Ehegattenunterhalt Verwertung Vermögensstamm

Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine hohe Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten bestand. Sowohl bei der Bedarfsermittlung als auch hinsichtlich der Verwertungsobliegenheiten des Unterhaltsberechtigten gelten hier besondere Regeln.

Die Eheleute stritten sich über die Höhe des Trennungsunterhalts. Der Beklagte ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und erzielte neben seinen Einkünften aus der Geschäftsführertätigkeit Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Darüber hinaus kam er in den Genuss der Nutzungen aus seinem Eigenheim und aus mehreren Geschäftsfahrzeugen. Das Betriebsgebäude (Fabrikhalle) der GmbH stand im Eigentum der Klägerin, bis sie es im Dezember 2007 an den beklagten Ehemann veräußerte. Seit April 2008 ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Die Klägerin hat keine Berufsausbildung und war während der Ehe als Bürohilfe im Betrieb des beklagten Ehemannes tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen eines Arbeitsrechtsstreits im Juni 2007 beendet. Seitdem ist die Klägerin nicht mehr erwerbstätig. Sie ist allerdings Eigentümerin des Wohnhauses, das die frühere Ehewohnung darstellt. Für die Zeit von Juli 2007 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 15.04.2008 verlangt sie Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 4.300 Euro.

Maßstäbe für die Berechnung des Unterhalts

Nach unterschiedlichen Instanzentscheidungen hat der BGH konkrete Maßstäbe zur Berechnung des Unterhalts in Fällen hohen Einkommens aufgestellt. Hiernach ist Ausgangspunkt der Unterhaltsberechnung die Finanzierung des laufenden Lebensbedarfs. Dieser sei anhand eines objektiven Maßstabs zu ermitteln. Entscheidend ist nach Auffassung des BGH allerdings nicht der tatsächlich gelebte Standard, sondern der Lebensstandard, der nach den vorhandenen Einkommensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Der Grundsatz dieser konkreten Bedarfsermittlung beruhe auf § 1361 BGB.

Erwerbsobliegenheit der Ehefrau

Der BGH stellte klar, dass die Klägerin gemäß § 1361 Abs. 2 BGB eine Erwerbsobliegenheit trifft. Das Berufungsgericht habe nicht hinreichend aufgeklärt, ob die Klägerin eine mehr als geringfügige Beschäftigung auf dem bestehenden Arbeitsmarkt erlangen könnte und hat dem Berufungsgericht insoweit weitere Aufklärungsarbeit zugewiesen. Von der Möglichkeit der Erlangung einer Beschäftigung hänge insbesondere ab, inwieweit der Beklagte der Klägerin die Aufwendungen für ihre Krankenversicherung zu erstatten habe. Sei der Klägerin die Ausübung einer mehr als geringfügigen Tätigkeit grundsätzlich möglich, so sei sie über eine solche Beschäftigung ggflls. auch krankenversichert. In diesem Fall müsse der Ehemann die Kosten der Krankenversicherung nicht erstatten. Dies gelte allerdings nicht für die Kosten der privaten Zusatzversicherung (monatlich 244 Euro), die aufgrund des ehelichen Lebensstandards zum Bedarf der Klägerin gehöre und die der Ehemann daher in jedem Fall zu erstatten habe (BGH, Urteil v. 31.10.2001, XII ZR 292/99).

Kosten für Zigarettenkonsum gehören zum Bedarf

Zum Lebensbedarf der Klägerin gehört nach Auffassung des BGH auch die Kosten für die Gartenpflege, die Kosten für eine Putzhilfe, monatliche Kosmetikaufwendungen in Höhe von 105 Euro, sowie die Kosten ihres Zigarettenkonsums. Das gemeinsame Leben der Ehegatten sei von diesen Kostenfaktoren geprägt gewesen, der Ansatz dieser Position entspreche daher dem ehelichen Lebensbedarf.

Schönheitsoperationen begründen Sonderbedarf

Nicht geltend machen konnte die Ehefrau nach Auffassung des BGH allerdings Kosten künftiger Schönheitsoperationen, die sie mit 1.800 Euro pro Jahr in Rechnung stellte. Wenn kosmetische Korrekturen aufgrund altersbedingter Erscheinungen notwendig würden, so handele sich um Sonderbedarf, der jeweils im Einzelfall konkret geltend zu machen sei (BGH, Urteil v. 15.02.2006, XII ZR 4/04). Für die Zukunft könnten diese Kosten nicht geltend gemacht werden, da sich feste Zeitspannen zum Beispiel für die Erneuerung bestimmter Schönheitsmaßnahmen (etwa Fettabsaugen) nicht im Voraus festlegen ließen.

Wohnwert ist anzurechnen

Im entschiedenen Fall war der BGH allerdings der Auffassung, dass der Wohnwert des von der Ehefrau bewohnten ehelichen Wohnhauses bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sei. Sobald die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden könne, sei der Ehepartner, der eine für seine Verhältnisse zu große Wohnung bewohnt, verpflichtet, auf dem örtlichen Wohnungsmarkt eine dem Lebensbedarf entsprechende kleinere Wohnung anzumieten. Die fiktiven Mietkosten für eine solche Wohnung seien von dem Wohnwert des Wohnhauses abzuziehen, der Rest sei bei der Unterhaltsberechnung in Rechnung zu stellen.

Vermögensstamm muss nicht verwertet werden

Nicht anrechnen lassen musste die Ehefrau sich nach Auffassung des BGH den aus der Verwertung des Betriebsgrundstückes erzielten Erlös. Dieser gehöre zum Vermögensstamm. An dessen Verwertung seien vor Scheidung höhere Anforderungen zu stellen als beim nachehelichen Unterhalt (BGH, Urteil v. 19.11.2008, XII ZR 129/06). Dies beruht nach Auffassung des BGH darauf, dass der Trennungsunterhalt das Ziel hat, den während der Ehe erworbenen Lebensstandard zu sichern. Dies gelte auch hinsichtlich der Sicherung erworbenen Vermögens, wobei der Senat allerdings offen ließ, ob diese Grundsätze auch im Fall eingeschränkter Leistungsfähigkeit anzuwenden sind. Eine Verwertung des Vermögensstamms konnte daher im Rahmen des Trennungsunterhalts von der beklagten Ehefrau nicht verlangt werden.

Mit der Maßgabe, diese Grundsätze zu beachten, verwies der BGH die Sache zur weiteren Verhandlung an das OLG zurück.

(BGH, Urteil v. 18.01.2012, XII ZR 177/09)


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