Neuer US-Trend: Postings von Wahl-Selfies


Postings von Wahl-Selfies

Selfies mit dem ausgefüllten Stimmzettel in der Hand, um die eigene Wahlentscheidung im Netz zu veröffentlichen, sind ein neuer Trend in den USA, der dort nun auch die Justiz beschäftigt.

Ist es mit dem Grundsatz der geheimen und freien Wahl vereinbar, seine Wahlentscheidung öffentlich zu machen, indem man Selfies mit dem ausgefüllten Wahlzettel in der Hand in sozialen Netzwerken postet, oder stellt dies einen Gesetzesverstoß dar? Mit dieser Frage muss sich ein US-Gericht im Bundesstaat North Carolina beschäftigen. In Deutschland gibt es gesetzliche Regelungen.

Wahl-Selfies auf dem Vormarsch

Selfies mit ausgefülltem Wahlzettel, gepostet in sozialen Netzwerken, finden in den USA immer mehr Anhänger. Mehr als die Hälfte der US-Bundesstaaten verfügt inzwischen über spezielle gesetzliche Regelungen, die den Umgang mit Wahl-Selfies regeln. Die gesetzlichen Regelungen sind aber keineswegs einheitlich. In 14 Bundesstaaten sind die Wahl-Selfies schlicht verboten, 13 Bundesstaaten statuieren demgegenüber ein individuelles Recht auf Wahl-Selfies. Andere US-Staaten besitzen differenzierte Regelungen und unterscheiden z. B. zwischen erlaubten Selfies von einer Briefwahl zu Hause und nicht erlaubten Selfies aus der Wahlkabine.

Strafe für Wahl-Selfie angedroht

In North Carolina besteht ein generelles Wahl-Selfie-Verbot. Eine Einwohnerin von North Carolina ließ sich von dem Verbot nicht abhalten, von ihrer Teilnahme am im März 2024 an den Vorwahlen der Libertären Partei ein Wahl-Selfie von sich mit ausgefülltem offiziellem Wahlzettel in den sozialen Netzwerken zu posten. Kurz darauf erhielt sie Post von der Wahlbehörde „NCSBE“ (North Carolina State Board of Elections). In dem Schreiben wurde die Wählerin belehrt, dass in North Carolina das Fotografieren von abgegebenen Stimmzetteln verboten ist. Unter Hinweis auf das entsprechende Strafgesetz wurde ihr mitgeteilt, dass sie sich eines Vergehens 1. Klasse schuldig gemacht habe, das mit Geldstrafe sowie mit Freiheitsstrafe bis zu 120 Tagen Haft geahndet werden kann.

Wählerin klagt gegen Wahlausschuss

Brief und Strafandrohung beeindruckten die Wählerin nicht. Sie reichte Klage gegen die Mitglieder des Wahlausschusses des Staates North Carolina ein. Die Klägerin beruft sich auf ihr durch den 1. Zusatzartikel zur US-Verfassung geschütztes Recht zur politischen Meinungsäußerung. Es könne nicht sein, dass es ihr verboten sei, der Welt zu zeigen, was und wen sie gewählt habe. Dieses Recht zur öffentlichen Darstellung ihrer politischen Meinung könne ihr durch ein verfassungswidriges Gesetz nicht genommen werden.

Wahlbehörde sieht Wahl-Selfies als Gefahr

Die Wahlbehörde verweist in ihrer Stellungnahme auf schwerwiegende Fälle von Wahlbetrug in den Jahren 2016 und 2018. Die unkontrollierte Veröffentlichung von Wahl-Selfies berge die Gefahr des Anbietens und Verkaufs von Stimmen und widerspreche dem Grundsatz freier und geheimer Wahlen.

Klägerin wird von Verband unterstützt

Die Klägerin erhält Unterstützung durch die „Foundation for Individual Rights and Expressions“. Das gemeinsame Ziel lautet, das Selfie-Verbot noch vor der im November anstehenden US-Wahl zu kippen oder zumindest die Wahlbehörde zu veranlassen, künftig von der Durchsetzung des Wahl-Selfie-Verbots mit Blick auf die US-Verfassung abzusehen. Den Ausgang des Verfahrens schätzen US-Juristen als ungewiss ein.

Sind in Deutschland Wahl-Selfies erlaubt?

Wie sieht eigentlich die Rechtslage in Deutschland aus? Sind Selfies in der Wahlkabine erlaubt? Eine erste Antwort gibt Art. 38 GG. Danach werden die Abgeordneten des Bundestags in freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Ähnliches gilt nach den Verfassungen der Länder für die Länderparlamente. Geheim bedeutet, dass der Wahlvorgang als solcher nicht durch unbeteiligte Dritte beobachtet werden darf. Die geheime Wahl steht – zumindest was den eigentlichen Wahlvorgang betrifft – auch nicht zur Disposition des Wählers.

Selfie in der Wahlkabine führt zur Zurückweisung als Wähler

Die näheren Einzelheiten regelt die Bundeswahlordnung (BWO). § 56 Abs. 2 Satz 2 BWO verbietet jegliches Fotografieren und Filmen in der Wahlkabine, also auch das Wahl-Selfie. Gemäß § 56 Abs. 6 Nr. 5a BWO hat der Wahlvorstand einen Wähler zurückzuweisen, wenn dieser erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat. Befindet sich der Stimmzettel aber schon anonym in der Wahlurne, ist eine Zurückweisung nicht mehr möglich. Briefwähler haben gemäß § 66 Abs. 3 BWO ihren Stimmzettel unbeobachtet auszufüllen und in den Wahlumschlag zu legen. Wer dennoch zu Hause ein Wahl-Selfie macht und postet, muss allerdings keine Konsequenzen fürchten. Außerhalb des eigentlichen Wahlvorgangs darf ohnehin jeder seine Wahlentscheidung öffentlich machen. Strafbar ist allerdings, wer den Wahlschein eines anderen ablichtet und postet. Gemäß § 107c StGB steht hierauf eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe.

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