mit geringen Gender Pay Gaps zeichnen sich im Gegensatz dadurch aus, dass die Entlohnung proportional ist: Die Anzahl der gearbeiteten Stunden tangiert den Stundenlohn nicht. Das ist beispielsweise in Gesundheitsberufen der Fall, wo Schichtarbeit und daher die Dokumentation von Arbeitsschritten (Patientenakten) die Norm sind. Das macht Beschäftigte leichter substituierbar und sorgt dafür, dass Teilzeitbeschäftigte den gleichen Stundenlohn bekommen wie diejenigen, die Vollzeit oder mehr arbeiten

Maßnahmen zur Reduzierung des Gender Pay Gap

"Will man die Gender Pay Gaps reduzieren, sind eine Reihe von Maßnahmen denkbar: zum Beispiel sollte das sogenannte Top-Sharing, bei dem mehrere Führungskräfte sich eine Position teilen, gefördert werden. Weiterhin kann der Ausbau von Tarifverträgen einen wichtigen Beitrag zur Lohngleichheit liefern. Vor allem aber muss man sich, als Chef und als Angestellte, von der Vorstellung befreien, dass nur jene, die viel und lange arbeiten, gute Arbeit leisten. Das erfordert ein großes Umdenken", schlussfolgert Aline Zucco.

Weibliche Arbeit wird systematisch abgewertet

Um die Bewertungen und Bezahlungen weiblicher Erwerbsarbeit statistisch kritisch zu hinterfragen, haben die Forscherinnen vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) und das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in Anlehnung an ein geschlechtsneutrales Arbeitsbewertungsverfahren ("Paarvergleich" aus dem eg-check) den so genannten "Comparable Worth-Index" (CW) entwickelt. Dieser erfasst bei der Arbeitsbewertung nicht nur Wissen und Können, sondern zum Beispiel auch Verantwortung für Andere oder psycho-soziale und physische Arbeitsanforderungen. Der "CW-Index" ist ein Messinstrument, mit dem statistisch die Anforderungen und Belastungen in Berufen geschlechtsneutral verglichen werden können.

Die Analysen zeigen, dass insgesamt die Anforderungen und Belastungen in "Frauenberufen" geringer entlohnt werden als in "Männerberufen" und auch die Arbeitsleistung von Frauen im Allgemeinen geringer honoriert wird als die von Männern. "Hier können wir erstmals statistisch nachweisen, dass weibliche Erwerbsarbeit von systematischen Abwertungen betroffen ist, das heißt gemessen an ihren Anforderungen und Belastungen vergleichsweise geringer entlohnt wird als männliche Erwerbsarbeit", stellt die IAQ-Forscherin Sarah Lillemeier fest.

Aber keine Regel ohne Ausnahme: Es gibt zwei "Männerberufe" (Kraftfahrzeugführer, Lkw- und Busfahrer), die im Vergleich mit gleichwertigen "Frauenberufen" geringer entlohnt werden.

Forschungsergebisse stützen "Devaluationshypothese"

"Die Leistungen von Frauen und Männern sowie in  "Frauenberufen" und "Männerberufen" werden am Arbeitsmarkt nicht gleichermaßen honoriert", kritisieren die Forscherinnen und weisen darauf hin, dass dieses Ergebnis nur schwer zu vereinbaren ist mit dem gesellschaftlich vorherrschenden Legitimationsprinzip der Leistungsgerechtigkeit. Dabei bestätigt sich die These der bestehenden Abwertung weiblicher Erwerbarbeit ("Devaluationshypothese") auch unter Berücksichtigung weiterer verdienstrelevanter Faktoren, wie beispielsweise der Arbeitszeit, der Berufserfahrung, der Tarifbindung und der Branchenzugehörigkeit der Beschäftigten. Unter Kontrolle dieser Faktoren führt die Zunahme der beruflichen Anforderungen und Belastungen (der CW-Index steigt um eine Einheit) zu je einem Verdienstzuwachs von mehr als sechs Prozent bei den Männern und weniger als fünf Prozent bei den Frauen.


Schlagworte zum Thema:  Vergütung, Gleichstellung, Equal Pay