Unterhaltsrechtsreform wird für langjähriger Ehen korrigiert

Die Unterhaltsrechtsreform 2008 hat den nachehelichen Unterhalt rasant heruntergefahren, auch um neue Familiengründungen zu entlasten. Diese massive Umorientierung wird zum 1.3. etwas entschärft.

Eine Rechtsänderung im BGB reagiert auf anhaltende Kritik an der Situation von Ex-Ehefrauen aus Ehen nach klassischem Rollenmodell. Im Unterhaltsrecht soll bei einer Scheidung die Dauer einer Ehe stärker berücksichtigt und so ein zuvor nicht absehbarer sozialer Abstieg vor allem von Frauen verhindert werden.

Änderung in § 1578b BGB

Dazu wird § 1578b BGB ab dem 1.3.2013 ergänzt. Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten konnte bisher herabgesetzt oder zeitlich befristet werden, wenn eine weitere Unterhaltszahlung auch unter Berücksichtigung der Belange eines Berechtigten unbillig war.

Lange Ehedauer wieder ein stärkeres Kriterium

Künftig soll insbesondere die lange Ehedauer wieder ein stärkeres Kriterium bei der Billigkeitsabwägung sein. Nachteile gem. § 1568b Abs.1 Satz 3 BGB können sich vor allem auch aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

Kann auch schon erledigte Sachverhalte betreffen

In der Praxis wird die Gesetzesänderung große Bedeutung nicht nur für anhängige Verfahren, sondern auch für erledigte Verfahren haben. Eine Gesetzesänderung ist ein Abänderungsgrund i. S. der §§ 238 und 239 FamFG.

Familienarbeit honorieren

Geschiedene Frauen, die wegen der Familienarbeit - also Haushalt oder Kinderbetreuung - ihre eigene Berufstätigkeit zurückgestellt oder nicht weiterentwickelt haben, können nun wieder damit rechnen, mehr und länger Unterhalt von ihrem Ex-Mann zu bekommen, wenn sie lange verheiratet waren. Doch auch die reine Ehedauer soll eine vertrauensschützende Rolle spielen.

Nachjustierung der Reform

Mit dem Gesetzentwurf erfolge eine Nachjustierung der Reform des Unterhaltsrechts von 2008. Die Rechtsexpertin der Unionsfraktion, Ute Granold (CDU), betonte: «Wir wollen, dass Ehefrauen, die vor langer Zeit geheiratet haben, im Fall einer Scheidung nicht ins Bodenlose fallen.»

Mit der Neuregelung des Unterhaltsrechts vor fünf Jahren war die «nacheheliche Solidarität» auf ein Minimum beschränkt worden. Damit sollte die frühere Praxis nach dem etwas klischeehaften Motto «einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin» beendet werden.

Bemängelt wurde damals, dass oft der Mann bis ans Lebensende zahlen musste, damit die Ex-Partnerin nach der Scheidung keine Abstriche machen muss. Seit der Reform sind Ehepartner nach einer Trennung grundsätzlich selbst für ihren Lebensunterhalt verantwortlich. Für die Lebensplanung der klassischen Ehefrauen kam diese recht überstürzte Neuorientierung im Familienrecht aber ebenso unvorhersehbar wie radikal zum Tragen. Nach jahrzehntelanger Arbeitsteilung in Sachen Familienarbeit und Erwerbstätigkeit standen sie nun vor dem Nichts und einem Minijob.


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