Start-ups: Neuer Schub für Gründer in Deutschland

Weltweit wächst die Gründungsfreudigkeit. Auch die deutsche Start-ups-Szene ist lebendig. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland in Sachen Unternehmertum allerdings hinterher, wie der aktuelle Global Entrepreneurship Monitor zeigt. Deshalb steuert die Bundesregierung jetzt gegen.

Derzeit stagniert die Gründungsneigung in Deutschland. Deshalb will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit einem neuen Gründerwettbewerb mehr Bewegung in die Start-up-Landschaft in Deutschland bringen. Start-ups, die mit Hilfe von modernen Technologien ihre Ideen realisieren, sollen mit Preisgeldern von bis zu 600.000 Euro sowie Beratung unterstützt werden. Für die Dynamik und Stärke der deutschen Wirtschaft seien Gründerinnen und Gründer besonders wichtig, da sie neue Märkte erschließen und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen, betonte das BMWi.

Gründerwettbewerb „Digitale Innovationen“

Seit etwa zwei Jahren bliebe die Zahl von 160.000 Unternehmensgründungen pro Jahr konstant - nach einem deutlichen Abwärtstrend in den Vorjahren. Jährlich sind nun zwei Wettbewerbsrunden geplant. Zusätzlich wolle das Ministerium Sonderpreise zu Themen der Digitalen Agenda ausschreiben. Im Fokus stehen vor allem kleine Unternehmen, die sich noch in der Startphase befinden. Gerade diese hätten häufig Schwierigkeiten, die Finanzierung sicherzustellen, sagte Wolfram Groß, Projektleiter des „Gründerwettbewerb - Digitale Innovationen“.

Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten

Außerdem soll die Lücke beim Risikokapital für junge Wachstumsunternehmen in Deutschland weiter geschlossen werden. Das Bundeswirtschaftsministerium sowie die staatliche Förderbank KfW haben gerade einen Investitionsfonds von 225 Millionen Euro für Start-up-Firmen in der frühen Wachstumsphase.

Expandierende Unternehmen sollen zudem leichter an Wagniskapital kommen über Fondsinvestoren. Dafür stehen weitere 500 Millionen Euro bereit aus dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) sowie dem ERP-Sondervermögen des Bundes. Das Finanzierungsangebot für innovative Firmen solle so erweitert und mehr privates Kapital mobilisiert werden, teilte das Wirtschaftsministerium in Berlin mit. Damit werde der Standort Deutschland für Wagniskapital attraktiver.

Deutscher Wagniskapitalmarkt zu klein

Der Finanzierungsbedarf eines Start-ups in Deutschland beträgt in zwei Jahren nach früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums im Schnitt 2,5 Millionen Euro. Die meisten jungen Firmen seien dabei auf Wagniskapital angewiesen. In Deutschland gebe es bisher aber nur wenige große Fonds, die entsprechendes Kapitalvolumen für Start-ups bereitstellen. Auch Börsengänge junger Unternehmen sind selten.

Der deutsche Wagniskapitalmarkt gilt - gemessen an der Wirtschaftskraft - als zu klein. In Deutschland werden dem Vernehmen nach nur 0,02 Prozent des Bruttoinlandsprodukts investiert. In den USA stehe - relativ zur Wirtschaftskraft - dagegen fast das 10-fache und in Israel knapp das 20-fache zur Verfügung. Während 2014 in Deutschland elf Börsengänge verzeichnet wurden, seien in demselben Jahr an der Londoner Börse 112 Unternehmen und in den USA 288 Unternehmen erstmals notiert worden, rechnete das Ministerium vor.

Neuer Fonds „Coparion“

Der neue Fonds „coparion“ soll sich direkt an innovativen Start-ups und jungen Technologieunternehmen beteiligen - aber immer zusammen mit einem privaten Investor in mindestens gleicher Höhe. Unterm Strich stünden so rund 450 Millionen Euro bereit. Über den EIF/ERP-Rahmen von 500 Millionen Euro sollen Wagniskapitalfonds und Fondsmanagern Mittel bereitstehen, um damit von ihnen gemanagte Co-Investitionsfonds zu refinanzieren. Aus diesen erhalten einzelne Unternehmen dann bis zu 20 Millionen Euro. Private Investitionen könnten so mindestens auf eine Milliarde Euro erhöht werden.

„Opportunity-Gründer“ in der Mehrheit

Weltweit wird die Mehrheit der Gründer übrigens eher von der Gelegenheit (dem Ausnutzen einer Marktchance) und nicht von der Notwendigkeit (aus Mangel an Erwerbsalternativen) angetrieben. Diese „Opportunity-Gründer“ machen 78 Prozent der Unternehmen in innovationsbasierten Wirtschaftssystemen und 69 Prozent jener in faktor- oder effizienzbestimmten Wirtschaftssystemen aus, wie aus dem Globale Entrepreneurship Monitor (GEM) hervorgeht.

Weltweit sind es durchschnittlich 70 Prozent der Erwachsenen, die Unternehmern in ihrer jeweiligen Gesellschaft einen „hohen Status“ zuschreiben. 21 Prozent der Erwachsenen aus den über 60 untersuchten Ländern beabsichtigen, in den nächsten drei Jahren ein Unternehmen zu gründen.

Angst vor dem Scheitern ist in Deutschland groß

In Deutschland haben 42,3 Prozent Angst vor dem Scheitern und nur 7,2 Prozent die Motivation, ein Unternehmen zu gründen. Damit steht Deutschland im weltweiten Vergleich auf der Liste der zur Unternehmensgründung motivierten Länder weit hinten auf Position 54 von den insgesamt 60 untersuchten Ländern. Entsprechend ist in Deutschland die Unternehmensgründung ein relativ seltenes Ereignis. Die deutsche TEA-Quote, der Anteil all jener 18-64-Jährigen, die „werdende Gründer“ oder Gründer „junger Unternehmen“ sind, bezogen auf die Gesamtheit der 18-64-Jährigen, sinkt im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Prozentpunkte auf 4,7 Prozent. Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte darin liegen, dass in Deutschland interessante Stellenangebote verfügbar sind, was im Allgemeinen die Zahl der Unternehmensgründungen senkt. Und auch, was den Frauenanteil der Unternehmensgründer betrifft, liefert Deutschland kein erfreuliches Ergebnis: so machen sich nur halb so viele Frauen wie Männer selbständig (Female/Male Ratio: 0,5). Faktorbasierte Länder zeigen hingegen die höchste weibliche TEA-Quote von durchschnittlich 20 Prozent. Diese Länder zeigen auch die höchste Frauenquote unter Unternehmern: auf 10 männliche Unternehmer kommen fast 9 Unternehmerinnen.

Gründer-Ökosystem weltweit gestalten

„Die unternehmerische Kapazität eines Landes hängt von der Koexistenz unterschiedlicher unternehmerischer Verhaltensweisen ab, die helfen, einen Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit zu schaffen, und anschließend von Selbstständigen zu Unternehmen mit der Motivation, Arbeitsplätze zu schaffen, Innovationen zu entwickeln und global zu agieren“, so die Studienautorin Professor Slavica Singer von der University of Osijek. „Mit dem Global Entrepreneurship Monitor wollen wir dieses Bewusstsein bei unternehmerischen Entscheidungsträgern und in Regulierungsbehörden verbreiten, das weltweit zur Gestaltung eines Gründer-Ökosystems beitragen kann.“

 

Mehr zur Situation von Start-ups in Deutschland und was etablierte Unternehmen von Start-ups lernen können, lesen Sie im Titelthema des Personalmagazins Ausgabe 4/2016.

 

dpa

Schlagworte zum Thema:  Gründung, Innovation, Digitalisierung