Motivationsforschung: In vier Schritten zum Glück

Zum Weltglückstag am 20. März 2017 hat die Haufe Online-Redaktion mit Glücksforscherin Gabriele Oettingen über Glücksmanager in Unternehmen gesprochen. Sie erklärt, warum positives Denken den Erfolg im Beruf auch behindern kann.

Haufe Online-Redaktion: Sie bezweifeln, dass positives Denken ein gutes Rezept für beruflichen und privaten Erfolg ist. Sind Sie eine typisch deutsche Bedenkenträgerin?

Gabriele Oettingen: Im Gegenteil. Unsere Forschung der vergangenen 20 Jahre zeigt, dass positives Denken wichtig für den Erfolg ist. Allerdings genügt es alleine nicht, um seine Ziele zu erreichen.

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Haufe Online-Redaktion: Aber guter Dinge zu sein und an die Zukunft zu glauben klingt doch, als käme der Schwung von allein.

Oettingen: Genau das ist das Problem. Wenn ich abnehmen oder einen neuen Job finden will und ich gehe mit der Haltung daran, das klappt von selbst, dann fühle ich mich schon angekommen und werde mich entspannen. Positive Zukunftsfantasien und unreflektierte Zufriedenheit übersehen die Dinge, die der Zielerreichung im Weg stehen. Wir haben in einer Studie gezeigt, dass Hochschulabsolventen, die sich lediglich positiven Zukunftsfantasien hingegeben hatten, nach zwei Jahren weniger verdienten und weniger Jobangebote erhielten als diejenigen, die auch negative Gedanken zugelassen hatten.

Haufe Online-Redaktion: Wie erklären Sie dies?

Oettingen: Die Energie sinkt bei rein positiven Tagträumen, das kann man über Selbstberichte messen und über das Absinken des systolischen Blutdrucks. Zum Erreichen von Zielen muss man Energie aufbringen und komplexe Themen anpacken. Wir müssen durchhalten und die Probleme geschickt lösen, wenn wir unsere Wünsche erfüllen wollen.

Haufe Online-Redaktion: Halten Glücksmanager die Mitarbeiter also vom Handeln ab?

Oettingen: Bunte Büromöbel, gutes Essen, Fitness-, Ruheräume, nette Kollegen: Das ist alles gut, um den Arbeitsalltag angenehmer zu machen. Glücksmanager können viel in Gang setzen. Aber: Das wird meine Wünsche nicht erfüllen. Ich muss selbst aktiv werden.

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Haufe Online-Redaktion: Das klingt nach Arbeit.

Oettingen: Nicht ganz, denn es geht erstmal um mentale Bilder. Diese setzen nicht-bewusste Prozesse in Gang, die mir helfen, die Ziele aktiv zu erreichen. Um aktiv zu werden, sollte man erst positiv über die Zukunft fantasieren, sich dann aber die inneren Hindernisse vor Augen führen. Diese Imaginationstechnik, die wir mentales Kontrastieren nennen, lässt uns die Ziele erreichen. Wir haben dies zu WOOP weiterentwickelt – einer mentalen Entdeckungstour in vier Schritten ( Mehr dazu).

Haufe Online-Redaktion: Wie funktioniert WOOP?

Oettingen: W steht für Wish, O für Outcome, das zweite O für Obstacle, das P für Plan. Zuerst finde ich einen Wunsch, der herausfordernd ist, den ich aber erfüllen kann. Dann stelle ich mir das beste Ergebnis lebhaft vor – und wie ich mich fühle, wenn sich der Wunsch erfüllt. Dabei kann mancher Wunsch abgeschüttelt werden, weil er nicht wirklich wichtig ist. Nun kommt das Hindernis: Was in mir selbst hält mich davon ab, den Wunsch zu erfüllen? Ich identifiziere das Hindernis und stelle es mir lebhaft vor. Dann überlege ich, wie ich es überwinden kann und mache einen Plan, was ich tue, wenn das Hindernis eintritt.

Haufe Online-Redaktion: Können Unternehmen etwas beitragen?

Oettingen: Wenn Firmen den Anstoß geben und WOOP im Training vorstellen, ist das ideal. Man kann es als individuelles Instrument oder in der Gruppe nutzen. Ich kann die vier Schritte mit etwas Übung in fünf Minuten gehen – und habe so einen Freund fürs Leben.

Gabriele Oettingen ist Professorin für Pädagogische Psychologie und Motivation.

Das Interview führte Ruth Lemmer.


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