Kein Auskunftsverweigerungsrecht zu Mandanten-Umsatzsteuerdaten

Die Anwaltliche Schweigepflicht entbindet der Rechtsanwalt nicht von der Verpflichtung zur Angabe von umsatzsteuerrechtlichen Mandatsdaten. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG Köln, wonach ein Rechtsanwalt, welcher Beratungsleistungen an im EU-Ausland ansässige Unternehmer erbracht hat, die  Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung mit den darin geforderten Angaben nicht unter Berufung auf seine Schweigepflicht verweigern darf.

In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erbrachte die Klägerin, eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, anwaltliche Leistungen an im EU-Ausland ansässige Unternehmer. Sie ging daher davon aus, dass der Ort der Leistung nicht im Inland liege und im Wege der Umkehr der Steuerschuldnerschaft die Leistungsempfänger in deren Ansässigkeitsstaat die Umsatzsteuer schulden würden. Daher stellte sie Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus. In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung gab die Klägerin im Hinblick auf die anwaltliche Schweigepflicht keine zusammenfassende Meldung i.s.d. § 18 a UStG mit Angabe der USt-IdNrn. ihrer Mandanten ab.

Rechtsanwalt ist zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung verpflichtet

Der BFH sah dies anders und urteilte, dass die Klägerin zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung gem. § 18 a Abs. 2 UStG verpflichtet sei, da die Voraussetzungen im Streitfall vorliegen würden.

  • Die klagende Rechtsanwaltsgesellschaft führte als Unternehmerin im Meldezeitraum gegen Entgelt Rechtsberatungstätigkeiten aus
  • und hatte in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Meldezeitraum gemäß § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG selbst eine Bemessungsgrundlage für Umsätze erklärt, die sie im Meldezeitraum an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Leistungsempfänger ausgeführt hat.

Weiter habe sie damit implizit angegeben, dass der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schulde, so der BFH.

Auskunftsverweigerungsrecht dient besonderem Vertrauensverhältnis Anwalt /  Mandant

Die Klägerin durfte diese Angaben auch nicht gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 b) AO verweigern.

  • Zwar stehe den Rechtsanwälten ein Auskunftsverweigerungsrecht hinsichtlich mandatsbezogener Geheimnisse, die einem Berufsträger oder einem seiner Mitarbeiter bei Ausübung oder Anbahnung eines Mandats bekannt geworden sind, zu.
  • Dazu gehöre die Identität des Mandanten als auch die Tatsache seiner Beratung.
  • Das Verweigerungsrecht gelte jedoch nicht für Mandanten, welche auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet hätten, was auch stillschweigend erfolgen könne.

Konkludente Einwilligung in Offenlegung durch eigene Angabe der USt-IdNr.

Vorliegend haben die in den Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmer durch die Mitteilung ihrer USt-IdNr. gegenüber der Rechtsanwaltsgesellschaft in deren Offenlegung eingewilligt. Dies ergebe sich aus dem EU-weit harmonisierten - und daher auch ausländischen Unternehmern als Leistungsempfängern bekannten System der Besteuerung innergemeinschaftlicher Dienstleistungen, so der BFH in seiner Urteilsbegründung.

Daher könne offen bleiben, ob die in § 18 a UStG unter den dort genannten Voraussetzungen allgemein für sämtliche Unternehmen gesetzlich normierte Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung die anwaltliche Schweigepflicht ohnehin nicht zulässigerweise einschränke.

Das Verfahren ist derzeit noch anhängig beim Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2899/17).

(BFH, Urteil v. 27.09.2017, XI R 15/15).


Hintergrund:

Der BFH hat bereits mit Urteil vom 26.2.2004 (IV R 50/01) entschieden, dass Rechtsanwälte die erforderlichen Angaben zu Bewirtungskosten bzw. Bewirtungsbelegen in der Regel nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern dürfen.

Als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts dient § 30 AO dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und anderen zur Auskunftserteilung verpflichteten Personen. Zugleich bezweckt die Vorschrift aber auch, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich erheblichen Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, insbesondere gleichwertige Besteuerung sicherzustellen (FG Köln, Urteil v. 15.4.2015, 2 K 3593/11)..