Erfolgshonorar unwirksam vereinbart - BGH lässt jetzt Abrechnung nach RVG zu
Der Fall betraf einen Anwalt, der von seinem Mandanten rund 90.000 EUR zusätzliches Honorar forderte. Der Mandant hatte 2006 in München ein Hotel gemietet und wollte dieses aufgrund einer Kaufoption im Mietvertrag für 8 Mio. EUR kaufen. Zur Finanzierung verhandelte er mit einer Bank, die ihm zur Zinssichrung zunächst zwei Zinsswaps und Anteile an einem Rentenfonds verkaufte, anschließend aber die Finanzierung ablehnte. Deshalb schaltete der später beklagte Mandant Rechtsanwalt L. ein, um mit dessen Hilfe die Finanzierung doch noch zu erreichen.
Erfolgshonorar vereinbart
Für die Abfassung eines Aufforderungsschreibens erhielt der Anwalt aufgrund einer Vergütungsvereinbarung auf Stundenhonorarbasis 3.888 EUR. Nachdem die Bank ein Gespräch in Aussicht gestellt hatte, schlossen Anwalt und Mandant - lediglich mündlich - eine weitere Vergütungsvereinbarung.
- Danach sollte Rechtsanwalt L. anstelle der gesetzlichen Gebühren 20.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer erhalten
- sowie im Falle des Abschlusses eines Finanzierungsvertrages weitere 10.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Der Beklagte zahlte 20.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
Weil das Gespräch mit der Bank unter Mitwirkung von Rechtsanwalt L. ohne Erfolg blieb, beauftragte der Beklagte Rechtsanwalt L., eine Klage auf Schadensersatz wegen der Zinsswaps und der Anteile an dem Rentenfonds vorzubereiten. Mündlich vereinbarten die Parteien, dass die Pauschalvergütung, die sich zunächst nur auf die außergerichtliche Tätigkeit bezogen hatte, nunmehr auch die erste Instanz eines Klageverfahrens gegen die Bank abdecken sollte.
Anwaltsvertrag bleibt trotz unwirksamer Honorarvereinbarung wirksam
Rechtsanwalt L. erstellte daran anschließend den Klageentwurf. Dieser wurde aber nicht mehr eingereicht, weil sich der Beklagte mit der Bank in einem weiteren Gespräch ohne Beteiligung von Rechtsanwalt L. auf eine Finanzierung einigte. Der Anwalt bzw. die dahinter stehende Verrechnungsstelle stellte daraufhin das Erfolgshonorar in Höhe von 10.000 EUR nebst Umsatzsteuer in Rechnung. Als der Mandant dieses nicht zahlte, sondern sein nunmehr bevollmächtigter Rechtsanwalt die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung geltend machte, rechnete Rechtsanwalt L. nach den Regelungen des RVG ab.
Abrechnung nach RVG nachgeschoben
Er verlangte nach RVG ein Honorar von 64.274,28 EUR für außergerichtliche Tätigkeit und von 49.817,92 EUR einschließlich einer Vergleichsgebühr für gerichtliche Tätigkeit erster Instanz. Hiervon brachte er die Zahlung von 23.800 EUR in Abzug und verlangte als Differenz 90.292,20 EUR, die der Mandant nicht zahlte. Diesen Betrag macht der Anwalt geltend – mit Erfolg.
Honorarvereinbarung nichtig, aber Anwaltsvertrag begründet RVG-Anspruch
Der Vertrag zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten war nach Ansicht des BGH rechtswirksam, selbst wenn die Honorarvereinbarung nichtig gewesen wäre. Dies war schon nach dem vor dem 1.7.2008 geltenden Recht in ständiger Rechtsprechung anerkannt, nach dem Erfolgshonorarvereinbarungen nach § 49b Abs. 2 BRAO generell verboten waren, was gem. § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit führte.
Nach dem seit Juli 2008 geltenden § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO sind Erfolgshonorarvereinbarungen nur noch unzulässig, soweit das RVG nichts anderes bestimmt. An der fortdauernden Wirksamkeit des Anwaltsvertrages selbst hat sich dadurch nichts geändert.
Meinungsvielfalt zu formunwirksamer Vereinbarung
Ob ein Verstoß gegen § 4a Abs. 1 oder 2 RVG die Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung zur Folge hat, ist umstritten.
- Nach einer Auffassung sind solche Erfolgshonorarvereinbarungen nichtig.
- Nach anderer Ansicht sind sie rechtswirksam, begrenzen aber die Vergütung des Rechtsanwalts auf die gesetzliche Vergütung
- und nach anderer Meinung ist § 242 BGB anzuwenden.
Aus Erfolgshonorar wird gesetzliche Gebühr- bis zur Höhe des Erfolgsdshonorars
Der BGH entschied sich nun dahingehend, dass eine Erfolgshonorarvereinbarung, die gegen § 4a Abs. 1 oder 2 RVG verstößt, nicht nichtig ist, sondern sich die vertragliche vereinbarte Vergütung auf die gesetzliche Gebühr beschränkt.
Ist die gesetzliche Gebühr höher, kann nur die vereinbarte Vergütung verlangt werden.
Anwalt soll nicht von der durch ihn verschuldeten Unwirksamkeit profitieren
Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der Anwalt, der die materiellen Voraussetzungen einer Erfolgshonorarvereinbarung kennt, nachdem er vordergründige auf Gebühren in gesetzlicher Höhe verzichtet, wegen Unwirksamkeit der Vereinbarung die deutlich höheren gesetzlichen Gebühren verlangen könnte.
(BGH, Urteil v. 5.6.2014, IX ZR 137/12).
Bislang hatte der BGH auf die Unwirksamkeit derartiger Honorarabreden erkannt.
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