Geplante strafbewehrte Verbot von Sterbehilfe sorgt für Aufregung

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, der Kommerzialisierung des Todes und gewerbsmäßig tätigen Sterbehilfeorganisationen einen Riegel vorzuschieben. Der Vorstoß der Bundesjustizministerin, diese Koalitionsvereinbarung jetzt umzusetzen, ist auf ein zwiespältiges Echo gestoßen.

Die Absicht der Bundesregierung, die gewerbsmäßige Sterbehilfe zu verbieten, deckt sich nicht unbedingt mit Volkes Willen. Nach einer in der vergangenen Woche durchgeführten Emnid-Umfrage  befürworten 49% der Bevölkerung die kommerzielle Sterbehilfe, nur 41% lehnen sie ab. Für die meisten dürfte die Vermeidung eines qualvollen Todeskampfes das Motiv für die unkritische Haltung gegenüber einer Kommerzialisierung des Todes sein.

Bis zu 3 Jahren Haft für kommerzielle Sterbehelfer

Dies sieht der Gesetzentwurf des Justizministeriums als Höchststrafe für gewerbliche Sterbehelfer vor. Gleichzeitig werden einige Ausnahmetatbestände geschaffen, die für hitzige Diskussionen sorgen.

Für Angehörige und sonstige dem Sterbenden nahe stehende Personen soll die Strafandrohung nicht gelten. Besonders umstritten ist, dass zu diesen nahe stehenden Personen auch Ärzte und Pfleger gehören können, wenn sie dem Sterbenden in den letzten Monaten seines Lebens menschlich nahe gekommen sind.

Dammbruch für die aktive Sterbehilfe?

So jedenfalls bezeichnet der Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer den Gesetzentwurf. Auch der CSU-Politiker Norbert Geis glaubt, dass die vorgesehenen Ausnahmetatbestände der Beilhilfe zur Tötung Tür und Tor öffnen würden. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Wolfgang Zöller äußerte denn auch, dass Gesetz werde „so nicht kommen“. Demgegenüber weist Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr darauf hin, dass durch das Gesetz ein Straftatbestand geschaffen werde, den es bisher überhaupt nicht gebe. Er verstehe nicht, weshalb hier soviel Gegenwehr ausgerechnet von den Kritikern der Sterbehilfe komme.

Die Vertreter der Kirchen und auch der Bundesärzteschaft sehen durch die umfangreichen Ausnahmetatbestände der Kommerzialisierung der Sterbehilfe Tür und Tor geöffnet.

Beilhilfe zur Selbsttötung ist nicht strafbar

Diesen Grundsatz des deutschen Strafrechts sollte man sich angesichts der Hitzigkeit, mit welcher die Debatte geführt wird, nochmals vor Augen führen. Die Bundesärztekammer behauptet zwar, Sterbehilfe durch Ärzte gebe es nicht. Tatsächlich aber sind viele Ärzte bereit, einem Strebenden Hilfe zum schnelleren Überschreiten der Todesschwelle zu leisten.

Manche machen das auch öffentlich. Der Berliner Urologe Uwe-Christian Arnold erklärt freimütig, er habe mindestens 150 Schwerkranken in den letzten Jahren Hilfestellung zur Selbsttötung gegeben. Als die Ärztekammer Berlin ihm bei Androhung einer Strafe von 50.000 € untersagte, einer Patientin tödliche Medikamente zur Verfügung zu stellen, bestätigte ein Berliner Verwaltungsgericht, dass er die Medikamente zur Verfügung stellen darf. Die Entscheidung hierüber sei Ausfluss der freien Gewissensentscheidung des Arztes im Rahmen seiner grundgesetzlich geschützten freien Berufsausübung.

Tod auf Bestellung?

Auch die Befürworter der Sterbehilfe sehen es allerdings kritisch, wenn ein Krebskranker sich ohne weiteres über seinen Arzt todbringende Medikamente verabreichen lassen könne. Voraussetzung müsse immer eine sicher zum Tod führende Krankheit mit schwersten Schmerzen sein. Außerdem müssten die Angebote der Palliativmedizin und der Pflege in Hospizen drastisch ausgebaut werden. Inwieweit vor einem solchen Hintergrund dann eine Sterbehilfe durch nahestehende Personen – auch Ärzte – straffrei bleiben soll, das muss der Gesetzgeber nochmals sorgsam überdenken.


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