Arbeitszeiterfassung per App
Bei der Erfassung der Arbeitszeiten sind die meisten Unternehmen in Deutschland gut aufgestellt. Laut IDG-Studie "Digitalisierung im Personalwesen" ist die Zeiterfassung der HR-Prozess mit dem zweithöchsten Automatisierungsgrad, gleich nach der Entgeltabrechnung. 63 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass sie eine Zeiterfassungssoftware nutzen. Weitere 28 Prozent planen den Einsatz und nur neun Prozent sagen, dass sie weder eine digitale Zeiterfassung haben noch eine solche planen.
Mehr Nachfrage nach Zeiterfassungssoftware
Die Studienergebnisse basieren auf einer Online-Umfrage, die bereits 2021 durchgeführt wurde. Heute würden sicherlich mehr Arbeitgeber sagen, dass sie beabsichtigen, eine Software für die Arbeitszeiterfassung einzuführen, wenn diese nicht sowieso schon vorhanden ist. Darauf deuten die Beobachtungen der Anbieter hin, die sie seit dem BAG-Urteil vom September 2022 gemacht haben.
"Auf jeden Fall hat das Urteil die Nachfrage nach Zeiterfassungslösungen nochmals deutlich erhöht – das sieht man allein schon am entsprechenden Google-Suchvolumen. Viele Unternehmen wollen lieber vorbereitet sein, als dann, wenn das tatsächliche Gesetz kommt, überstürzt reagieren", sagt Bökey Engin, Head of Operations bei Absence.io. Wie er festgestellt hat, kommt das aktuelle Nachfrageplus nicht so sehr aus der Produktions- oder Dienstleistungsbranche – hier gehört das Erfassen der absolvierten Stunden normalerweise zum Job –, sondern vor allem aus Bereichen, in denen eine Stundenerfassung bislang nicht relevant war: aus Agenturen, Büros und Firmen mit klassischen "Knowledge-Workers".
Ähnlich hat das auch Patrick Ruh, CMO und Co-Founder bei Timebuzzer, wahrgenommen: "Das Interesse an digitalen Zeiterfassungslösungen ist deutlich gestiegen, da es offensichtlich der einfachste Weg ist, die Forderung nach einem 'objektiven, zuverlässigen und zugänglichen System' zu erfüllen. Aber auch der Trend zum hybriden Arbeiten hat schon in den vergangenen Jahren mehr Unternehmen dazu veranlasst, ihre Zeiterfassungslösungen zu erneuern und auf flexiblere Systeme umzustellen", ergänzt er.
Der Wunsch vieler Unternehmen, ihre HR-Arbeit gesamtheitlich digital aufzustellen, führt ebenfalls dazu, dass Software für die Zeiterfassung gut gefragt ist – nicht erst seit dem BAG-Urteil. Christian Ebbecke, Managing Director von HRlab, beobachtet schon seit einiger Zeit den Trend, bestehende Zeitwirtschaftssysteme, die länger im Einsatz sind, durch neuere ganzheitliche Lösungen zu ersetzen. "Hintergrund ist, dass mehr und mehr eine vollständige Digitalisierung der Personalarbeit gewünscht wird, was sich deutlich einfacher durch integrierte Systeme erreichen lässt als durch den Einsatz einzelner Lösungen", sagt er.
Allerdings gibt es auch Unternehmen, die beim Thema Zeiterfassung weiterhin abwarten oder bei denen die Beschäftigten ihre Zeiten manuell erfassen, mit Zettel und Stift oder in Excel-Listen. "Einige Unternehmen sitzen das tatsächlich aus. Größtenteils diktieren die aktuellen wirtschaftlichen Probleme ihr Tagesgeschäft", sagt Marc Hoffmeister, Geschäftsführer der Miditec Datensysteme, und ergänzt: "Die Nachfrage nach digitalen Zeiterfassungs-Tools richtet sich hauptsächlich nach dem verfügbaren Budget – obwohl sich mit diesen Tools mittel- und langfristig Geld sparen lässt."
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Cloudbasierte Systeme für hybride Arbeitswelten
Natürlich müssen die Beschäftigten nicht zwingend ihre Arbeitszeiten digital erfassen. Wie die Erfassung erfolgt, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Und so werden die Arbeitszeiten in den Unternehmen auf ganz verschiedene Art und Weise dokumentiert – manchmal sogar von Team zu Team unterschiedlich –, wenn überhaupt. "Bei den Unternehmen, die sich für eine Zeiterfassungslösung interessieren, finden wir alles – von 'gar nichts' über 'Excel plus Handzettel' bis hin zu modernen Lösungen, die jedoch oft inhomogen eingeführt wurden, ohne einheitliche zentrale Steuerung. Wo schon digital erfasst wird, gibt es häufig einen Wildwuchs mit Terminals, Apps, Browser- und auch Kiosk-Lösungen, wobei das je nach Mitarbeitergruppe und Standort unterschiedlich sein kann", berichtet Alexander Zeilner, Senior Pre-Sales Solutions Manager bei UKG. Seiner Beobachtung nach schaffen die meisten Unternehmen auf Druck der Betriebsräte Excel und Papier ab, weil die Arbeitnehmervertretungen mit einer modernen Zeiterfassung zeigen wollen, was die Belegschaft leistet.
Die Zukunft der Zeiterfassung wird also digital sein. Zwei weitere Gründe für eine moderne Zeiterfassungssoftware wurden bereits erwähnt: Der Wunsch vieler Unternehmen, ihre gesamte Personalarbeit zu digitalisieren und zu vereinheitlichen, sowie der Trend zum hybriden Arbeiten. "Während früher klassische Terminals zum Einsatz kamen, an denen die Mitarbeitenden mit Chipkarten ein- und ausstempelten, werden heute cloudbasierte Systeme bevorzugt. In Verbindung mit Apps für Computer oder Smartphones können die Mitarbeitenden so ihre Arbeitszeiten ganz einfach überall erfassen – im Büro, im Homeoffice oder unterwegs. So bleibt flexibles Arbeiten möglich und die lückenlose Dokumentation stellt sicher, dass die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen – die es auch davor schon gab – nicht verletzt werden", sagt Patrick Ruh.
Digitale Zeiterfassungssysteme: Weniger Aufwand für HR
Damit spricht er ein Thema an, das viele Personalabteilungen fürchten: den Arbeitsaufwand. Sie müssen die von den Beschäftigten erfassten Arbeitszeiten überprüfen, gegebenenfalls Pausenzeiten abziehen, Korrekturen durchführen und Überstunden berechnen. "Damit die Zeitwirtschaft nicht zu einem Bürokratiemonster wird, empfehlen wir, die Verantwortung zur Erfassung von Arbeitszeiten an die Mitarbeitenden zu übertragen", sagt er. Dabei sollten Unternehmen vor allem darauf achten, dass die Zeiterfassung einfach und schnell funktioniert und von überall möglich ist.
Das sieht Christian Ebbecke ähnlich: "Moderne Zeitwirtschaftslösungen lassen sich fast immer so einrichten, dass deutlich weniger Arbeit anfällt als beim Ausfüllen von Excel-Listen oder anderen Tools." Smarte Zeitwirtschaftslösungen sind nicht nur effiziente Tools, mit denen die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten ortsunabhängig und vor allem schnell und unkompliziert erfassen können. Sondern sie verringern auch den Arbeitsaufwand für die Personalabteilungen.
Musterrechnung: Was Zeiterfassung mit Excel kostet Geht man davon aus, dass die Mitarbeitenden rund zehn Minuten am Tag für das Eintragen ihrer Daten in die Excel-Zeiterfassung verbringen (Datei suchen, öffnen, Eintragungen vornehmen, speichern, korrigieren et cetera), können sich die Kosten bei 100 Mitarbeitenden pro Jahr auf fast 100.000 Euro summieren (gerechnet mit einem durchschnittlicher Stundenlohn bei Vollzeitbeschäftigten von 23,75 Euro laut Statistischem Bundesamt):
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Auch die Kosten für digitale Zeiterfassungssysteme sind in den meisten Fällen geringer als für eine manuelle Zeiterfassung. "Kostengünstig sehen händische Lösungen immer dann aus, wenn ich den Wert der internen Arbeitszeit mit Null ansetze. Das ist natürlich falsch", sagt Bökey Engin. Er hat die Kosten für die Zeiterfassung mit der Excel-Variante durchgespielt. "Hinzu kommt der Aufwand, der in HR oder der Geschäftsführung entsteht. Hier werden die Excel-Tabellen geprüft und bei Bedarf repariert, zusammengeführt, ausgewertet, die Überstunden verrechnet, die Urlaubstage gegengerechnet und so weiter", ergänzt er. Auch diese Zeit koste das Unternehmen bares Geld. "In einer digitalen Lösung wird das alles automatisiert und im Hintergrund direkt verknüpft sowie verarbeitet", so Bökey Engin.
Mitarbeitende in Zeiterfassung besser einbinden
Die Einblicke der Anbieter in den deutschen Markt machen deutlich: Nicht erst das BAG-Urteil hat zu einem Umbruch in der Zeiterfassung geführt. "Die Unternehmen legen den Fokus auf mobile Erfassung, sie binden die Mitarbeitenden stärker ein und fördern deren Selbstständigkeit", ist die Beobachtung von Alexander Zeilner. Damit die Beschäftigten dabei aber mitspielen, sei eine einheitliche Oberfläche auf allen Endgeräten wichtig sowie einfache und intuitiv zu bedienende Software. "Ohne die Mitarbeitenden mit Komplexität zu verprellen", so Alexander Zeilner. Wichtig sei es, dass die Software individuell zugeschnittene Informationen und Self-Services zur Verfügung stellt, um einen Mehrwert für die Beschäftigten zu generieren. "Und dass sie die Komplexität im Hintergrund managt."
Die Anforderungen an die Zeiterfassungssysteme steigen – und die Hersteller reagieren mit Neuentwicklungen. Dazu gehören zum Beispiel integrierte Lösungen für das Workforce-Management, die Zeiterfassung, Zeitwirtschaft, Abwesenheitsverwaltung und – wo notwendig – Personaleinsatzplanung beinhalten. Dazu gehören auch Workflows für Urlaubsanträge, Dienstreisen sowie übersichtliche Kalenderansichten: "Durch eine smarte Lösung entsteht Transparenz, die allen Beteiligten zugutekommt: Jeder Befugte kann einsehen, wer wann verfügbar und wie am besten erreichbar ist. Arbeitgeber können ohne viel Aufwand lückenlos alle Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten nachweisen, während Letztere im Zweifelsfall ihre Mehrarbeit dokumentieren und entsprechende Vergütung geltend machen können", sagt Marc Hoffmeister und ergänzt: "Unzureichend gestaltet sich das Ganze nur, wenn veraltete oder einfache Systeme zum Einsatz kommen, die diese Funktionen nicht bieten."
Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 1/2023. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.
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