EU-Erbrechtsverordnung gilt ab 17.8.2015 für Erbfälle mit Auslandsbezug
Die Zahl der Deutschen, die in ihrer eigenen Immobilie im Ausland wohnen, sei es auf Mallorca oder in der Toskana, wird immer größer. Ebenso die Zahl der Rentner, die sich in einem Altenpflegeheim in Tschechien oder Rumänien pflegen lassen. Im Todesfall entstanden in diesen Fällen oft schwierige erbrechtliche Probleme.
Für einen Deutschen mit letztem Wohnsitz in Italien war die Sache relativ einfach. Beide Länder knüpfen für die Anwendung des nationalen Erbrechts an die Staatsangehörigkeit an. Bei anderen europäischen Ländern, die an das Wohnsitzprinzip anknüpfen, war es schwieriger bis hin zu divergierenden Entscheidungen der jeweiligen nationalen Gerichte.
Komplizierte einzelstaatliche Besonderheiten
Noch komplexer wurde es, wenn Länder beteiligt waren, wie zum Beispiel Frankreich und Großbritannien, die für in ihrem Land gelegene Immobilien prinzipiell die Anwendung des innerstaatlichen Erbrechts beanspruchten.
Beispiel: Ein in Freiburg lebender deutscher Staatsbürger, der eine Ferienwohnung im Elsass unterhielt, war bisher gezwungen, die französische Immobilie nach französischem Erbrecht zu vererben. Dies führte häufig zu einer Nachlassspaltung, die die gesamte innerstaatliche Erbquote verschiedener Erbberechtigter durcheinanderbringen konnte.
Berliner Testament außerhalb Deutschlands oft nicht anerkannt
Eine Besonderheit des deutschen Erbrechts, das Berliner Testament, wurde in vielen anderen europäischen Staaten nicht akzeptiert. So wurde beispielsweise in Spanien die Bindungswirkung des Berliner Testaments nicht anerkannt, die es dem überlebenden Ehegatten verwehrt, das Testament zu Lasten der Nachkömmlinge zu verändern.
Nun soll alles einfacher werden
Die neue Verordnung soll das Erben innerhalb von Europa deutlich einfacher machen. Einheitliche Regelung für grenzüberschreitende Sachverhalte sollen ab dem 17.8.2015 die bisherigen divergierenden Rechtsordnungen näher zusammenbringen.
- Ab dem 17.8.2015 werden Gerichte und andere dafür zuständige Organe der Rechtspflege in den Staaten der EU nach der Verordnung EU Nr. 650/2012 (EU-ErbVO) beurteilen, welches nationale Recht bei Erbfällen mit Auslandsbezug zur Anwendung kommt.
- Nach Art. 25 EGBGB richtete sich die Anwendung des nationalen Erbrechts bisher danach, welchem Staat der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte.
- Gemäß Art. 21 EU-ErbVO ist der Anknüpfungspunkt in Zukunft der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers.
Für den Rentner auf Mallorca gilt also zukünftig mallorquinisches Recht, für den Rentner im Altenpflegeheim in Rumänien rumänisches Recht.
Nach welchen Kriterien bestimmt sich der gewöhnliche Aufenthalt
Zu beachten ist, dass die Verordnung eine Definition des gewöhnlichen Aufenthalts nicht enthält.
- Gewöhnlicher Aufenthalt bedeutet nicht unbedingt Wohnsitz.
- Bei einer Altersdemenz, ist die Begründung eines Wohnsitzes infolge möglicherweise fehlender Geschäftsfähigkeit nicht ohne weiteres möglich.
- Dennoch wird der gewöhnliche Aufenthalt an dem Ort sein, an dem der Betreffende faktisch wohnt.
--> Der gewöhnliche Aufenthalt wird im Ergebnis aufgrund einer Gesamtbeurteilung sämtlicher Lebensumstände des Erblassers vor seinem Tod vorzunehmen sein.
Die EUErbVO spart einige Regelungsbereiche aus
Die Verordnung bedarf grundsätzlich keiner Umsetzung in nationales Recht, wurde aber in Deutschland bereits umgesetzt. und das deutsche Recht wurde in einigen Punkten angepasst.
- Fragen des Güterrechts werden in der Verordnung nicht geregelt.
- Ebenso sind unentgeltliche Zuwendungen zu Lebzeiten,
- Verträge zu Gunsten Dritter (Lebensversicherungen oder Sparbücher) in der Verordnung nicht geregelt.
Für die Pflichtteilsberechnung gilt nach der EUErbVO das anwendbare nationale Recht.
Europäisches Nachlasszeugnis nach dem Vorbild des deutschen Erbscheinsrechts
Neu eingeführt wird das europäische Nachlasszeugnis, dass zukünftig den Nachweis der Erbenstellung im Ausland erleichtern soll.
- Das Nachlasszeugnis ist stark an das Deutsche Erbscheinsrecht angelehnt.
- Ein wichtiger Unterschied zum deutschen Erbschein besteht darin, dass der Schutz des guten Glaubens an die Richtigkeit der Beurkundung nicht erst bei positiver Kenntnis von der Unrichtigkeit sondern auch schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis entfällt.
Rechtswahl bleibt möglich
Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat und dennoch möchte, dass das Erbrecht des Staates angewendet wird, dem er angehört, kann dies durch Rechtswahl in einer Verfügung von Todes wegen (zum Beispiel durch Testament) bestimmen.
Mehrstaatler können das Recht jedes Landes bestimmen, dem sie angehören. Nicht möglich ist es jedoch, die Anwendung des Rechts eines Staates zu bestimmen, dem der Erblasser nicht angehört. So kann ein auf Mallorca lebender Deutscher nicht die Anwendung italienischen Rechts anordnen.
Wichtige Besonderheiten:
- Gemäß Art. 27 der Verordnung gelten für die Formgültigkeit einer Verfügung von Todes wegen besondere Regelungen. Ausreichend ist es in jedem Fall, wenn die Verfügung das Recht des Staates beachtet, in dem die Verfügung erstellt wird.
- Wechselseitige Verfügungen von Ehegatten und eingetragene Lebenspartnern, die nach deutschem Recht als gemeinschaftliches Testament einzuordnen wären, sind nach der EU-ErbVO als Erbvertrag zu qualifizieren. Dies gilt auch dann, wenn nur ein Ehegatte bzw. Lebenspartner eine verbindliche letztwillige Verfügung abgibt.
- Gemeinschaftliche Testamente sind aber ebenfalls weiterhin möglich nach dem Haager Übereinkommen, das weiterhin seine Rechtsgültigkeit behält.
Nur 25 Staaten machen mit
Nicht alle europäischen Staaten machen mit. Für Dänemark, das Vereinigte Königreich und die Republik Irland gilt die EU-ErbVO nicht. Die übrigen 25 europäischen Staaten sind dabei.
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