Ambidextrie ist ein Baustein erfolgreicher HR-Arbeit
"Abbau, Umbau, Aufbau: Ist HR für Ambidextrie in Unternehmen bereit?" Mit dieser Frage beschäftigten sich Sabine Kluge (Kluge & Konsorten), Sirka Laudon (Axa Deutschland) und Angelika Kambeck (Klöckner) in einem virtuellen Workshop auf der Zukunft Personal Europe Virtual 2020. Moderiert von Stefanie Hornung (New Management & Personalmagazin) entstand ein reger Austausch und letztlich der Konsens: Ambidextrie ist ein wesentlicher Baustein unternehmerischen Erfolges und muss sich somit in den Maßnahmen und der Strategie von HR widerspiegeln.
Ambidextrie darf kein Zufallsprodukt sein
Dabei gehe es nicht nur darum, im ursprünglichen HR-Verständnis des Begriffes (Beidhändigkeit), sich als Führungskraft auf verschiedene Mitarbeiter und deren Bedürfnisse einzustellen, sondern auch Organisationsstrukturen und Prozesse entsprechend anzupassen beziehungsweise zu gestalten, befand Sirka Laudon. Dem stimmte Sabine Kluge grundsätzlich zu, ergänzte jedoch: Ambidextrie, also beispielsweise gleichzeitig Effizienz und Flexibilität zu verfolgen, dürfe kein Zufallsprodukt sein. Vielmehr müsse es das Ergebnis eines planvollen Vorgehens sein, welches die Beraterin in vielen Unternehmen derzeit noch vermisst. Stattdessen bildeten sich agile Inseln, während der Rest des Unternehmens weitermache wie gehabt.
Altes Knowhow bewahren, für neue Wege offen sein
Doch wie kann ein solches Vorgehen praktisch aussehen? Angelika Kambeck lieferte dazu ein Beispiel: "Einige unserer Mitarbeiter im Stahlgeschäft sind 30, 40 Jahre bei uns. Sie haben eine ungeheure Erfahrung, einige können Veränderungen am Stahl nahezu riechen." Derartige Fähigkeiten und Erfahrungen müssten bewahrt werden – und gleichzeitig der Blick auf künftige Herausforderungen und neue Geschäftsfelder gerichtet werden. Aus diesem Grund bietet Klöckner Führungskräften digitale Coachings an, die ihnen helfen sollen, ihr Sprechen, Denken und Handeln kontinuierlich zu reflektieren – und so Offenheit für neue Wege zu schaffen. Das gelte im Übrigen auch für langjährige Beschäftige. "Abbau und Aufbau von Personal gehören in Unternehmen dazu, nur erleben wir, dass die Zyklen dafür immer kürzer werden", sagte Kambeck. Mitarbeiter müssten folglich lernen, mit dieser Unsicherheit ein Stückweit zu leben und ein Arbeitsverhältnis auch als Partnerschaft auf Zeit zu begreifen.
HR muss Ambidextrie in Führungskräfteentwicklung berücksichtigen
Beim Führungsverhalten setzt auch Laudon an. Einen einheitlichen Führungsstil anzustreben, sei nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollten verschiedene Stile in Unternehmen koexistieren können. Gleichzeitig müsse der Führungsbegriff neu gedacht werden. "Bislang hat die Personalentwicklung auf Karrieren im Sinne von disziplinarischer Führung abgezielt. Das passt nicht zu agilen Strukturen und crossfunktionalen Teams." HR muss also Wege finden, dem veränderten Führungsverständnis in seiner Personalentwicklung Rechnung zu tragen. Eigenschaften wie Charisma und Empathie würden zunehmend wichtiger, da sie Personen eine natürliche Autorität verleihen. Diese Beobachtung bestätigte auch Kluge: "Aus verschiedenen Graswurzelinitiativen weiß ich, dass sich auch in scheinbar hierarchielosen Gruppen nach einer Zeit natürliche Hierarchien ausbilden." Kluge sieht darin ein menschliches Bedürfnis nach Führung. Die Aufgabe von Führungskräften sieht sie folglich darin, die Widersprüche zwischen agil und strukturiert, effizient und flexibel sowie innovativ und bewahrend auszuhalten und zu managen.
Fazit zum "Panel der starken Frauen"
Der bereits vorab auf Linkedin als "Panel der starken Frauen" gelobte Workshop wurde auf inhaltlicher Ebene seinem Anspruch gerecht, obwohl Elke Frank (Software AG) ihre Teilnahme kurzfristig absagen musste. Bei der technischen Umsetzung holperte es einmal mehr: Erst nach einigen Minuten waren Teilnehmerinnen zu hören und zu sehen – auch dank promptem Support durch die Zuschauer im Chat. Danach hakte die Tonspur zwar noch einige Male, ansonsten lief der Workshop aber stabil. Was erstaunlich gut funktionierte: Trotz räumlicher Trennung gingen die Teilnehmerinnen immer wieder aufeinander ein, der Workshop erwies sich somit tatsächlich als Miteinander und nicht, wie leider oft bei virtuellen Formaten, als Nebeneinander – und damit als brauchbare Alternative in Zeiten des Abstandshaltens. An die Energie und Dynamik eines echten Podiums reicht die digitale Variante jedoch nicht heran.
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