Vicki Irene Commer, Andre Naumann
Rz. 610
Die jeweiligen Bedingungswerke enthalten verschiedene Ausschlusstatbestände, die abweichend von den Musterbedingungen des GdV sein können. Die Ausschlüsse finden sich in § 5 Muster-BU. Manche Verträge beinhalten aber auch andere oder weitere Ausschlusstatbestände. Dies ist genau zu prüfen.
Die Klauseln dürfen nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert, unter Berücksichtigung des Verständnisses eines durchschnittlichen VN ohne versicherungsrechtliche Sonderkenntnisse. Unerheblich ist dabei, ob der VN Kenntnis vom Ausschlusstatbestand hat oder er die zum Ausschluss führenden Umstände zu vertreten hat.
Rz. 611
Leistungsausschlüsse sind von Amts wegen zu berücksichtigen. Beim Beweismaßstab ist auf § 286 ZPO abzustellen.
Rz. 612
Hinweis
Der VR ist für das Vorliegen der Ausschlussgründe grundsätzlich beweispflichtig. Für die Ausnahmen vom Ausschlusstatbestand (Wiedereinschluss), bei deren Vorliegen der Ausschlussgrund entfällt, trägt der VN die Beweislast.
aa) Ausübung einer Straftat, § 5 a
Rz. 613
Es sind solche Unfälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die dem Versicherten dadurch zustoßen, dass er vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht, § 5 a Muster-BU.
Umfasst sind alle Straftaten (§ 12 StGB, Verbrechen und Vergehen), auch die der strafrechtlichen Nebengesetze, wie z.B. SprengG oder WaffenG. Ordnungswidrigkeiten fallen nicht unter den Risikoausschluss.
bb) Teilnahme an inneren Unruhen auf Seiten der Unruhestifter, § 5 b
Rz. 614
§ 5 b Muster-BU schließt Berufsunfähigkeiten vom Versicherungsschutz aus, die aus einer Teilnahme des Versicherten an inneren Unruhen auf Seiten der Unruhestifter resultieren. Solche Handlungen sind regelmäßig bereits über den Ausschluss von Straftaten nach § 5 a Muster-BU erfasst. Streiks und Demonstrationen sind grundsätzlich keine inneren Unruhen, selbst dann, wenn es durch einige Teilnehmer zu gewalttätigen Handlungen kommt. Wann die Grenze zu inneren Unruhen überschritten wird, ist im Einzelfall zu prüfen.
cc) Herbeiführung des Versicherungsfalls, § 5 c
Rz. 615
Der Versicherungsschutz ist nach § 5 c Muster-BU ausgeschlossen, wenn der Versicherte
▪ |
absichtlich eine Krankheit herbeiführt, |
▪ |
absichtlich einen Kräfteverfall über das altersentsprechende Maß hinausgehend herbeiführt, |
▪ |
absichtlich eine Selbstverletzung vornimmt oder |
▪ |
eine Selbsttötung versucht. |
Hier wird die eigenmotivierte Selbstschädigung zur Leistungsgewinnung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Wie in anderen Versicherungszweigen wird auch im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung das vorsätzliche Herbeiführen des Versicherungsfalls nicht belohnt.
Rz. 616
Versicherungsschutz besteht nur dann, wenn der Versicherte die Selbstschädigung nachgewiesener Maßen in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat.
Rz. 617
Für die Selbstschädigung ist der VR, für den Nachweis des die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustands der VN beweispflichtig.
dd) Widerrechtliche Handlungen des VN an der VP, § 5 d
Rz. 618
Der Ausschluss nach § 5 d Muster-BU ist vom Grundgedanken her der Selbstschädigung des Versicherten ähnlich. Er schließt eine Leistung aus, wenn der VN durch seine widerrechtliche Handlung vorsätzlich die Berufsunfähigkeit des Versicherten herbeiführt. Mitursächlichkeit reicht aus. Der VR ist für die Voraussetzungen darlegungs- und beweisbelastet, die Widerrechtlichkeit wird vermutet und damit ist der VN dafür beweisbelastet, dass er die Handlung nicht vorsätzlich begangen hat.
Rz. 619
Der Ausschlusstatbestand setzt sowohl die Widerrechtlichkeit der Handlung, als auch die vorsätzliche Herbeiführung der Berufsunfähigkeit voraus.
ee) Strahlen infolge Kernenergie, § 5 e
Rz. 620
§ 5 e Muster-BU schließt eine Berufsunfähigkeit durch Strahlen infolge Kernenergie, die das Leben oder die Gesundheit zahlreicher Menschen derart gefährden, dass zur Abwehr der Gefährdung eine Katastrophenschutzbehörde oder vergleichbare Behörde tätig wurde, vom Versicherungsschutz aus.
Durch die Voraussetzung, dass eine Katastrophenschutzbehörde oder vergleichbare Behörde tätig werden musste, sind nur Fälle eines potentiellen Kumulrisikos erfasst.
Anders als z.B. bei der Unfallversicherung sind nur die Folgen der Strahlung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Bei einer durch Kernenergie verursachten Explosion wären diese Folgen, z.B. schwere Verletzungen durch weggeschleuderte Trümmerteile, versichert.
ff) Durch Kriegsereignisse, § 5 f
Rz. 621
Berufsunfähigkeiten, die unmittelbar oder mittelbar durch Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse verursacht sind, fallen ebenfalls nic...