Regress des Sozialamtes für Heimunterbringung der Eltern

Die möglichen Rückforderungsansprüche des Sozialamtes für Pflege- und Heimkosten der Eltern bergen für die betroffenen Kinder erhebliche finanzielle Risiken. Besonders bei Schenkungen der Eltern zu Lebzeiten können die Behörden rückwirkend für zehn Jahre die Herausgabe der Schenkung verlangen.

Mutter zog ins Altenheim, die Tochter vermietete die Wohnung

Die Mutter der beklagten Tochter zahlte in der Folgezeit an diese eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 340 Euro. Nachdem der Vater verstorben war, lebte die Mutter seit 2012 in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Die Tochter vermietete darauf die Wohnung zu einer monatlichen Kaltmiete von 360 Euro weiter. Auch die Bewertung dieser von der Tochter gezogenen Nutzungen in Form von Mieteinnahmen war Gegenstand des Rechtsstreits.

Landkreis fordert Erstattung der geleisteten Hilfe zur Pflege

Der Landkreis leistete bis zum Tod der Mutter im Jahr 2015 Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 22.248,37 Euro. Diesen Betrag machte der Landkreis gegenüber der Beklagten als Zahlungsanspruch aus übergeleitetem Recht geltend.

Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers

Den rechtlichen Ausgangspunkt dieser Forderung liefert § 528 BGB. Danach kann der Schenker von dem Beschenkten u.a. die Herausgabe der Schenkung insoweit nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen, als der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten.

BGH setzt am objektiven Wert der Schenkung an

Im Gegensatz zur Vorinstanz, die dem Kläger lediglich eine Zahlung in Höhe der erwirtschafteten Mietüberschüsse der Beklagten zuerkannte, stellte der BGH klar, dass der Anspruch des Landkreises insgesamt nach der Höhe des Wertes der erfolgten Schenkung zu bemessen sei.

  • § 528 BGB habe den Zweck, den Schenker vor einer wirtschaftlichen Notlage zu bewahren, solange der Beschenkte durch das Geschenk bereichert ist.
  • Die Vorschrift habe die Ausgleichung der wirtschaftlichen Notlage des Schenkers in der Weise im Sinn, als hätte es das Geschenk nicht gegeben.
  • Bei der Bestimmung des Umfangs des Herausgabeanspruchs sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten.

Herauszugeben sei deshalb nicht nur der ursprünglich geschenkte Gegenstand, vielmehr seien auch die Nutzungen, die der Beschenkte aus dem Gegenstand gezogen hat, Gegenstand des Herausgabeanspruches.

Verzicht auf das Wohnrecht hat einen ermittelbaren Verkehrswert

Soweit die Herausgabe nicht möglich ist, ist nach dem Diktum des Senats der objektive Wert zu ersetzen, § 818 Abs. 2 BGB. Im Zweifel sei dies der Verkehrswert, der den Geldwert widerspiegele, für den der Gegenstand erhältlich sei.

  • Bei dem hier erfolgten Verzicht auf das Wohnungsrecht sei die hierdurch eingetretene Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstückes maßgeblich  (BGH, Urteil 26.10.1999, X ZR 69/97).
  • Dieser Wert finde in der für einen solchen Verzicht am Markt üblichen Gegenleistung seinen Ausdruck (BGH, Urteil v. 7.3.2013, III ZR 231/12).

Für die Bewertung kommt es auf den Zeitpunkt der Zuwendung an

Im anhängigen Fall habe die Beklagte durch den Verzicht auf das Wohnungsrecht anstelle eines belasteten Grundstücks ein lastenfreies Grundstück erhalten. Das Geschenk bestehe in der hierdurch erzielten Erhöhung des Grundstückswertes zum Zeitpunkt der Zuwendung.

Da es auf den Zeitpunkt der Zuwendung ankomme, könne dieser Sichtweise - entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung - nicht entgegengehalten werden, dass das lastenfreie Grundstück der Beklagten nach dem Tod der Mutter ohnehin als Erbe zugefallen wäre.

Herausgabeanspruch umfasst auch die gezogenen Nutzungen

Darüber hinaus schuldet der Beschenkte nach Auffassung des Senats die Herausgabe der Bereicherung, die sich aus der mit der Schenkung eingetretenen wirtschaftlichen Möglichkeit zur Nutzung des geschenkten Gegenstandes ergeben haben. Insoweit sei allerdings im Rahmen von § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen, inwieweit die Bereicherung möglicherweise weggefallen sei, beispielsweise für Zeiträume, in denen die Wohnung nicht vermietet worden sei.

Rechtstreit an OLG zurückverwiesen

Das Gericht sah den Rechtstreit als noch nicht zur Entscheidung reif an, da die Vorinstanz noch keine ausreichenden Feststellungen zum Wert der Zuwendung, u.a. auch zu der zum Zeitpunkt der Zuwendung zu erwartenden Dauer des Wohnungsrechts angestellt hatte. Diese Feststellungen muss die Vorinstanz noch nachholen. Zu diesem Zweck hat der BGH den Rechtstreit zur weiteren Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

(BGH,Urteil v. 17.4.2018, X ZR 65/17).



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