BGH zum Anspruch auf Kinderreisepass-Herausgabe zwischen den Eltern
Die Beteiligten des Rechtsstreites sind die getrennt lebenden Eltern eines im Januar 2016 geborenen Kindes. Die Mutter, welche aus Kamerun stammt, hatte in Deutschland Asyl beantragt und möchte hier weiter die Schule besuchen.
Vater wollte den Kinderreisepass aus Angst vor Ausreise nicht herausgeben
Der Ex-Partner und Vater des gemeinsamen Kindes verweigerte gegenüber der Mutter die Herausgabe des Kinderreisepasses, da er befürchtete, dass sie das Kind nach Kamerun entführen könnte.
Das Amtsgericht Esslingen verpflichtete den Vater daraufhin antragsgemäß, der Mutter den Pass auszuhändigen.
Das OLG Stuttgart änderte die angefochtene Entscheidung und lehnte die Herausgabe des Passes ab.
Zwar sah das OLG aufgrund der Verwurzelung der Mutter in Deutschland die Gefahr einer Kindesentführung nicht. Dennoch hatte es den Antrag zurückgewiesen, da nach deren Auffassung eine entsprechende Anspruchsgrundlage hierfür nicht existiere.
Gibt es für den Herausgabeanspruch eine Rechtsgrundlage?
Vor dem BGH hatte die Mutter Erfolg: Entgegen der Auffassung des OLG folge die Verpflichtung zur Herausgabe aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1632 Abs. 1, 1684 Abs. 2 BGB, so die Karlsruher Richter. Dies entspreche auch der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur, welche eine fehlende Anspruchsgrundlage ablehne.
- Ein Eigentumsanspruch scheide aus, da der Kinderreisepass im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehe.
- Der Elternteil könne sich jedoch auf sein Recht zur Personensorge bzw. sein Umgangsrecht berufen.
- Sowohl die Personensorge als auch der Umgang erfordern, „dass der jeweils berechtigte Elternteil in die Lage versetzt werde, die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört und damit kindeswohldienlich zu verbringen“,
begründete der BGH seine Entscheidung.
„Dazu müssen dem berechtigten Elternteil all diejenigen persönlichen Gegenstände, Kleidung und Urkunden herausgegeben werden, die das Kind voraussichtlich während des Aufenthalts benötige.“
Eltern zum „Wohlverhalten“ verpflichtet
Aufgrund der Wohlverhaltenspflicht der Eltern haben diese alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweiligen anderen Elternteil beeinträchtige oder die Erziehung erschwere. Die Herausgabepflicht gelte jedoch nur insoweit, als dass der berechtigte Elternteil tatsächlich auf die Urkunden oder Sachen angewiesen sei. Dies sei dann der Fall, wenn wie hier vorliegend, das Kind dort seinen Lebensmittelpunkt habe.
Das Obhutselternteil bedarf grundsätzlich aller wichtigen Dokumente.
Ausnahme besteht, bei einer Gefahr der Kindesentführung ins Ausland
Nur bei einer berechtigten Besorgnis, dass der andere Elternteil seine Befugnisse überschreiten wolle, etwa bei einer Kindesentführung ins Ausland, könne die Herausgabe des Kinderreisepasses verweigert werden. Diese Befürchtung sei jedoch, wie das OLG bereits zutreffend festgestellt habe, vor dem Hintergrund der Verwurzelung der Mutter im Inland objektiv nicht gegeben, so der BGH in seinem Beschluss.
(BGH, Beschluss v. 9.04.2019, XII ZB 345/18)
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Schadensersatz für einen Elternteil, wenn der andere das Umgangsrecht aushebelt
Hintergrund:
- Das gemeinsame Sorgerecht ist bei getrennt lebenden Ehegatten gemäß § 1687 BGB einvernehmlich auszuüben.
- Gemäß § 1687 Abs 1 Satz 2 BGB hat der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält-, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens.
- Reisen mit dem Kind können grundsätzlich Angelegenheiten des täglichen Lebens sein, wenn sie zu sicheren Reisezielen führen (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 5.8.2014, 5 WF 115/14).
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