Mitarbeiter als Gesellschafter: Startup-Verband fordert Steuererleichterung
Um Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu erleichtern fordert der Bundesverband Deutsche Startups e.V. Anpassungen im Steuer- und Gesellschaftsrecht. Um Talente für sich zu gewinnen, sei es für viele Startups wichtig, ihre Mitarbeiter am Unternehmen, am Kapital und letztlich am Erfolg zu beteiligen. Derzeit sei die Gestaltungsmöglichkeit solcher Beteiligungen jedoch unübersichtlich, hürdenreich und unattraktiv. Außerdem fehle es an einheitlichen Modellen.
Florian Nöll, Vorsitzender des Startup-Verbands, verlangt Abhilfe: „Der Diskussion um bessere Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung müssen jetzt endlich Taten folgen.“ In Schweden und Frankreich beispielsweise seien schon erfolgreiche Modelle umgesetzt.
Die Forderungen des Verbands umfassen Steuererleichterungen für kleine und junge Unternehmen und eine Anpassung des Gesellschaftsrechts.
Eine Möglichkeit der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: echte Gesellschaftsbeteiligungen
Derzeit kommen in Deutschland meist zwei Möglichkeiten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Frage: Virtual Stock Options oder echte Gesellschaftsbeteiligungen, beispielsweise an einer GmbH. Bei echten Gesellschaftbeteiligungen wird den Mitarbeitenden ein vergünstigtes Vorkaufsrecht für Anteile angeboten. Nutzen Mitarbeiter dieses, erhalten sie als Gesellschafter Gewinnbeteiligungen, Stimm- und Informationsrechte. Auf dieser Weise können Mitarbeiter direkt am Erfolg eines Unternehmens teilhaben - und diesen mitgestalten.
Allerdings geht dies mit einem nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand einher. Angst vor Problemen durch die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter verhindert außerdem häufig, dass echte Beteiligungen angeboten werden. Dies geht aus einem Ländervergleich des Risikokapitalgebers Index Ventures hervor, auf den sich auch der Startup-Verband in seinem Positionspapier bezieht.
Zweite Möglichkeit der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Virtual Stock Option
Deshalb werden häufig nur virtuelle Anteile eingeräumt - sogenannte Virtual Stock Options. Dabei schließt das Unternehmen mit dem Mitarbeiter einen Vertrag und stellt damit eine Situation her, der einer Kapitalbeteiligung in Puncto Gewinnbeteiligung gleichkommt. Diese Gewinnbeteiligungen werden wie Bonuszahlungen ausgeschüttet. Die Mitbestimmungsrechte von Gesellschaftern werden dabei nicht eingeräumt. Somit bleibt der Gesellschafterkreis klein und die einzelnen Beteiligungen schrumpfen nicht. Virtual Stock Options werden häufig genutzt, um auf einen Unternehmensverkauf hinzuarbeiten, indem die Gewinnbeteiligung ausschließlich an einen erfolgreichen Ausgang geknüpft wird.
Kapitalbeteiligungen versteuern als geldwerter Vorteil
Kapitalbeteiligungen werden im deutschen Recht grundsätzlich als geldwerter Vorteil behandelt. Somit werden nicht nur Steuern sondern auch Sozialabgaben fällig. Diese Kosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen immer wieder in der Kritik, da die Modelle somit für viele Unternehmen eher unattraktiv erscheinen.
Der Verband betont, dass gerade Startups unter den Bedingungen leiden, da diese häufig aufgrund der geringeren Finanzkraft ohnehin schon Probleme hätten, gesuchte Fachkräfte einzustellen oder zu halten. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen seien deshalb notwendige Begünstigungen, in Deutschland aber nur schwer umzusetzen. Im europäischen Vergleich zieht der Verband deshalb zwei Modelle als Vorbild heran: Schweden und Frankreich.
Schweden: Ausnahmeregelung für bestimmte Anteilsoptionen
In Schweden wird kleinen und jungen Unternehmen eine Ausnahmeregel bei bestimmten Anteilsoptionen gewährt. Sogenannte Qualified Employee Stock Options werden seit 2018 steuerlich begünstigt. Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, werden die Anteilsoptionen nicht bei Nutzung, sondern erst beim Verkauf der Anteile durch die Mitarbeitenden als Kapitalerträge besteuert, sie werden somit nicht als Lohnanteil behandelt. Mit den Bedingungen stellt das Recht in Schweden sicher, dass nur schwedische, kleine und junge Unternehmen und nur feste Mitarbeiter von der Vergünstigung profitieren.
Der Startup-Verband setzt sich für eine ähnliche Ausnahmeregelung in Deutschland ein, um den Kostendruck zu erleichtern, damit sich Mitarbeiterkapitalbeteiligungen eher lohnen und das Konzept auch für Mitarbeitende attraktiver wird.
Frankreich: flexible Gesellschaftsform SAS
In Frankreich besteht neben einer vergleichbaren steuerlichen Vergünstigung auch eine weniger bürokratische Gesellschaftsform. Die Société par Actions Simplifiée (SAS) ist eine Kapitalgesellschaft, bei der nur geringe Kosten beim Übertragen von Anteilen entstehen, da beispielsweise eine Beurkundung nicht verpflichtend ist.
In Deutschland kommt die GmbH dieser Gesellschaftsform verhältnismäßig nahe, dennoch ist eine Kapitalbeteiligung an einer deutschen GmbH mit höheren Transaktionskosten und höherem bürokratischen Aufwand verbunden, so der Startup-Verband. Deshalb fordern die Verbandsmitglieder, dass im deutschen Recht eine Gesellschaftsform nach dem Vorbild der französischen SAS verankert wird.
Was verändert sich durch die Vorschläge zu Mitarbeiterkapitalbeteiligungen?
Folgt man der Schlussfolgerung des Startup-Verbands würden diese beiden Änderungen Mitarbeiterkapitalbeteiligungen attraktiver und einfacher machen. Dies würde Startups helfen, geeignete Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden und somit den aktuellen Standortnachteil ausgleichen.
Bestehende Unternehmen sind erstmal nicht von einer solchen Neuerung betroffen, da die Vorschläge jeweils neue Mittel der Mitarbeiterbeteiligung einführen. Startups, die aktuell mit Virtual Stock Options oder Gesellschaftsbeteiligungen arbeiten, würden davon zunächst nicht profitieren.
Wenn steuerrechtliche Ausnahmen und gegebenenfalls neue Gesellschaftsformen eingeführt werden, schafft das zwar attraktivere Möglichkeiten der Beteiligung für Startups, aber ob damit Mitarbeiterbeteiligungen vereinfacht und stärker standardisiert werden, bleibt fraglich.
Ganz neu sind die Forderungen in jedem Fall nicht. Schon 2015 hatten zehn namhafte Verbände die Regierung aufgerufen, Mitarbeiterkapitalbeteiligungen einfacher zu ermöglichen. Konkret forderten die Verbände den bürokratischen Aufwand, der mit Mitarbeiterkapitalbeteiligungen einhergeht, deutlich zu verringern und das Informationsangebot von Seiten der Politik zu erhöhen.
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