Umgebautes Krebsmedikament: Zulassungspflicht durch geheime Apoth

Findige Apotheker suchen immer wieder nach neuen Wegen zur Aufbesserung ihrer vermeintlich oder auch tatsächlich tristen Einnahmesituation. Eine besonders beliebte Spielwiese ist hierbei das Geschäft mit sog. Zytostatika.

Ein Apothekeninhaber sah seine Chance zur Auffrischung seiner Finanzen in der Weiterverarbeitung des Fertigarzneimittels „Gemzar“. Durch Bezug eines stoffgleichen, in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittels, ersparte er in den Jahren 2006 und 2007 Aufwendungen von rund 58.500,-€.

Zulassungsfreie Eigenmixtur für Krebspatienten?

Im Labor seiner Apotheke stellte er unter Zugabe einer Kochsalzlösung eine anwendungsbereite Injektionslösung für Krebspatienten (Zytostatika) her. Nach Auffassung des Apothekers war diese nach eigener Rezeptur hergestellte Mischung zulassungsfrei. Gegenüber den Krankenkassen legte er diesen Vorgang nicht offen, sondern rechnete den deutsche Listenpreis ab. 

Freispruch durch das LG

Zum Erstaunen der Öffentlichkeit sah das mit Sache befasste LG in diesem Vorgehen des Apothekers keine strafbare Handlung. Bei dem an die Patienten herausgegebenen Injektionslösung handle es sich aufgrund der Verarbeitung in der Apotheke um eine zulassungsfreie Apothekenrezeptur.

Die Zusammensetzung des herausgegebenen Medikaments entspreche den ärztlichen Rezeptvorgaben, so dass auch ein Verstoß gegen die Verschreibungspflicht nicht in Betracht komme. Im übrigen sei der Apotheker nicht verpflichtet, gegenüber den Krankenkassen seine Einkaufspreise offen zu legen, so dass auch der Betrugstatbestand nicht verwirklicht sei.

BGH: So geht es nicht - Zulassungspflicht verkannt

Die Begründung des LG war dem BGH dann doch zu apothekerfreundlich. Nach Auffassung des Senats hat das LG die Anforderungen an ein zulassungsfreies Rezepturarzneimittel völlig verkannt. Von einem Rezepturarzneimittel könne man nur sprechen, wenn wesentliche Herstellungsschritte von dem Apotheker bzw. seinen Mitarbeitern vorgenommen würden. Die Beimischung von etwas Kochsalzlösung zu einem Fertigmedikament genüge jedenfalls nicht, um von einem Rezepturarzneimittel zu sprechen. Damit bestehe die Zulassungspflicht für die seitens des Apothekers hergestellte Injektionslösung fort.

Möglicher Ausweg für Apotheker

Die BGH-Richter wiesen den Apothekern aber auch einen Weg, die beanstandete Methode mit einer entscheidenden Abwandlung doch noch zum Erfolg zu führen. Die Zulassungsvorschriften für Arzneimittel stellen für Arzneimittelmischungen der vorliegenden Art nämlich ein vereinfachtes Zulassungsverfahren bereit. Hiernach muss lediglich die stoffliche und therapeutische Identität des Medikaments mit der in Deutschland zugelassenen Herstellung festgestellt werden, was i.d.R. ohne hohen Kostenaufwand zu bewerkstelligen ist.

Vieles spricht für Betrug

Für die Verwirklichung des Betrugstatbestandes spricht nach Auffassung der BGH-Richter der einfache Umstand, dass der Apotheker gegenüber der Krankenkasse ein Arzneimittel abgerechnet hat, das er tatsächlich nicht verkauft hat während das in Wahrheit verkaufte Medikament nicht abrechnungsfähig war. Der Apotheker habe also gegenüber den Kassen einen Erstattungsanspruch geltend gemacht, der tatsächlich nicht bestanden habe. Hierdurch sei bei den Kassen (bzw. den privat versicherten Patienten) ein adäquater Vermögensschaden entstanden. Da das LG insoweit die Einzelheiten noch nicht geklärt hatte, muss nun eine andere Wirtschaftskammer des LG den Sachverhalt weiter aufklären.

(BGH, Urteil v. 04.09.2012, 1 StR, 534/11).


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