Zukunft der Ausbildung: neue Pläne, alte Probleme
Eine laut Verdi „historische Tarifeinigung“ haben die Auszubildenden in einigen Berufen des Gesundheitswesens gerade selbst errungen: Tausende Auszubildende in Krankenhäusern bekommen vom 1. Januar 2019 an durch eine Tarifeinigung erstmals eine Vergütung. Azubis zum Diätassisten, Ergotherapeuten, Logopäden, medizinisch-technischen Assistenten, Orthoptisten und Physiotherapeuten sollen im ersten Ausbildungsjahr 965,24 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 1.025,30 Euro und im dritten Ausbildungsjahr 1.122,03 Euro erhalten.
Schulische Ausbildung bisher meist ohne Vergütung
Der Hintergrund: Teilnehmer von sogenannten schulischen Ausbildungen erhalten – im Gegensatz zu Azubis der dualen Ausbildung – in der Regel keine Vergütung. Sie arbeiten nicht zusätzlich im Betrieb, sondern besuchen ausschließlich eine Berufsfachschule. Hat die Schule einen privaten Träger, sind teilweise Schulgebühren zu entrichten. Der Staat vergibt dafür das Schüler-Bafög. Klassische schulische Ausbildungsberufe sind zum Beispiel neben den oben genannten der Erzieher, Dolmetscher oder Sozialassistent.
Eine Ausnahme in der Vergütung besteht für die Ausbildung zum Altenpfleger: Sie wird mit durchschnittlich 1.000 Euro im ersten Ausbildungsjahr vergütet.
Auch Erzieher sollen nach dem Willen von Familienministerin Franziska Giffey künftig entlohnt werden: Da laut einer Studie im Auftrag des Ministeriums bis 2030 fast 200.000 Erzieher in Kitas und Grundschulen fehlen werden , will der Bund von 2019 bis 2022 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um den Erzieherberuf attraktiver zu machen. Damit sollen zunächst 5.000 Auszubildende gefördert werden, die im ersten Jahr eine Vergütung von 1.140 Euro erhalten. Die Träger müssen einen Eigenanteil übernehmen.
Azubi-Initiative sorgt für Tarifvereinbarung
Verdi hatte mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) verhandelt. Betroffen sind der Gewerkschaft zufolge rund 1.800 Azubis an Universitätskliniken und 1.700 an den kommunalen Krankenhäusern.
Verdi-Chef Frank Bsirske berichtete, die Tarifeinigung rühre von einer Initiative von Auszubildenden mehrerer Unikliniken selbst her. „Mehrere hundert Azubis, Teenager zumeist, sind in Verdi eingetreten, haben eine Tarifkommission gegründet und mit uns Verhandlungen mit den Ländern und Kommunen begonnen.“
Zukunft der Ausbildung: Mindestbetrag als Vergütung
Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat sich das Thema Ausbildungsvergütung bereits auf die Fahnen geschrieben: Auszubildende sollen ihrer Ansicht nach künftig überall in Deutschland und in allen Berufen im ersten Lehrjahr mindestens 504 Euro im Monat verdienen.
Zum Vergleich: Laut Bundesagentur für Arbeit verdient ein Friseur-Lehrling derzeit im ersten Ausbildungsjahr zwischen 325 und 510 Euro. Ein Mechatroniker in der Metall- und Elektroindustrie verdient zwischen 976 bis 1.047 Euro.
Bei SPD, Linken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund stieß der Vorstoß der Ministerin auf Kritik: Die Mindestvergütung sei nicht angemessen und zu niedrig.
Ausbildung für die Zukunft: Ausbildungsordnungen überarbeiten
Daneben sind auch die Ausbildungsordnungen im Visier des Bundesbildungsministeriums: In 72 Ausbildungsberufen wurden die Ausbildungsordnungen modernisiert. Zwölf weitere duale Berufe seien in der „Erarbeitungsphase“.
Allerdings ist trotz neuer Anforderungen durch die wachsende Digitalisierung in den vergangenen fünf Jahren nur ein neuer Ausbildungsberuf entstanden. 2018 ging der Beruf des Kaufmanns im E-Commerce an den Start – und löste eine große Nachfrage aus: Knapp 1.400 Verträge seien im laufenden Ausbildungsjahr 2018/19 für den neuen Beruf abgeschlossen worden, berichtete der Handelsverband Deutschland (HDE) in Berlin. Damit seien die Erwartungen deutlich übertroffen worden. Insgesamt beschäftigt der deutsche Einzelhandel rund 150.000 Auszubildende.
Geplant: Ausbildungsstufen neu benennen
Darüber hinaus will Karliczek bestimmte namentlich geschützte Ausbildungsstufen einführen: Berufsspezialist, Berufsbachelor und Berufsmaster.
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sieht dies kritisch aufgrund der Verwechslungsgefahr mit den Hochschulabschlüssen. HRK-Präsident Peter-André Alt sagte dazu der „Welt am Sonntag“, Abschlussbezeichnungen müssten „transparent und eindeutig“ sein und dürften nicht zu Verwechslungen führen. Die Bezeichnungen Berufsbachelor und Berufsmaster erinnerten aber an Hochschulabschlüsse: „Völlig unterschiedliche Kompetenzen werden mit fast identischen Bezeichnungen belegt.“ Alt betonte: „Ich habe die Ministerin bereits dringend gebeten, von einer entsprechenden Novellierung Abstand zu nehmen.“
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