3½-Jähriger verursacht mit verstopfter Toilette 15.000 Euro-Wasserschaden - wer haftet?
Es fing ganz friedlich an: Die Mutter hatte ihren Sohn gegen 18.30 ins Bett gebracht, wo er noch einem Hörspiel lauschte. Sie selbst war ins elterliche Schlafzimmer gegangen, wo sie einschlief.
Soviel Toilettenpapier benutzt, dass der Abfluss streikte
Zwischen 19 und 20 Uhr ging der Sohn allein auf die Toilette und benutzte dabei solche Mengen Toilettenpapier, dass der Abfluss der Toilette verstopfte.
Der Spülknopf für das WC funktionierte schon seit Einzug in die Wohnung nicht mehr richtig: Wurde er nicht in einer bestimmten Weise bedient, lief das Wasser unkontrolliert nach. Genau das passierte beim Toilettengang des Kleinen:
- Wasser trat unkontrolliert aus dem WC aus,
- verteilte sich auf dem Boden
- und tropfte schließlich aus der Decke der darunter liegenden Wohnung.
Die Mutter bemerkte das Malheur erst, als die Nachbarin aus dem Stockwerk darunter an der Wohnungstür klingelte. Gesamtschaden: 15.824 Euro.
Gebäudeversicherer sah Aufsichtspflichtverletzung als Ursache des Wasserschadens
Der zunächst leistende dann klagende Gebäudeversicherer machte geltend, dass die Mutter ihre Aufsichtspflicht einfach fahrlässig verletzt habe. Die Mutter hätte ihren Sohn nicht unbeaufsichtigt zur Toilette gehen lassen und nicht einschlafen dürfen. Deshalb habe die Wohngebäudeversicherung einen hälftigen Ausgleichsanspruch gegen die Mutter bzw. gegen ihre Haftpflichtversicherung.
Grundsätze zu Regressanspruch Gebäudeversicherer gegen Haftpflichtversicherer
Für einen möglichen Anspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters gilt grundsätzlich:
- Dem Gebäudeversicherer, dem der Regress gegen den Mieter verwehrt ist, steht gegen dessen Haftpflichtversicherer entsprechend den Grundsätzen der Doppelversicherung gemäß § 78 Abs. 2 VVG analog ein Anspruch auf anteiligen Ausgleich zu (BGH, Urteil v. 13.09.2006, IV ZR 273/05)
- Voraussetzung dafür ist aber, dass der Haftpflichtversicherer aufgrund einer Schadensersatzpflicht des Versicherungsnehmers bzw. einer versicherten Person eintrittspflichtig ist
OLG sah kein Verschulden der eingeschlafenen Mutter
Der Senat des OLG Düsseldorf folgte nicht der Einschätzung der Versicherung. Er sah bei der Mutter keine Verletzung der Aufsichtspflicht, denn das Maß der gebotenen Aufsicht sei in dem Fall erfüllt gewesen.
Eine Verletzung der Aufsichtspflicht liegt nach Ansicht des Gerichts aus folgenden Gründen nicht vor:
- In einer geschlossenen Wohnung müsse ein Dreieinhalbjähriger nicht unter ständiger Beobachtung stehen
- Es sei ausreichend, wenn sich der Aufsichtspflichtige in Hörweite aufhalte
- Auch der – gegebenenfalls nächtliche – Gang zur Toilette müsse nicht unmittelbar beaufsichtigt werden, eine absolute Sicherheit sei nicht gefordert
- Eine lückenlose Überwachung eines Kindes sei nicht erforderlich,
- wenn eine vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren, gehemmt werden würde. So hatte der BGH bereits in einem Urteil vom 24.03.2009 (VI ZR 199/08) entschieden.
Haftungsfolgen des defekten Spülknopfes
Zur Bedeutung des nicht funktionierenden Spülknopfes äußerte sich das OLG wie folgt:
- Das Schadensrisiko sei dadurch zwar grundsätzlich erhöht gewesen
- Dieses Schadensrisiko sei aber zu Gunsten des Lernprozesses des Kindes hinzunehmen; schließlich müsse das Kind lernen, die heimische Toilette selbstverständlich und alltäglich zu benutzen
- Üblicherweise führe das Verhaken des Spülknopfes lediglich zu einem gesteigerten Wasserverbrauch, nicht aber zu einem darüberhinausgehenden Risiko
Fazit: Der Gebäudeversicherer hat keinen Regressanspruch, weder gegen die Mieterin, noch gegen deren Haftpflichtversicherung.
(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.04.2018, 4 U 15/18).
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Hintergrund:
Bei Kindern bestimme sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach deren Alter, Eigenart und Charakter sowie nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens.
Daher müssten aber nur solche Vorkehrungen getroffen werden, welche verständige Eltern in der konkreten Situation vernünftigerweise für erforderlich und zumutbar halten müssen, um eine Schädigung Dritter zu vermeiden.
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