Vom OVG gekippte Kita-Gebühren der Stadt Rathenow

Das OVG hat die Kita-Gebührensatzung der Stadt Rathenow für die letzten 3 Jahre für unwirksam erklärt, weil das Kommunalabgabengesetz keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage war. Das Urteil könnte auch bei andere Kita-Gebührensatzungen zutreffen. Wie können Gemeinden auf ihre Fehler reagieren, welche Ansprüche haben Eltern? Wie ist ein Antrag auf Überprüfung zu formulieren?

Kita-Gebühren: Einbeziehung kalkulatorischer Zinsen war unzulässig

Das OVG hatte der gegen die Gebühren klagenden Mutter Recht gegeben. Die Begründung des Urteils ist ebenso knapp wie für andere Kommunen - zumindest in Brandenburg - gefährlich.

  • Das OVG beanstandete die Einbeziehung kalkulatorischer Zinsen in die Elternbeiträge als Sachkosten gemäß § 15 des brandenburgischen KitaG.
  • Die Einbeziehung kalkulatorischer Zinsen wäre nach  Auffassung des Gerichts nur zulässig, wenn diese in § 2 Abs. 1 KitaBKNV ausdrücklich aufgeführt würden.
  • Dies sei aber nicht der Fall.

Das Kommunalabgabengesetz war keine geeignete Ermächtigungsgrundlage

Entgegen der Auffassung der Gemeinde ist eine Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen nach dem Diktum der Verwaltungsrichter auch nicht im Rahmen von § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG zulässig.

  • Elternbeiträge seien nämlich keine Benutzungsgebühren im Sinne dieser Vorschrift,
  • vielmehr handle sich um sozialrechtliche Abgaben eigener Art,
  • die durch das KitaG und die KitaBKNV abschließend geregelt seien.
  • Damit sei das KAG für die Erhebung von Kitagebühren als Ermächtigungsgrundlage untauglich,
  • die ausdrücklich hierauf gestützte Kita-Satzung damit nichtig.

(OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.10.2017 - 6 A 15.15).

Ca. 2.000 Eltern von unzulässigen Gebühren betroffen

Nach dem Urteil kann die Mutter die bisher von ihr gezahlten Kita-Gebühren rückwirkend zurückverlangen. Würden sämtliche ca. 2.000 von der Kita-Satzung in Rathenow betroffenen Eltern ihre Beiträge zurückverlangen, so hätte die Stadt mehrere Millionen Euro zurückzuzahlen

Stadt Rathenow setzt auf die Bestandskraft erlassener Bescheide

Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Hans-Jürgen Lemle, teilt diese Befürchtung allerdings nicht. Er verweist darauf, dass nur derjenige einen Rückzahlungsanspruch habe, der innerhalb der vorgeschriebenen Frist gegen den jeweils erlassenen Gebührenbescheid Widerspruch eingelegt hat. Alle anderen Bescheide seien bestandskräftig geworden. Lediglich eine begrenzte Ausnahme betreffend die Rückzahlung der nach dem Urteil zu Unrecht eingepreisten kalkulatorischen Zinsen sei denkbar. 

Es wird von Rechtsanwälten allerdings die Ansicht vertreten, ein Widerspruch sei überflüssig, da Eltern darauf vertrauen konnten, dass die Bescheide wirksam waren. Bei einer Überprüfung spielt auch die Höhe der Gebühren, die auf einer unhaltbaren Rechtsgrundlage bezogen wurden,  eine Rolle.

Der Kita-Elternbeirat Oberhavel hat ein Formular online gestellt, mit dem Eltern in den fraglichen Kommunen ihre Gebührenbescheide nach 3 44 SGB X überprüfen lassen können.

Problembewusstsein anderer Gemeinden ist bereits geschärft

Interessant bleibt darüber hinaus die Frage, ob in den Gebührensatzungen der Gemeinden in anderen Bundesländern ähnliche Probleme schlummern. Einige Gemeinden haben wohl bereits vorsorglich Verwaltungsjuristen auf die Untersuchung dieser Frage angesetzt.

Hintergrund:

Vor überstürzter Begeisterung bei Eltern ist zu warnen, weil die Gebühren der Träger auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen können. Ein Antrag auf Überprüfung an den Träger bringt aber auch darüber Klarheit.


Schlagworte zum Thema:  Kinderbetreuung, Gebühren, Amtshaftung