Wann bei Doppelspitzen die Einzelleistung leidet
Ist es besser, in einem Team zwei Stars mit dem gleichen Status anzuheuern, oder auf einen Top-Star mit einer unterstützenden Nummer zwei zu setzen? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Cass Business School an der City University London nachgegangen. Für ihre Studie untersuchten sie die Konstellationen aller Fahrer in allen Formel-1-Rennen zwischen 1981 und 2010.
Die Einzelleistung fällt ab, wenn der Teamkollege ähnlich erfolgreich war
Die Wissenschaftler stellten fest, dass der Erfolg oder Misserfolg einer Doppelspitze maßgeblich mit der Erfolgshistorie der beiden Fahrer zusammenhängt. "Wir haben herausgefunden, dass Fahrer, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, höchstwahrscheinlich auch in der Zukunft gute Leistung bringen werden", erläutert Dr. Paolo Aversa, Co-Autor der Studie und Strategie-Dozent an der Cass Business School, die Ergebnisse. "Wenn sich allerdings der Unterschied zwischen den vergangenen Erfolgen zweier Teamkollegen verringert, verschlechtern sich auch ihre individuellen Ergebnisse", so Aversa."Anders gesagt: Es ist gut, einen Top-Fahrer anzuheuern, doch seine durchschnittliche Leistung fällt ab, wenn sein Teamkollege in der Vergangenheit ähnlich erfolgreich war."
Grund Nummer eins: Konkurrenz zwischen den Top-Performern
Als Grund dafür nehmen die Forscher an, dass die beiden Top-Performer um die gleichen Ergebnisse im Team konkurrieren. Formel-1-Teams versuchten dieses Problem zu lösen, indem sie entweder einem der beiden Fahrer den Vorzug geben, oder sich im Gegenteil weigern, einen der beiden Fahrer zu bevorzugen, um so den internen Wettbewerb anzustacheln, erläutern die Forscher.
Offenbar führt aber keine der beiden Strategien zum Erfolg: "Die erste Option demotiviert beide Fahrer, da der erste sich angesichts des ausgeschalteten Konkurrenzkampfes zurücklehnt und der zweite seinen Ehrgeiz verliert, weil er seinen Kollegen nicht überholen darf", erläutert Aversa. "Die teaminterne Rivalität zwischen Barrichello und Schumacher zu Beginn des Jahrzehnts ist ein gutes Beispiel hierfür."
Im zweiten Fall fördere das Team den internen Konflikt. Die dadurch entstehende Feindseligkeit führe oft zu einem Scheitern der teaminternen Zusammenarbeit und könne letztlich aggressive Duelle und eventuell sogar einen Crash zur Folge haben. "Genau das geschah beim jüngsten Unfall zwischen Hamilton und Rosberg in Belgien", kommentiert Aversa.
Grund Nummer zwei: ineffiziente Nutzung von Team-Ressourcen
Ein zweiter Grund für die verminderte individuelle Leistung in Teams mit zwei Top-Stars sei die ineffiziente Nutzung der Ressourcen. Wenn zwei Fahrer den gleichen Status genießen, beschlössen manche Teams, die verfügbaren Ressourcen gleich auf die beiden Stars aufzuteilen, auch wenn die Gewinnchancen des Teams durch diese Entscheidung nicht maximiert werden, so die Erklärung der Forscher. Darüber hinaus sei es nicht unwahrscheinlich, dass jeder Fahrer versuche, die besten Ressourcen des Teams für sich zu beanspruchen, was den internen Zuteilungsprozess verzögern könne.
"Zwei Hähne in demselben Hühnerstall"
Die Autoren gehen davon aus, dass ihre Erkenntnisse sich auch auf die Welt außerhalb des Sports übertragen lassen. "Dieses Phänomen trifft auf Topmanager in öffentlichen und privaten Organisationen, führende Wissenschaftler in F&E-Teams und Filmstars in Hollywood zu", sagt Aversa. Die Studie könne also auch Aufschluss darüber geben, warum Topleute aus einem Unternehmen nach dem Wechsel in ein anderes den Erwartungen nicht immer gerecht werden. "Organisationen, die mehrere 'Stars' anheuern, um das perfekte Team aufzustellen, laufen Gefahr, zwei Hähne in denselben Hühnerstall zu setzen, was den Forschungsergebnissen zufolge die individuelle Performance der Teammitglieder untergraben kann", warnt Aversa.
Aus Sicht der Forscher kann eine Doppelspitze nur dann gelingen, wenn Teams ihre Strategie vom ersten Tag an klar vermitteln. "Denn dann sind die Erwartungen, die an beide Fahrer gestellt werden, eindeutig definiert und jeder weiß, was er in welcher Situation zu tun hat", resümiert Aversa.
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