Referentenentwurf zum Sorgerecht unverheirateter Eltern: Pappa ante portas?
Ziele der Neuregelung, für die viele Väter + Anwälte vielerorts dicke Prozessbretter gebohrt haben:
- Mehr Rechte für Väter auch ohne Trauschein
- ein einfaches und unbürokratisches Verfahren für unproblematische Fälle.
Geltendes Recht verletzt Grundrechte nicht verheirateter Väter
Nach bisherigem Recht werden unverheiratete Väter grundsätzlich nur an der Sorge beteiligt, wenn die Mutter einverstanden ist. Das geplante Recht schafft die Möglichkeit, dass der Vater die Mitsorge auch erlangen kann, wenn die Mutter dem nicht zustimmt und führt in einem beschleunigten Verfahren zur gemeinsamen Sorge.
Wenn die Mutter mit der gemeinsamen Sorge nicht einverstanden ist, kann der Vater künftig wählen, ob er zunächst zum Jugendamt geht, um doch noch eine Einigung zu erreichen. Auch der Weg zum Familiengericht steht jederzeit offen, egal ob der Gang zum Jugendamt erfolglos bleibt oder von vornherein unsinnig erscheint.
Vor dem Familiengericht soll zusätzlich ein vereinfachtes Verfahren für alle unproblematischen Fälle möglich sein, wenn sich die Mutter entweder gar nicht äußert oder ihre Ablehnung auf Gründe stützt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben.
In dem vereinfachten Verfahren entscheiden die Richter schriftlich ohne persönliche Anhörung der Eltern.
Normale Familiengerichtsverfahren nur noch ausnahmsweise
Das normale Familiengerichtsverfahren ist künftig nur noch notwendig, wenn wirklich Kindeswohlfragen zu klären sind. Die gemeinsame Sorge ist nur zu versagen, wenn ihr das Kindeswohl entgegensteht. Die Neuregelung ist damit auch ein Signal an alle nicht miteinander verheiratete Eltern, verstärkt über die einvernehmliche gemeinsame Sorge nachzudenken.
Früheres Recht: von EGMR + BVerfG als menschen- / verfassungswidrig kritisiert
Nach bisherigem Recht erhielten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorgerecht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entschieden.
- Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention,
- das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Grundrechte.
Die geplante Neuregelung ermöglicht die gemeinsame Sorge immer dann, wenn das Wohl des Kindes nicht entgegensteht.
Geplant: abgestufte Verfahren – Pappa ante portas
Erklärt die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge, hat der Vater die Möglichkeit,
- zunächst zum Jugendamt zu gehen, um doch noch eine Einigung mit der Mutter zu erreichen.
- Der Vater kann aber auch jederzeit das Familiengericht anrufen, entweder direkt oder dann, wenn sich herausstellt, dass die Mutter sich beim Jugendamt nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden erklärt oder sich nicht äußert.
- Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme, zum Antrag des Vaters.
- Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt.
Flottes Verfahren mit negativer Kindeswohlprüfung
Das Familiengericht entscheidet in einem beschleunigten und im schriftlichen Verfahren - ohne persönliche Anhörung der Eltern -, wenn die Mutter entweder gar nicht Stellung nimmt oder sich zwar äußert, aber keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vorträgt und wenn derartige Gründe dem Gericht auch sonst nicht bekannt geworden sind.
Mütterliche Ablehnung oft „sach“-fremd?
Diese Vorschrift trägt Untersuchung Rechnung, wonach es in vielen Fällen gar nicht um das Kindeswohl geht, wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnen. So wünschen sich Mütter beispielsweise, bei Konflikten weiterhin alleine entscheiden zu können, andere sind nicht ausreichend über die gemeinsame Sorge informiert oder wollen Bürokratie vermeiden.
Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).
Kernprobleme wirklich gelöst?
Ob die Lösung des Benachteiligungsproblems nicht verheirateter Väter damit gefunden ist, bleibt abzuwarten. Es steht allerdings zu befürchten, dass weiterhin in den Fällen, in denen die Kindesmutter dezidiert keine Bereitschaft zur Verständigung mit dem Vater (oder umgekehrt oder gegenseitig) zeigt, Gründe des Kindeswohls gegen ein gemeinsames Sorgerecht sprechen.
Erst kürzlich hat in einem solchen Fall das OLG Schleswig entschieden, dass bei fehlender Aussicht auf einen Ansatz zu einer vernünftigen Kooperation zwischen den Eltern in Erziehungsfragen unabweisbare Gründe des Kindeswohls gegen ein gemeinsames Sorgerecht sprechen (Beschluss v. 22.12.2011, 10 UF 171/11).
Bei solch harten Gegensätzen wird auch nach neuem Recht guter Rat nicht nur teuer sein, sondern häufig nutzlos bleiben.
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