Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Befreiung von der Versicherungspflicht bei einem als Energieberater tätigen Architekten
Orientierungssatz
Auch die Tätigkeit als Energieberater kann eine berufsspezifische Tätigkeit eines Architekten darstellen, so dass auch im Falle einer abhängigen Beschäftigung eine Pflichtmitgliedschaft in der Architektenkammer und dem Versorgungswerk für Architekten gegeben ist. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2012 verpflichtet, den Kläger für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als Energieberater seit dem 01.01.2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu 1) trägt die Beklagte dem Grunde nach in voller Höhe.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Der Kläger ist Architekt und seit dem 01.08.1984 aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und seit dem gleichen Zeitpunkt kraft Gesetzes Mitglied des Beigeladenen zu 2). Seit dem 01.01.2012 ist er als Energieberater für die Beigeladene zu 1) tätig.
Am 25.01.2012 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1). Mit Bescheid vom 16.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, es handelt sich bei der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Energieberater um keine berufsspezifische Tätigkeit, weil diese Tätigkeit auch für Absolventen von Diplom-, Bachelor- oder Masterstudiengängen an Universität, Hochschule oder Fachhochschule in anderen technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung mit dem Ausbildungsschwerpunkt (Architektur, Hochbau, Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung, Bauphysik, Maschinenbau oder Elektrotechnik) zugänglich ist. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) seien daher nicht erfüllt.
Zur Begründung des am 30.05.2012 eingelegten Widerspruchs legte der Kläger u.a. die Stellungnahme der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2012 vor, nach der Berufsaufgaben des Architekten die gestaltende, technische, energetische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken ist (§ 1 Baukammerngesetz Nordrhein-Westfalen). Aus § 1 Abs. 5 Baukammerngesetz Nordrhein-Westfalen ergibt sich weiter, dass zu den Berufsaufgaben des Architekten auch Beratungsleistungen sowie Sachverständigentätigkeit gehören. Demnach hält die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen die Einschätzung der Beklagte im Ablehnungsbescheid für nicht nachvollziehbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22 11. 2012 wies die Beklagte den Rechtsbehelf zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Befreiung von der Versicherungspflicht könne nicht erfolgen, da der Kläger keine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt ausübe. Als zur Befreiung berechtigende berufsspezifische Beschäftigungen eines Architekten kommen nur solche in Betracht, für die eine Hochschulausbildung in der Fachrichtung Architektur objektiv unabdingbare Zugangsvoraussetzung sei. Auch nach den Ausführungen der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen im Praxishinweis "Architekten als Energieberater" sowie deren Stellungnahme vom 25.06.2012 ist die Berufsbezeichnung "Energieberater" nicht geschützt und kann auch von Nichtarchitekten ausgeübt werden, soweit die fachlichen Voraussetzungen individuell vorliegen. Ein Hochschulabschluss in der Fachrichtung Architektur ist insoweit nicht objektiv unabdingbare Zugangsvoraussetzung. Die Beschäftigung als Energieberater bei der Beigeladenen zu 1) könne daher nicht als berufsspezifische architektonischer Tätigkeit angesehen werden.
Hiergegen richtet sich die am 18.12.2012 erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2012 zu verpflichten, den Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 1 SGB VI zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest. Der Beigeladene zu 2) stellt keinen eigenen Antrag. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die kombini...