Ziel des Neurolinguistischen Programmierens ist die Beeinflussung des Menschen. Mitarbeiter sollen zum Beispiel zu mehr Leistung motiviert oder Kunden zu mehr Konsum animiert werden. Doch es geht nicht nur um andere. NLP verspricht seinen Jüngern, dass man auch sich selbst geradezu beliebig umprogrammieren kann. Alles, was man dazu benötigt, sind ein paar kleine Psychotricks und eine sehr große Bereitschaft, selbst die verrücktesten Dinge zu glauben.
Vier Schritte, um andere per NLP zu beeinflussen
Die wichtigste Methode, mit der Sie Ihre Mitmenschen in den Griff bekommen, vollzieht sich in vier Schritten:
- Diagnose: Durch messerscharfe Beobachtung des Gegenübers stellen Sie fest, um welchen Typus Menschen es sich handelt (visuell, auditiv oder kinästhetisch). Dabei ignorieren Sie am besten zwei peinliche Fakten: Zum einen konnte bislang nicht einmal belegt werden, dass diese Typen überhaupt existieren, zum anderen zeigen mehrere Studien, dass sich die Typen – so sie denn überhaupt existieren – mit Methoden des NLP nicht identifizieren lassen (siehe letzte Kolumne).
- Matching: Nach erfolgter Pseudodiagnose lassen Sie sich voll und ganz auf Ihr Gegenüber ein, indem Sie seinen Typus verbal und nonverbal spiegeln. Beugt sich Ihr Gesprächspartner vor, so tun Sie es ihm gleich. Lächelt er, so simulieren Sie auch dies prompt und möglichst lebensecht. Scheint Ihr Gegenüber visuell zu denken, so sprechen Sie in blumigen Bildern, während sie einem Kinästheten auch schon einmal fürsorglich das Händchen tätscheln.
- Rapport: Durch das Spiegeln des Verhaltens macht sich bei Ihrem Gesprächspartner das wohlige Gefühl von Wärme und Freundschaft breit. Er fasst Vertrauen, öffnet sich Ihnen und wird damit zu einem willenlosen Spielball. Studien zeigen, dass ein Spiegeln durchaus zu einer angenehmeren Gesprächssituation führt. Hierbei handelt es sich um den sogenannten "Chamäleon-Effekt", der dummerweise nichts mit NLP zu tun hat. Wer beispielsweise von traurigen Dingen erzählt, fühlt sich nun einmal nicht sonderlich wohl, wenn der Gesprächspartner ständig grinst.
- Leading: Haben Sie den Gesprächspartner durch überaus subtiles Matching in den Zustand maximaler Suggestibilität gelockt, verändern Sie nun ganz allmählich Ihr (non-)verbales Verhalten und führen dadurch auf unerklärliche Weise Ihr Gegenüber zum gewünschten Ziel. Und siehe da, es kommt der Tag, an dem aus faulen Mitarbeitern hyperaktive Windhunde und aus widerspenstigen Geschäftspartnern zahme Lämmchen werden. Halleluja! Ein Wunder ist geschehen. Belegt wurde der Nutzen dieser Methoden zwar nie, aber so ist das nun einmal mit Wundern, man muss halt daran glauben.
Die Anker-Methode zur Selbst-Beeinflussung
Wer sich selbst manipulieren will, kann es zum Beispiel einmal mit der lustigen Methode des Ankerns versuchen, und das geht ungefähr so:
- Sie möchten in Zukunft selbstsicher und erfolgreich werden? Dann denken Sie zunächst ganz intensiv an eine Situation aus Ihrem Leben, in der Sie beides waren (zum Beispiel der erste Sieg beim Mensch-ärgere-Dich-nicht im Kindergarten). Imaginieren Sie alle visuellen, auditiven, kinästhetischen, olfaktorischen und gustatorischen Eindrücke der damaligen Situation. Noch intensiver - noch viel intensiver - okay, so könnte es gehen.
- Nun setzen Sie einen körperlichen Anker, indem Sie ihre Selbstsicherheit und ihren Erfolg mit einer körperlichen Geste koppeln. Hierzu könnten Sie sich zum Beispiel mit dem Zeigefinger an die Stirn tippen.
- Das war’s im Grunde genommen auch schon fast. Wann immer Sie in Zukunft selbstsicher und erfolgreich sein wollen, feuern Sie einfach kurzerhand Ihren Anker ab. Hierzu tippen Sie erneut mit dem Zeigefinder an die Stirn. Mit einem Mal werden aus Ihrem Unterbewusstsein all jene positiven Energien freigesetzt, die Sie schon damals zu einem unwiderstehlichen Siegertypen machten. Und schon wieder ist ein Wunder geschehen...
So schön können Illusionen sein. Ist es notwendig zu betonen, dass die Funktion des Ankerns nicht empirisch belegt wurde? Wen all dieser Hokuspokus entfernt an das klassische Konditionieren nach Pawlow erinnert, der sollte einmal einen Blick in ein Einführungslehrbuch der Psychologie werfen, hier wird er schnell eines Besseren belehrt.
Angst vor NLP wohl unbegründet
Was bleibt am Ende übrig von einem Ansatz, der für sich in Anspruch nimmt, so ziemlich jedes Problem lösen zu können? Nicht viel. NLP hat sich zwar in den Köpfen vieler Personalverantwortlicher längst etabliert. Dies darf jedoch nicht den Blick darauf versperren, dass es sich letztlich nur um ein Sammelsurium von Ideen handelt.
Oft wird NLP vorgeworfen, man würde andere Menschen beliebig manipulieren. Diese Befürchtung ist meines Erachtens aber völlig unbegründet, denn hierzu bräuchte man ja wirksame Methoden...
Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen & Personalentwicklung.