Grundsätzlich genießt der Rechtsmittelführer Vertrauensschutz, wenn Gerichte über die Rechtsmittelfrist falsch belehren. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Frist von ihm zunächst korrekt berechnet und eingetragen wurde und er nach der falschen belehrung den Sachverhalt nicht überprüft.

Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über die vom Kläger zur Insolvenztabelle angemeldete und vom beklagten Insolvenzverwalter bestrittenen Lohnforderungen.

 

Schleppende Urteilszustellung

Das Arbeitsgericht München hatte die Klage am 24.02.1010 abgewiesen. Das Urteil wurde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.07.2010 zugestellt und enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung: „Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung dieses Urteil.......eingelegt werden.“

 

Unzutreffende Rechtsmittelbelehrung: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Die Berufung des Klägers ging am 25.08.2010 beim Landesarbeitsgericht München ein. Am nächsten Tag wurde der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass die Berufungsfrist am 24.08. abgelaufen sei, da eine Berufung nur bis zum Ablauf von 6 Monaten ab Urteilsverkündung eingelegt werden könne. Der Kläger beantragte daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da das Fristversäumnis auf einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung beruhe.

 

Recht auf ein faires Verfahren: Zugang zu den Instanzen nicht unzumutbar erschweren

Nach Ansicht des LAG München hat die Rechtmittelbelehrung darauf hinzuweisen, dass eine Berufung nur bis zum Ablauf von sechs Monaten ab Urteilsverkündung erfolgen kann, wenn ein arbeitsgerichtliches Urteil später als fünf Monaten, aber noch vor Ablauf von sechs Monaten ab Verkündung zugestellt wurde.

Lautet die Rechtsmittelbelehrung hingegen wie im vorliegenden Fall, genießt der Berufungsführer grundsätzlich Vertrauensschutz hinsichtlich der angegebenen Rechtsmittelfrist.

 

Eigenes Verschulden muss zweifelsfrei ausgeschlossen sein

Der Berufungsführer hatte jedoch zunächst die richtige Frist (6 Monate ab Urteilsverkündung) notiert, diese dann aber aufgrund der falschen Belehrung geändert. Eine erneute und nach Auffassung des Gerichts gebotene Prüfung erfolgte nicht. Daher lag letztendlich keine unverschuldete Versäumnis der Berufungsfrist vor.

(LAG München, Beschluss v. 28.10.2010, 11 Sa 852/10).