Traineeprogramme sprechen junge Talente nicht an

Bei der Nachwuchsförderung der Dax-Konzerne ist viel Luft nach oben. Zwar bieten 38 von 40 Unternehmen Traineeprogramme an, aber nur zwei von ihnen erfüllen die Anforderungen der jungen Generation zu mehr als 80 Prozent. Und nur sechs Unternehmen informieren transparent über die Gehälter.

Fünf Juroren und Jurorinnen zwischen 18 und 27 Jahren aus dem Digital8-Netzwerk haben die Absolventenprogramme der Dax-40-Unternehmen für Personen mit Bachelor- oder Masterabschluss unter die Lupe genommen und nach sechs Kriterien ausgewertet: Wie ist es um die Vielfalt der Stationen bestellt? Wie aussagekräftig ist der Webauftritt? Welche Benefits werden angeboten? Welches Gehalt und welche Perspektiven werden in Aussicht gestellt? Gibt es Testimonials? Was vermittelt das Unternehmen auf ihren Social-Media-Kanälen?

Das Ergebnis ist überraschend schlecht: Von insgesamt 28 Punkten, die erreicht werden konnten, erlangten die Dax-Unternehmen mit Traineeprogrammen im Durchschnitt 13,8 Punkte, also weniger als die Hälfte. Lediglich zwei Unternehmen erfüllten die Anforderungen der jungen Generation mit über 80 Prozent. Der Großteil der Firmen (26 Unternehmen) hatte einen Erfüllungsgrad von unter 50 Prozent, acht davon sogar von unter 30 Prozent.

Traineeprogramme: Woran es mangelt

Über ein Traineeprogramm wird eigentlich der Führungsnachwuchs ausgebildet und in die Kultur und die verschiedenen Bereiche des jeweiligen Unternehmens eingeführt. Aber so richtig ernst meinen es die Dax-Unternehmen damit offenbar nicht. Denn ein Viertel der Firmen lassen eine Zielfunktion in ihrem Traineeprogramm vermissen. Nur knapp die Hälfte der Unternehmen bietet ihren Trainees einen unbefristeten Vertrag an. Und eine One-Click-Bewerbung, etwa über Linkedin, ist bei keinem der untersuchten Traineeprogramme möglich.

Auch die Informationen zu den Programmen auf den Karriereseiten oder in Social Media sind nicht sehr aussagekräftig. Laut den Jurymitgliedern sind insgesamt noch zu wenig Alleinstellungsmerkmale zu erkennen. Vielfalt und Inklusion beschränken sich oft auf Stockfotos. Und nur sechs Unternehmen nennen das Gehalt der Trainees transparent.

Tipps für bessere Absolventenprogramme

Auf Basis ihrer Analyse haben die Jurymitglieder drei Empfehlungen für besseres Personalmarketing und Recruiting rund um Traineeprogramme formuliert:

  1. Optimierte User Experience End-to-End: Unternehmen müssen Brüche in der User Experience vermeiden. Dazu gehört ein straffer, interaktiver und automatisierter Bewerbungsprozess, der im besten Fall eine One-Click-Bewerbung ermöglicht. Auch schnelle Rückmeldungen an die Bewerbenden innerhalb von maximal einer bis zwei Wochen sind nötig. Nach der Vertragsunterschrift ist weiterhin kontinuierliches Engagement erforderlich – mit einem guten Pre-Boarding, das zum Beispiel Community-Events und Learning-Nuggets bereitstellt. 
      
  2. Keine Silo-Programme: Wichtig ist eine generalistische Ausrichtung der Programme mit Flexibilität in der Zielfunktion. Die Programme sollten fest integrierte internationale Stationen vorsehen – und nicht nur eine vage formulierte Idee davon vermitteln. Des Weiteren gehören übergreifende Projekte für die Nachwuchskräfte mit dazu, bei denen zum Beispiel alle an "Impact-Fridays" an innovativen Themen arbeiten. Auch ein Blick über den Tellerrand sollte enthalten sein, bei dem Trainees außerhalb des Konzernumfelds, etwa in Startups oder bei Dienstleistern, Erfahrungen sammeln.
      
  3. Perspektiven aufzeigen: Um Interessenten Entwicklungsperspektiven im Unternehmen nennen zu können, ist ein transparenter Umgang mit Gehältern wichtig: Wie ist das Einstiegsgehalt? Welche Entwicklungsschritte sind möglich? Gut ist es, wenn konkrete Laufbahnen anhand von Testimonials und/oder mit Kennzahlen verdeutlicht werden: "Die Hälfte unserer Nachwuchskräfte ist…", "In drei Jahren zum XX."

Konkret und authentisch

Für die Gewinnung von Talenten für ein Traineeprogramm gilt wie im Recruiting allgemein: Menschen vertrauen Menschen. Das Nennen der konkreten Ansprechpartner und die Einbindung von nahbaren Testimonials mit Erfahrungsberichten machen das Programm greifbar und bauen Hemmschwellen ab.

Für die Untersuchung wurden lediglich Traineeprogramme untersucht, keine Programme für Auszubildende und dual Studierende. Viele der Schlussfolgerungen lassen sich laut den Jurymitgliedern aber auch auf die Azubiprogramme und Angebote für Duale Studiengänge übertragen.


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