Recruiting Trends: Mehr Technik und Tools im Recruiting

Der Personalbedarf in den Unternehmen ist ungebrochen. Das äußert sich in verstärkten Investitionen in Employer Branding, Active Sourcing und in neue Technik. Die Studie „Recruiting Trends 2019“ macht deutlich: Digitale Skills werden zu wichtigen Kompetenzen von Recruitern.

Die Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland plant, ihre Belegschaften weiter aufzustocken. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Studie „Recruiting Trends“ des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg und des Karriereportale Monster deutlich: Durchschnittlich 138 Stellen sind in diesem Jahr in den Top-1.000-Unternehmen zu besetzen. IT-Unternehmen suchen im Durchschnitt sogar nach 158 neuen Mitarbeitern. Doch die Challenges im Recruiting steigen: Insgesamt 48 Prozent der Stellen in den Top-1.000-Unternehmen gelten als schwer oder nicht besetzbar. Bei den IT-Unternehmen sind es sogar 68 Prozent.

Arbeitgeber optimieren ihr Employer Branding

Kein Wunder also, dass die meisten Arbeitgeber große Anstrengungen unternehmen, um ihr Recruiting und Employer Branding zu optimieren. So stellt die Studie, die seit 17 Jahren Daten zur Personalgewinnung in Deutschland erhebt, deutliche Verbesserungen im Employer Branding fest: Während sich die Unternehmen im Jahr 2018 noch eine durchschnittliche Schulnote 4+ für ihr eigenes Employer Branding gaben, verbesserte sich die Note in diesem Jahr auf eine glatte 3. 

Zu diesem positiven Eindruck trägt unter anderem bei, dass die Firmen stärker an ihrer Unternehmenskultur arbeiten und diese nach außen kommunizieren. Doch aus Sicht der Kandidaten zeigt sich hier noch Nachholbedarf: Sie legen bei einem Arbeitgeber vor allem Wert auf flexible Arbeitszeiten, die Arbeit von zuhause oder ortsunabhängiges Arbeiten. Aber die Unternehmen ziehen bei diesen Wünschen bisher nicht mit und legen stattdessen Schwerpunkte auf Teamwork, Unterstützung der Mitarbeiter und gegenseitige Wertschätzung.

Active Sourcing kommt an seine Grenzen

Active Sourcing hat sich als fester Kanal etabliert, um neue Mitarbeiter zu finden. Rund 14 Prozent der Unternehmen gehen proaktiv auf die Suche (Vorjahr: 13 Prozent). „Aber wir sehen, dass Active Soucing seit zwei oder drei Jahren an seine Grenzen kommt“, so Studienleiter Professor Tim Weitzel. Als hauptsächlichen Grund nennt er, dass die Kandidatenpools überfischt sind.

Viele Kandidaten erhalten zu viele Anfragen und sehen diese mittlerweile als Spam an. Zudem fürchten sie, von ihrem bisherigen Arbeitgeber dabei erwischt zu werden, wenn sie sich als „Suchend“ in den sozialen Netzwerken präsentieren. Das hat zur Folge, dass sich 64 Prozent der angesprochenen Kandidaten gar nicht zurückmelden und 16 Prozent eine negative Rückmeldung geben. Für die Unternehmen gestaltet sich Active Sourcing als teure Recruitingmethode.

Mitarbeiterempfehlungen haben sich als wichtiger Recruitingkanal etabliert

Mitarbeiterempfehlungen haben sich inzwischen als feste Nummer drei der Recruitingkanäle etabliert – nach Internet-Stellenbörsen und der eigenen Karrierewebseite, vor Printmedien, der Arbeitsagentur und Karrierenetzwerken. „Allerdings laufen die Empfehlungen deutlich häufiger offline als online“, so Tim Weitzel. „Mehr Kandidaten empfehlen offene Stellen im direkten Kontakt an den Bekanntenkreis als online über Karrierenetzwerke oder Netzwerkplattformen.“ 

Die Erfolge dieses Recruitingkanals sind gut. Laut Studie hat jeder fünfte Mitarbeiter seinen aktuellen Job durch eine Empfehlung. Aus Sicht der Unternehmen passen diese Beschäftigten besser zur Kultur (66 Prozent) und sind loyaler (63 Prozent) als Mitarbeiter, die über andere Kanäle gewonnen wurden.  Aber das Engagement der Empfehler flacht ab, weil sie Probleme erkennen: „Ich fühle mich für die Leistung der Empfohlenen verantwortlich“, sagen 68 Prozent. „Ich empfehle niemanden, da ich nicht mit Freunden zusammenarbeiten will“, sagen 26 Prozent. „Es frustriert mich, wenn meine Empfehlungen nicht eingestellt werden“, sagen 23 Prozent der befragten Bewerber.

Nachholbedarf beim Mobile Recruiting

Weiteren Entwicklungsbedarf gibt es beim Mobile Recruiting. „Mobile Recruiting ist in unserem Tagesgeschäft angekommen“, sagen 33 Prozent der befragten Top-1.000-Unternehmen und 45 Prozent der IT-Firmen. „Unsere Strategie bei Investitionsentscheidungen lautet ‚Mobile First‘“, sagen 37 Prozent der Top-1.000-Unternehmen und 20 Prozent der IT-Firmen. Die meisten sehen sich bei diesem Thema schlechter aufgestellt als der Wettbewerb. Gleichzeitig sind sie sich bewusst, dass sie Mobile Recruiting anbieten müssen, um nicht zu riskieren, potenzielle Kandidaten zu verlieren.

Auf Kandidatenseite wird das Smartphone immer häufiger zur Stellensuche eingesetzt. 53 Prozent suchen unterwegs per Smartphone nach interessanten Jobs (16 Prozent vor zwei Jahren). Geht es dagegen um Informationen zur Tätigkeit, den Stellenanforderungen und zum Unternehmen, wechseln die Kandidaten vermehrt zum Laptop. Insgesamt beschäftigen sie sich länger mit einer Stellenanzeige (über 30 Minuten) als Unternehmen mit einer Bewerbung (acht Minuten). Aber die Bewerbung übers Smartphone nimmt zu. Der wichtigste Grund dafür aus Kandidatensicht: 51 Prozent finden, dass die mobile Bewerbung Zeit spart und dadurch effizienter ist.

Besser Rekrutieren mit digitaler Unterstützung

Um ihr Recruiting weiter optimieren zu können, setzen die meisten Recruiter auf die Digitalisierung. 91 Prozent sehen die Digitalisierung positiv für die Effektivität und Effizienz des Recruitings an. Die Mehrheit erhofft sich für die Zukunft Unterstützung durch intelligente Systeme. Dementsprechend sehen die sie eine starke Bedeutungszunahme der Recruiter-Kompetenzen im datenbasierten Recruiting an. Aber auch Technik wie Apps und Gadgets müssen die Recruiter laut Studie in Zukunft beherrschen. Und sie müssen verstärkt in Employer-Branding-Kampagnen denken.

Bei den „Apps und Gadgets“ konkretisieren sich Chatbots für die digitale Karriereberatung als künftige „Hoffnungsträger“ heraus. Die Unternehmen sehen sie als sinnvoll an, um Standardfragen zu beantworten (75 Prozent). Die Kandidaten schätzen sie ebenfalls positiv ein, um Fragen zu stellen (61 Prozent) und um einen verbesserten Service auf der Stellenbörse zu erhalten (60 Prozent). Allerdings verfügen bislang nur gut zwei Prozent der Unternehmen über ein solches Angebot. Hier gibt es also noch Luft nach oben.


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