Wie Performance Management zum Organisationserfolg beiträgt

Die Autoren geben in diesem Beitrag einen Überblick zum Stand der Forschung zur Effektivität von Performance Management. Ausgangspunkt ist die übergreifende Frage, ob Performance Management überhaupt einen positiven Einfluss auf den Organisationserfolg hat.  

Die schon seit einigen Jahren in Unternehmen wahrnehmbare Kritik am "klassischen Performance Management" erreichte 2019 einen Höhepunkt, als Bosch und andere Unternehmen grundlegende Veränderungen umsetzten. Was teilweise als eine grundsätzliche Abkehr von einer integrierten Leistungssteuerung wahrgenommen wurde, entpuppte sich in den meisten Fällen jedoch als eine Neuausrichtung einzelner Instrumente wie die Umstellung von individuellen Zielen auf Unternehmensziele, die Einführung der Steuerungslogik OKR statt MbO oder die Stärkung subjektiver Leistungsbeurteilungen neben objektiv messbaren Zielen. "Performance Management im Umbruch: Eindeutiger Trend oder bunter Blumenstrauß?" lautet entsprechend der Titel einer Handreichung des Bundesverbands der Personalmanager (2018), wodurch die unscharfe Verwendung des Begriffs Performance Management hervortritt. Nicht nur in der Praxis sondern auch in der Personalforschung werden unter dem Begriff Performance Management unterschiedlichste Themengebiete subsumiert, vor allem Zielvereinbarungen, Leis­tungsbeurteilung und Feedback-Systeme (Brown et al., 2018).

Gesamtsystem Performance Management im Blick

Wir wollen uns nicht mit einzelnen Instrumenten des Performance Managements wie der variablen Vergütung beschäftigen, sondern das Gesamtsystem in den Blick nehmen. In diesem Sinne folgenden wir der Definition von Aguinis (2013) und verstehen Performance Management (PM) als einen kontinuierlichen Prozess der Messung und Entwicklung von Leis­tung einzelner Individuen und Teams sowie die Ausrichtung dieser Leistungen an den strategischen Zielen einer Organisation. PM nimmt also eine zentrale Rolle bei der Personalarbeit ein und ist eng verflochten mit anderen Personalpraktiken wie zum Beispiel der Mitarbeiterentwicklung und der Gehaltsfindung. Selten aber sind Führungskräfte und Mitarbeiter angetan vom Performance Management im eigenen Unternehmen und gerade die Durchführung von Leistungsbeurteilungen ist "the job managers love to hate" (Murphy, 2020, S. 15). Entsprechend häufig finden sich Versuche in Organisationen, das interne PM radikal zu überdenken und neue Ansätze einzuführen. Ganz ohne eine Leistungsbeurteilung scheint es trotzdem nicht zu gehen, schließlich müssen faire Gehalts-, Entwicklungs- und Beförderungsentscheidungen getroffen werden, die auf möglichst validen Informationen zu Leistung und Potenzial der Mitarbeiter beruhen sollten. Und wie sollte das funktionieren, ganz ohne Maßstäbe für die Mitarbeiterleistung? Diese breite, in viele Bereiche gehende Rolle des Performance Managements erschwert die Messung der Effektivität eines guten PM-Systems erheblich, auch wenn ein Blick auf die Praxisliteratur zum Thema anderes vermuten lässt.

Wir möchten in diesem Beitrag einen Überblick zum Stand der Forschung zur Effektivität von Performance Management  geben. Unsere Ausführungen lehnen sich stark an einen Beitrag von Schleicher, Baumann, Sullivan und Yim (2019) an und werden ergänzt durch neuere Studien zu einzelnen Aspekten von Performance Management. Da wir vornehmlich an der empirischen Evidenz zur Effektivität von PM-Systemen interessiert sind, gehen wir nur am Rande auf Gestaltungs­parameter eines Performance-Management-Systems ein (siehe hierzu zum Beispiel Schleicher/Baumann/Sullivan/Levy/Hargrove/ Barros-Rivera, 2018) und konzentrieren uns auf die Wirkung auf Führungskräfte und Mitarbeiter. Hierzu beginnen wir, angelehnt an Kirkpatricks Modell zur Trainingsevaluation, mit den Reaktionen auf das PM, gefolgt von Lernen und Transfer der Mitarbeiter und Führungskräfte. Anschließend schauen wir auf den Einfluss von Performance Management auf operative und finanzielle Ergebnisgrößen, bevor wir – basierend auf Schleicher und Kollegen (2019) – ein Gesamtmodell darstellen. Starten möchten wir mit der übergreifenden Frage, ob Performance Management überhaupt einen positiven Einfluss auf den Organisationserfolg hat.

Wirkung von Performance Management auf die Leistung der Organisation

Der Einfluss von Performance Management auf Ergebnisgrößen der Organisation kann als das "ultimative" Kriterium zur Beurteilung des PM-Systems beschrieben werden. Auf dieser aggregierten Ebene ist die Studienlage recht klar und zeigt vielfältige positive Einflüsse des PM auf Ergebnisgrößen der Organisation. Schleicher und Kollegen (2019) analysieren insgesamt 20 Einzelstudien, die den Zusammenhang zwischen Performance Management und Organisationserfolg untersuchen, wobei jeweils unterschiedliche Erfolgsmaße wie Produktivität oder finanzieller Erfolg der Organisation herangezogen werden. Übergreifend zeigt sich ein positiver Einfluss, den  die Autoren allerdings – nicht wie sonst in Metaanalysen üblich – in Form von Korrelationen quantifizieren. Gleichzeitig ist aber kein einzelnes PM-System sozusagen als Best Practice aus diesen Studien hervorgegangen. Vielmehr muss das komplexe Zusammenspiel der einzelnen HR-Praktiken untereinander sowie mit der Unternehmensstrategie und dem Umfeld miteinbezogen werden. Schleicher und Kollegen (2019) sprechen in diesem Kontext von "Emergence Enablers", welche die Effektivität des Performance Management für die Organisationsleistung (über Mitarbeiter und Führungskräfte) positiv beeinflussen können. Beispielsweise können die positiven Effekte von Performance Management auf die Organisationsleis­tung davon abhängen, wie Team und Führungskraft dem PM gegenüberstehen. Auf abstrakter Ebene sind diese Emergence Enablers vor allem Organisationskultur, Wissenstransfer und Führung sowie auf Teamebene Vertrauen, Kollaboration und Kohäsion. Insgesamt reicht die Befundlage für dieses komplexe Zusammenspiel aber noch nicht aus, klare Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Wie reagieren Mitarbeiter und Führungskräfte auf Leis­tungsbeurteilungen?

Reaktionen auf den PM-Prozess und insbesondere auf Leis­tungsbeurteilungen sind bedeutsam, weil sie das Verhalten nach der Bewertung, das Lernen aus dem Leistungs-Feedback und die sozialen Interaktionen zwischen den Organisationsmitgliedern beeinflussen. Wenn Mitarbeiter und Führungskräfte negativ auf den PM-Prozess reagieren, hat das PM-System einen schweren Stand in der Organisation. 

Es mag wenig überraschen, aber das häufigste Ergebnis empirischer Studien zu Reaktionen auf Leistungsbeurteilungen ist, dass auf negatives Feedback in der Leistungsbeurteilung negative Emotionen bei den Mitarbeitern folgen. Positives Feedback dagegen scheint keine positiven affektiven Reaktionen bei den Beurteilten auszulösen; bisherige Studien konnten hier insgesamt keinen substanziellen Zusammenhang feststellen. Losgelöst vom Inhalt der Leistungsbeurteilung werden positive Reaktionen der Mitarbeiter am stärksten durch informelle Prozesse beeinflusst, Reaktionen der Manager dagegen stärker von formalen Prozessen im PM-Prozess. Für Mitarbeiter ist es entsprechend wichtig, dass (1) sie in den PM-Prozess aktiv eingebunden werden, (2) sie wissen, wie der PM-Prozess abläuft und (3) sie glauben, dass ihre Vorgesetzten fair und vorurteilsfrei bewerten. Für Manager dagegen sind es stärker der Ansatz zur Leistungsmessung und individuelle Faktoren wie bisherige Erfahrungen mit PM-Prozessen, die bei ihnen positive wie auch negative Reaktionen auslösen können.

Was lernen Mitarbeiter und Führungskräfte durch und über das Performance Management?

Durch das Performance Management können Organisationsmitglieder vor allem Aspekte aus zwei Bereichen lernen, ers­tens Dinge über das Performance Management, zum Beispiel über die vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten, zweitens ermög­licht es eine Selbstreflexion, zum Beispiel über die eigenen Stärken und Schwächen. Hier ist zu beobachten, dass sich in der Praxis der Fokus von PM-Systemen zum Lernen verschoben hat, ausgedrückt beispielhaft am „Constant Learning“ in Deloittes PM-System (Buckingham/Goodall, 2015) oder der von Cappelli und Tavis (2016) beobachteten Verschiebung des zentralen Zwecks der PM-Systeme von der Zuschreibung von Verantwortlichkeiten hin zum Lernen. Empirische Studien in diesem Bereich haben häufig die Qualität der Leistungsbeurteilungen durch Führungskräfte untersucht. Hier haben sich "Frame-of-Reference"-Trainings bewährt, da durch die dort enthaltene Vermittlung gemeinsamer Leistungsstandards eine bessere Vergleichbarkeit und höhere Genauigkeit der Leistungsbeurteilungen erreicht werden kann.

Ansonsten gibt es eine überschaubare Anzahl an Studien, die für verschiedene Aspekte informeller wie auch formaler Prozesse zeigen konnten, dass sie zum Beispiel die Rollenklarheit, die Motivation sich zu verbessern oder die Selbstwirksamkeit erhöhen können.

Wie gelingt der Transfer auf Aspekte außerhalb des PM-Systems?

Ein gutes PM-System muss einen Einfluss auf die individuelle Leistung der Organisationsmitglieder haben, ansonsten verfehlt es die Kernaufgabe. Hier zeichnet eine Gesamtschau der recht vielen Studien zum Thema einen klaren Zusammenhang zwischen Performance Management und Mitarbeiterleistung. Schaut man auf einzelne Bausteine des PM-Systems, so wirken die Etablierung von Zielvereinbarungen, Feedback, Mitarbeiterpartizipation und entwicklungsorientierte Leistungsbeurteilungen positiv auf die Mitarbeiterleistung.

Neben der Mitarbeiterleistung wurde vor allem die Wirkung von Performance Management auf die Arbeitseinstellungen der Mitarbeiter untersucht, hier besonders Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment. Ähnlich wie schon bei Studien zur Mitarbeiterleistung genannt, zeigen sich vielfältige Beziehungen zwischen der Ausgestaltung des PM und Arbeitseinstellungen der Mitarbeiter. Für Arbeitszufriedenheit konnten bspw. Zusammenhänge gezeigt werden mit dem Inhalt der Meetings zur Leistungsbeurteilung, der Verwendung von Zielvereinbarungen, Art und Ausmaß von Feedback oder auch die Erklärungen zur Bedeutung der Leistungsbeurteilungen. Das organisationale Commitment hängt zusammen mit entwicklungsorientierten Leistungsbeurteilungen, der fairen Behandlung durch den Vorgesetzten sowie ebenfalls mit Zielvereinbarungen und Feedback.

Insgesamt ergibt sich also ein durchaus positives Bild für diese wichtigen Ergebnisgrößen von PM, die aber noch keine Folgen auf organisationaler Ebene beinhaltet. Theoretisch könnte sich zwar die Leistung einzelner Mitarbeiter verbessern, dieses sich aber nur marginal oder gar nicht in der Leistung der Organisation widerspiegeln.

Gesamtmodell empirischer Studien zur Effektivität von PM

Unsere bisherigen Ausführungen haben sich auf einzelne Folgen von PM-Systemen bezogen, ohne ein integriertes Modell der empirischen Befunde zu liefern. Trotzdem sollte beim Leser nicht das Bild eines „anything goes“ beim Performance Management entstehen. Aus diesem Grund möchten wir auf ein Gesamtmodell eingehen, in dem Schleicher und Kollegen (2019) die Effekte aus bisherigen Studien zum PM zusammenfassen (vgl. Abb. 1). Dieses Modell ist nicht so präzise, dass sich daraus Zusammenhänge zwischen einzelnen Komponenten des PM-Systems mit einzelnen Reaktionen oder Leistungsveränderungen bei den Mitarbeitern ableiten lassen. Es dient aber erstens als Beleg für die allgemeine Bedeutung von Performance Management und zweitens als erster Anker für eine Beurteilung der Effektivität für Evaluationskriterien in den von uns diskutieren Bereichen. In der Abbildung werden die durchschnittlichen Korrelationskoeffizienten (r) und die Anzahl der zur Berechnung einbezogenen Studien (k) dargestellt. Bspw. ist die Korrelation zwischen dem Lernen dem Transfer der Mitarbeiter r = 0,38, basierend auf k=9 Studien.

Gesamtmodell empirischer Studien zur Effektivität von PM

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

  • Performance Management ist mehr als die reine Erfassung der Mitarbeiterleistung, auf die es häufig reduziert wird. Vielmehr ist PM nur im Zusammenhang mit vielen anderen HR-Praktiken und Kontextfaktoren zu verstehen.
  • Bisherige Studien zeigen positive Zusammenhänge zwischen PM-Systemen und verschiedenen Effektivitätsmaßen wie Mitarbeiterleistung und Organisationsleistung.
  • Ein bestimmtes PM-System als übergreifende, organisationsunabhängige Best Practice gibt es nicht.
  • Organisationen sollten für die Evaluation des PM-Systems eine Mehrzahl von Kriterien aufnehmen, die aus verschiedenen Quellen kommen und auf die Organisationsziele abgestimmt sind.


Literaturverzeichnis:

Aguinis, H. (2013): Performance Management (3rd Edition). John Wiley & Sons.

Brown, T. C./O’Kane, P./Mazumdar, B./McCracken, M. (2019): Performance management: A scoping review of the literature and an agenda for future research. Human Resource Development Review, 18(1), 47-82.

Bundesverband der Personalmanager (2018): Performance Management im Umbruch: Eindeutiger Trend oder Bunter Blumenstrauß? https://www.bpm.de/sites/default/files/sb_bpm_performance_management_web-version_180323.pdf

Buckingham, M./Goodall, A. (2015): Reinventing performance management. Harvard Business Review, 93(4), 40-50.

Cappelli, P./Tavis, A. (2016): The performance management revolution. Harvard Business Review, 94(10), 58-67.

Murphy, K. R. (2020): Performance evaluation will not die, but it should. Human Resource Management Journal, 30(1), 13-31.

Schleicher, D. J./Baumann, H. M./Sullivan, D. W./Levy, P. E./Hargrove, D. C./Barros-Rivera, B. A. (2018): Putting the system into performance management systems: A review and agenda for performance management research. Journal of Management, 44(6), 2209-2245.

Schleicher, D. J./Baumann, H. M./Sullivan, D. W./Yim, J. (2019): Evaluating the effectiveness of performance management: A 30-year integrative conceptual review. Journal of Applied Psychology, 104(7), 851-887.


Dieser Beitrag ist erschienen im Wissenschaftsjournal PERSONALquarterly 3/2021. Hier gelangen Sie zur Ausgabe zum Thema "Wissensmanagement".


Schlagworte zum Thema:  Performance-Management, PERSONALquarterly