Das Organisationssystem der Zukunft
Wie sehen Organisationen aus, die den Herausforderungen der „next society“, also der nächsten Gesellschaft gerecht werden? Es liegt nahe, zunächst einen Blick auf die Startups zu werfen, die schon heute in der digitalen Welt zuhause sind und selbst den Wandel zur nächsten Gesellschaft mittragen. Dabei fällt vor allem eines auf: Hier arbeiten Menschen interdisziplinär in Netzwerken zusammen. Darin einbezogen sind nicht nur die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens, sondern auch Kunden, Lieferanten und viele andere externe Akteure.
Ein Blick auf Startups
Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Neulich lernte ich ein Spin-off der ETH Zürich kennen, dem 25 Mitarbeiter aus den verschiedensten Disziplinen angehören. Einer neuen Produktidee nähert sich das kleine Unternehmen zunächst aus sozialwissenschaftlicher Perspektive: In welche Lebensverhältnisse wäre dieses Produkt eingebettet? Ein entsprechend geschultes Kernteam aus Industrial Designern und Ingenieuren stellt ethnografische Beobachtungen an und eruiert den kulturellen, sozialen und psychologischen Anwendungskontext – und treibt dann das Projekt weiter bis zum Produkt.
Auffallend war, wie sehr sich die Mitarbeiter dieses Unternehmens bemühen, die Kunden zu verstehen und sich in deren Welt hineinzudenken. Man begnügt sich nicht, Kunden und Interessenten einfach nur zu befragen, sondern man begleitet sie, sieht ihnen zu oder sucht sie abends beim Stammtisch auf. Zu spüren ist auch das Anliegen, mit seiner Arbeit einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft zu leisten. Jenseits des geschäftlichen Ziels, ein erfolgreiches Produkt auf den Markt zu bringen, liegt den Mitarbeitern auch daran, mit ihrem jungen Unternehmen in das gesellschaftliche Umfeld hineinzuwachsen.
Untereinander vernetzt und zugleich eng verwoben mit Kunden, Lieferanten und Umfeld: So lässt sich die Organisation dieses Startups beschreiben – und so ist es auch kennzeichnend für die „Next Organisation“. Kleine wendige Organisationen erobern die Märkte und lassen große Organisationen alt aussehen.
Wohin bewegt sich die klassische Organisation?
Doch allein der Blick auf die Startup-Szene gibt noch keine befriedigende Antwort darauf, wohin sich die klassische Organisation bewegt: Welche Form wird sie finden, um den Stürmen und Beben des disruptiven Wandels gewachsen zu sein? Sicherlich werden künftige Organisationen weniger hierarchisch und weniger funktional sein, stattdessen mehr in Richtung einer Netzwerkstruktur gehen. Es gibt bereits Versuche, die überkommene „heilige Ordnung der Männer“ durch andere Organisationsformen zu ersetzen – Schlagworte sind hier das „demokratische Unternehmen“ oder „Agilität in Unternehmen“.
„Organisation“ von Grund auf neu denken
Nun ist der Wandel einer Organisation an sich kein neues Thema. Meist haben große Organisationen intern einen schlechten Ruf, weil sie mit Bürokratie, Verwaltung, Plänen, Forecasts und endlosen Besprechungen assoziiert werden. Klar ist aber auch, dass es ohne Organisationen nicht geht – und diese sich deswegen ständig weiterentwickeln oder in Intervallen neu aufstellen müssen. Doch die aktuelle Situation, der digitale Wandel mit der damit verbundenen Komplexität und Vielschichtigkeit ändert die Verhältnisse so grundlegend, dass es noch kaum möglich ist, allgemein gültige Grundsätze zu zukünftigen Organisationen aufzustellen. Vielmehr erscheint es notwendig, „Organisation“ erst noch von Grund auf neu zu denken, um der Zukunft adäquat begegnen zu können. Im Folgenden sei versucht, hierfür einige Leitplanken zu setzen.
Verteilte Intelligenz und Vielfalt
Ein zentrales Merkmal künftiger Organisationen lässt sich mit dem Begriff der „verteilten Intelligenz“ beschreiben. „Distributed intelligence“ nennen Informatiker IT-Architekturen, in denen Komponenten und damit Lösungen, Geschwindigkeiten, Kapazitäten und operative Einheiten nicht fest verbunden, sondern lose gekoppelt sind. Dieses Prinzip ist auf Organisationen übertragbar. Bezeichnenderweise ist Losekopplung auch ein Begriff aus der Systemtheorie: Während im Falle einer „Wenn-dann-Beziehung“ eine enge Kopplung vorliegt, lassen lose Kopplungen Freiheiten zu. Die Akteure können sich frei aufeinander einstellen und auf Veränderungen flexibel reagieren. Dabei sind sie nicht von einer Zentralsteuerung abhängig, sondern mit eigener Intelligenz ausgestattet.
Die losen Kopplungen ermöglichen es den Akteuren, sich flexibel aufeinander einzustellen und dementsprechend schnell und adäquat auf Veränderungen zu reagieren. Verteilte Intelligenz macht eine Organisation daher vergleichsweise robust und reaktionsfähig gegenüber Veränderungen im Umfeld. Entscheidend für ihre Funktionsfähigkeit ist es, die Schnittstellen klar zu gestalten – das Schnittstellenmanagement erlangt eine hohe Bedeutung.
Mit der verteilten Intelligenz einher geht die Idee der horizontalen Führung: Für einen Manager kommt es vor allem darauf an, über Funktionen hinweg mit den Kollegen derselben Hierarchieebene wechselseitig zu agieren und klarzukommen. Die Herausforderung liegt darin, unterschiedliche Logiken, Formen und damit auch Personen zusammenzubringen.
Eng verbunden mit dem Prinzip der verteilten Intelligenz ist der Gedanke der Vielfalt, der schon seit geraumer Zeit unter dem Begriff „Diversity“ Schlagzeilen macht: Die Organisation setzt bewusst auf plurale Intelligenz, also die Vielfalt an Eigenschaften und Perspektiven, die Menschen durch ihr Alter, Geschlecht oder ihre Herkunft aus unterschiedlichen Nationen und Kulturen einbringen.
Verteilte Intelligenz und Vielfalt innerhalb der Organisation stellen eine adäquate Antwort auf die zunehmende Komplexität der Umwelt dar – denn einem komplexen Umfeld lässt sich nur durch eine entsprechend komplexe Organisation Paroli bieten. Hinter dieser These steht eine zentrale Erkenntnis der Kybernetik, die auf den Briten William Ross Ashby (1903-1972) zurückgeht. Dieses Ashbysche Gesetz besagt im Kern: Je vielfältiger die Handlungsoptionen eines Systems sind, desto mehr kann es sich der Vielfältigkeit seiner Umwelt durch Selbststeuerung anpassen.
Fluide und wendige Systeme
Wenn horizontale Netzwerke die Hierarchien überlagern, teilweise auch auflösen, verschwimmen zugleich die Grenzen zwischen Unternehmen und Umfeld. Mitarbeiter unterhalten vielfältige Kontakte, die über die Unternehmensgrenzen hinausgehen – etwa zu Kunden, Partnern, Zulieferern und anderen Interessensgruppen. Die unternehmensinternen Netzwerke sind somit in externe Netzwerke eingebettet. Auf diese Weise entstehen fluide Systeme. Gemeint sind damit durchlässige Systeme, die zur Außenwelt hin nicht abgeschlossen sind, sondern in regem Kontakt zu ihr stehen.
Fluide Systeme sind ein weiteres Merkmal, das die Organisation der nächsten Gesellschaft prägen dürfte. Die Rede ist gelegentlich auch von grenzenlosen Organisationen, was ich für zu weit gegriffen halte. Denn eine Organisation braucht Grenzen, um eine Identität herausbilden zu können. Um sich nicht in den Netzwerkknoten zu verfangen, sind klare Schnittstellen und damit durchaus auch Strukturen notwendig. Ohne eine gewisse Hierarchie wird auch die Organisation der Zukunft nicht auskommen können.
Die agile Organisation
In jüngerer Zeit werden jede Menge Organisationsideen gehypt, die vom demokratischen Unternehmen über fluide Systeme bis zur agilen Organisation reichen. Bei allen Unterschieden stimmt die Grundrichtung überein: Vernetzung und Beweglichkeit sind die Kernanforderungen, die an künftige Organisationen gestellt werden. Dem Zukunftsbild am ehesten nahekommen, dürfte die Idee der agilen Organisation, die nach dem Motto „Beweglichkeit statt Planbarkeit“ verfährt und damit das Unternehmen für unvorhersehbare Ereignisse rüstet. In solchen wendigen Systemen finden sich die beschriebenen Leitplanken künftiger Organisationen wieder: verteilte Intelligenz, Diversität, horizontale Netzwerke. Sie stellen um von einem mechanischen Organisationsverständnis auf ein eher organisches Selbstverständnis. Wobei organisch heißt: ein Verzicht auf Durchplanbarkeit zu Gunsten eines hohen Maßes an Selbstorganisation und einem eher inkrementellen Vorgehen.
Leitbild der agilen Organisation sind eigenverantwortliche Teams – kleine, lose gekoppelte Einheiten, die sich konsequent am Markt ausrichten. Hierarchie und zentrale Steuerung treten in den Hintergrund, stattdessen sorgen eine klar formulierte Vision und Unternehmensstrategie für die notwendige Orientierung. Anstatt sich mit internen Prozessen aufzuhalten, sind die Teams von außen nach innen organisiert. Über ihre Netzwerke stehen sie ständig in Kontakt mit Kunden und Lieferanten und verbessern auf diese Weise kontinuierlich ihre Lösungskompetenz. Sie reagieren flexibel auf neue gesellschaftliche Anforderungen und Kundenwünsche – und wahren so ihre Innovationsfähigkeit in einer sich schnell wandelnden Welt. (mehr dazu in "Die sechs Dimensionen der agilen Organisation").
Die Entstehung hybrider Strukturen: Exploitation und Exploration
Große Organisationen werden beides benötigen: Elemente aus der agilen und der hierarchischen Organisationslogik. Schon heute beobachtet Dr. Thomas Schumacher, Partner der OSB Wien Consulting GmbH und Leiter des Forschungsprogramms Systemisches Management an der Universität St. Gallen, vor allem in international aufgestellten Großunternehmen „die parallele Existenz unterschiedlicher Gliederungslogiken, mit denen die Organisationen auf die vielfältigen Anforderungen aus ihrer Umwelt zu reagieren versuchen“.
Auch eine Form von Paradoxie: „sowohl als auch“. Zum Glück können das Organisationen: die Kombination von Exploitation (Ausnutzung von Bestehendem) und Exploration (Erkundung von Neuland). Der Ansatz geht auf den Organisationsforscher J. G. March zurück, der als Gigant der Organisationstheorie das Thema vor über 20 Jahren jenseits reißerischer Moden schon beschrieben hat. J. G. March nähert sich dem Thema unter dem Fokus des Wissens und des organisationalen Lernens an, also der Frage, wie mit Unternehmensstärken und der organisatorischen Wissensbasis umgegangen wird. Er beschreibt das Lernverhalten von Unternehmen aufgrund zweier gegensätzlicher Praktiken im Umgang mit Wissen. Diese orientieren sich an der Nutzung der bereits im Unternehmen vorhandenen Wissenspotenziale (Exploitation) sowie der Generierung gänzlich neuen Wissens von außerhalb des bisherigen Tätigkeitsfeldes (Exploration).
Exploitation steht dabei für die Nutzung vorhandener Potenziale, die Optimierung vorhandener Prozesse, Strukturen, Technologien usw., für die Erhaltung des gegenwärtigen Status quo. Daraus resultiert ein Immer besser (im Sinne von effizienter) Machen. Die Ergebnisse sind unmittelbar sichtbar oder besser: in den Bilanzen ablesbar und meist gut planbar. Hier wird mit dem Ansatz der starken Kopplung (der Prozesse, der Führungshandlungen, der Systeme, der Kommunikation etc.) gearbeitet, das heißt: „wenn …, dann …“, ist sicher, stabil hintereinandergeschaltet, maschinenhaft.
Exploration steht für die Suche nach neuen Möglichkeiten, für das Experimentieren mit alternativen Prozessen, Strukturen, Technologien usw. und für das laufende Überdenken des gegenwärtigen Status quo. Die Resultate sind unsicher und erst langfristig sichtbar. Hier sind die Prozesse schwach gekoppelt, können sprunghaft, erkundend, offen, sozusagen kreativ unberechenbar sein, eher organisch, bis zum Chaotischen.
Ambidextrie: Beidhändigkeit ist gefragt!
In beiden Fällen lauert eine Falle. Zum einen die Exploitation-Falle: Neben den stets mitlaufenden Gefahren einer starken Effizienzoptimierung (zu wenig „Slack“ für Anpassungen und Engpässe) liegt die Falle besonders in Folgendem: Falls sich die Firma entschließt, stärker auf ein explorierendes Vorgehen umzustellen, also auch vom Lernstil her umzuschalten, und Neues wagt, wird diese mit hoher Sicherheit zu Beginn wirtschaftlich nicht an die Erfolge des Stammgeschäftes herankommen. Meist im Gegenteil: Da das explorierende Betreten von Neuland noch ungeübt ist, sind keine raschen Erfolge zu erwarten, sodass nach ersten Schritten, gar nach Misserfolgen der Ruf aufkommen kann: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, oder gar die Bedenkenträgerkeule „Rechnet sich nicht, haben wir gleich gesagt“. Aus dem Ausbruch aus eingefahrenen Gleisen wird dann rasch wieder ein Einschwenken auf den alten Trampelpfad.
Zum anderen die Exploration-Falle: Hier sieht das Muster wie folgt aus: Mutig, pionierhaft wird Neuland betreten, nach ersten Erfolgen stockt das Vorhaben. Ursache sind Fehler, Unperfektheiten, mangelnde Routinen, sei es, dass das verwendete Material für die kreativ ausgetüftelte Anwendung nicht hält, sei es das Übersehen wichtiger Interfaces und vieles mehr. Anstatt stärker auf den Lernmodus „Rasch auswerten, besser machen, Optimieren“ zu setzen, wird erneut mutig das nächste Vorhaben in Angriff genommen, was meist nach dem gleichen Muster abläuft. Auf diese Weise werden Lernchancen vergeben, viele Ressourcen versenkt. Am Ende stellt sich das Gefühl ein: „Wir kommen nicht vorwärts.“ Aus der Fehlerkultur als Humus der Innovation wird dann ein Grab.
Der Königsweg – in der Theorie leichter beschreibbar als im organisationalen Alltag realisierbar – ist eine balancierte Form der Anpassung, der Innovation. In der Fachsprache heißt das: Ambidextrie.
Für die Automobilhersteller z. B. heißt das: den Spagat zwischen konventionellen Antrieben (Benzin, Diesel) und elektrifizierten Antrieben zu meistern.
Das doppelte Betriebssystem
Es läuft also auf eine hybride Organisation hinaus, die parallel zur bestehenden Organisationsarchitektur neue Strukturen aufbaut. Der Change-Management-Experte John Kotter spricht in diesem Zusammenhang auch von einem "doppelten Betriebssystem". Einerseits existieren weiterhin die klassischen Routinestrukturen, die an die Hierarchie angelehnt sind. Andererseits benötigt das Unternehmen auch agile Innovationsstrukturen jenseits der Hierarchie. Zum Beispiel übernimmt anstelle einer funktional verankerten Entwicklungsabteilung ein übergreifendes Team die Verantwortung für den gesamten Innovationsprozess. Je nach Phase einer Entwicklung werden unterschiedliche Bereiche und Experten in das Team einbezogen.
Drei entscheidende Elemente zur Weiterentwicklung der klassischen Organisation
Dem Organisationsexperten Schumacher folgend bestimmen vor allem drei Elemente die Weiterentwicklung der klassischen Organisation:
- Crossfunktionale Teams agieren eigenverantwortlich und hierarchieunabhängig. Ein solches Team hat die notwendigen Fähigkeiten, um selbst unternehmerische Entscheidungen zu treffen. So kann es handeln, „ohne funktionsübergreifend langwierige Abstimmungsschleifen zu durchlaufen“.
- Netzwerke übernehmen viele Entscheidungsfindungs- und Problemlösungsprozesse – was mit den traditionellen Gepflogenheiten radikal bricht: Die Akteure eines Netzwerkes orientieren sich nicht mehr am klassischen Hierarchieverständnis, sondern am Prinzip der Reziprozität im Sinne eines Gebens und Nehmens, auch eines wechselseitigen Kontrollierens.
- Neben der hierarchischen Kommunikation bilden sich neue Kommunikationsarchitekturen heraus, die für das Funktionieren der Netzwerke und crossfunktionalen Teams erforderlich sind, aber auch eine Rückkopplung mit der Hierarchie ermöglichen. Hierzu zählen zum Beispiel Kommunikationsplattformen für überregionale Meetings oder die Zusammenarbeit bei Innovationen.
Die Herausforderungen, vor denen die meisten Unternehmen noch stehen, sind enorm: Es gilt, die unterschiedlichsten Organisationsprinzipien – von der hierarchischen Steuerung über matrixartige Strukturen bis hin zur Arbeit in Netzwerken – gleichzeitig zu bewältigen.
Misfit für das Fit von morgen
Während der digitale Wandel voranschreitet, verharren die meisten Unternehmen organisatorisch in der Vergangenheit. Veränderungen verunsichern und lösen Ängste aus. In den Chefetagen wird die heilige Ordnung verteidigt, aber auch im mittleren Management und bei Mitarbeitern stoßen Change-Projekte auf Widerstand. Es fällt relativ leicht, neue Strategien wie etwa die Expansion auf neue Märkte durchzusetzen. Doch bei neuen Strukturen hört der Spaß im Allgemeinen auf: Nun sind Positionen oder gar Hierarchieebenen bedroht, Machtaspekte und Arbeitsplätze tangiert. Es drohen unangenehme Diskussionen und Turbulenzen, denen man lieber aus dem Weg geht.
An dieser Stelle gilt es in Erinnerung zu rufen: Unternehmerisch zu agieren, ist nun einmal mit Risiko behaftet. Als Manager in verantwortlicher Position ist es an der Zeit, bestehende Strukturen aufzubrechen und aktiv mit neuen Formen zu experimentieren – Stichworte sind verteilte Intelligenz, Diversität, Netzwerke. Auf diese Weise gilt es, das Misfit für das Fit von morgen zu wagen: heute bewusst Dinge neu kombinieren, die klassisch nicht zusammengedacht werden, aber morgen passen können. Das erfordert Augenmaß, Geduld und Balancegefühl, vergleichbar mit der Entwicklung einer neuen Technik im Bergsteigen: Free Solo ist nicht auf der grünen Wiese entstanden, sondern auf der Basis des bisher Gewachsenen – verbunden mit dem Mut, etwas Neues zu entwickeln.
Fazit: Experimentieren ist gefragt
Ohne Struktur und eine gewisse Hierarchie wird auch die Organisation der Zukunft nicht auskommen. Entscheidend wird es jedoch sein, eine Organisationsform zu finden, die der zunehmendem Komplexität der Umwelt gerecht wird. Wesentliche Merkmale einer solchen Organisation sind verteilte Intelligenz, Diversität und Agilität.
Fraktale Organisationen, modulare Organisationen, holografische Organisationen, demokratische Organisationen – es wird viel experimentiert beim Versuch, zu neuen Ufern des Organisierens zu gelangen. Es gibt kaum Erfahrungen und wie so oft in dieser Welt läuft die Theorie der Praxis hinterher. Auch beobachte ich eine immer größere Spreizung zwischen denen, die sich bemühen, ihre monolithischen Tanker mit einer Matrix-Organisation flottzubekommen, und möglicherweise bei der Idee einer Unternehmensdemokratie nur den Kopf schütteln. Und denen, die in sehr ernsthafter Weise reflektieren und mit neuen Formen experimentieren, dies auch als soziale Innovation verstehen.
Autor:
Wolfgang Zimmermann ist selbstständiger Berater und Sparringspartner für Unternehmen und Führungskräfte. Der obige Text ist ein Auszug aus seinem Buch „Umbruch in der Chefetage“, das 2016 bei Haufe erschienen ist.
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