Aufrechnungsschutz auch für übergegangene Unterhaltsforderungen
Der Vater eines nichtehelichen Kindes hatte an die von ihm getrennt lebende Kindesmutter über einen Zeitraum von drei Jahren keinen Unterhalt gezahlt.
Jobcenter leistete an Kindesmutter zur Sicherung des Lebensunterhalts
Das Jobcenter erbrachte Leistungen an die Kindesmutter zur Sicherung des Lebensunterhalts in einer Gesamthöhe von 11.678 €. Das Jobcenter verlangte von dem Vater aus übergegangenem Recht Erstattung dieser Leistungen.
Vater wollte mit früheren Darlehen an die Mutter aufrechnen
Hiergegen erklärte der Kindesvater die Aufrechnung. Aufrechnungsgrund war eine angebliche Forderung aus einem der Kindesmutter bereits vor Geburt des Kindes gewährten Darlehen in Höhe von 12.500 €. Diese Aufrechnung wurde weder vom AG noch vom OLG anerkannt.
Kindesvater hält Aufrechnungsverbot wegen Überleitung des Anspruchs für nicht einschlägig
Der Unterhaltsschuldner hatte seine Rechtsbeschwerde damit begründet, dass das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB vorliegend nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht eingreife.
- Nach § 394 BGB ist eine Aufrechnung gegen eine Forderung, die der Pfändung nicht unterworfen ist, nicht möglich.
- Gemäß § 850 b ZPO sind Unterhaltsrenten in weitem Umfange nicht ohne weiteres pfändbar.
- Diese Vorschriften verfolgen den Zweck, den Unterhaltsgläubiger davor zu schützen, durch Aufrechnung gegen die ihm zustehenden Unterhaltsforderungen mittellos dazustehen und in seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage gefährdet zu werden.
- Dieser Schutzgedanke greift nach Auffassung des Unterhaltsschuldners bei übergeleiteten Unterhaltsansprüchen nicht.
Die Existenz des Unterhaltsgläubigers sei in diesen Fällen durch Zahlung der Sozialleistungen bereits gesichert. Die Existenz des Jobcenters als Leistungserbringer könne aber durch die Aufrechnung nicht gefährdet werden, so dass das Aufrechnungsverbot in diesem Falle zweckfremd und daher nicht anwendbar sei.
Der Schutz der Sozialsysteme ist ebenfalls Gesetzeszweck
Dieser Auffassung des Unterhaltsschuldners folgte der BGH nicht. Die Ausführungen des Unterhaltsschuldners zum Schutzzweck des Aufrechnungsverbots seien zwar grundsätzlich zutreffend, sie beträfen allerdings nur einen Teilaspekt des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks.
Der Gesetzgeber bezwecke nämlich auch den Schutz der Sozialsysteme.
- Beim Wegfall der Lebensgrundlagen für das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten hätten Sozialhilfeträger für dieses Existenzminimum einzustehen.
- Diese Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers stehe unter einem absoluten Nachrangigkeitsgrundsatz, d.h., dass die Unterhaltsverpflichtung des Unterhaltsverpflichteten in jedem Fall vorgehe.
Mit diesem Nachrangprinzip sei es unvereinbar, wenn die Rückgriffsansprüche des Sozialhilfeträgers als Sekundäransprüche schlechter geschützt seien als die ursprüngliche Unterhaltsforderung.
Missbrauch ist zu verhindern
Nach Auffassung des BGH kann es dem Unterhaltspflichtigen auch nicht freistehen, die Sozialsysteme durch Verweigerung von Unterhaltszahlungen zur Leistung zu zwingen, um auf diese Weise anschließend die sonst nicht mögliche Aufrechnung mit privaten Gegenforderungen zu erklären.
Damit würde dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Eine solche Umgehung des Aufrechnungsverbots sei entgegen der Auffassung des Kindesvaters keinesfalls die Intention des Gesetzgebers. Auch vor dem BGH blieb der Aufrechnung des Kindesvaters daher der Erfolg versagt.
(BGH, Beschluss v. 08.05.2013, XII ZB 192/11).
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