Üble Gerüche können erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden der damit konfrontierten Personen haben bis hin zu ernsthaften Beeinträchtigungen der Gesundheit.
Auch Geruch kann den Betriebsfrieden beeinträchtigen
Am Arbeitsplatz kann die ständige Belästigung durch den unerträglichen Schweißgeruch eines Mitarbeiters nicht nur zu ernsthaften Störungen des Arbeitsfriedens führen, sie kann auch die Arbeitsleistung der Belegschaft signifikant herabsetzen. Möbel, die die gesamte Wohnung mit einem unangenehmen Geruch nach Chemikalien erfüllen, führen regelmäßig zu Befindlichkeitsstörungen der Wohnungsinhaber und deren Besucher. In den meisten Fällen haben die hiermit befassten Gerichte die Verursacher zur Verantwortung gezogen.
Stinkende Schlafzimmermöbel
Eine Wohnungsinhaberin hatte eine neue Schlafzimmereinrichtung zum Preise von 6.200 Euro erstanden. Die Freude über die schicken Möbel hielt aber nur kurz an, denn der anfängliche unangenehme Geruch nach Chemikalien verschwand auch sechs Wochen nach Lieferung noch nicht. Die Käuferin verlangte vom Verkäufer Abhilfe. Dessen Bemühungen um Nachbesserung führten aber zu keinem Erfolg.
Die Käuferin trat daraufhin vom Kaufvertrag zurück und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme der Möbel. Ein Sachverständiger stellte 13 Monate nach dem Kauf eine auffällige Häufung flüchtiger organischer Verbindungen in der Raumluft fest. Dies berechtigte die Käuferin nach Auffassung der Bamberger Richter zum Rücktritt vom Vertrag.
Ungestörten Gebrauch der Schlafzimmermöbel verhindert
Die Richter stellten ausdrücklich klar, nicht entscheidend sei, ob mit den Gerüchen eine Gesundheitsgefährdung einhergehe. Allein der Geruch und die damit verbundene nachvollziehbare Sorge der Käuferin, dass damit auch Gesundheitsgefahren verbunden sein könnten, verhinderten einen ungestörten Gebrauch der Schlafzimmermöbel. Damit sei der vertraglich vorausgesetzte Gebrauchszweck erheblich beeinträchtigt, so dass die Käuferin den Kaufpreis zurückverlangen könne (OLG Bamberg, Beschluss v. 7.8.2009, 6 U 30/09).
Unangenehme Ausdünstungen eines Arbeitnehmers
Ein anderer Fall betrifft die arbeitsrechtliche Seite von Geruchsbelästigungen. In der städtischen Verwaltung fiel ein Verwaltungsbeamter während der Probezeit durch ein schlampiges Äußeres und durch besonders starke Absonderungen von Schweißgeruch auf. Dies führte zur Kündigung des Arbeitnehmers noch während der Probezeit.
Das Arbeitsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung, die – da die Wartezeit des § 1Abs. 1 KSchG noch nicht abgelaufen war - lediglich am Maßstab der §§ 138, 242 BGB zu messen war.
Eine erhebliche Geruchsbelästigung der Mitarbeiter kann nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu einer Beeinträchtigung des Arbeitsfriedens führen. Damit lägen der Kündigung nachvollziehbare sachliche Erwägungen zu Grunde, die innerhalb der Probezeit eine Kündigung rechtfertigen (ArbG Köln, Urteil v. 25.3. 2010, 4 Ca 10458/09).
Millionenbetrag für Schlüpfer von Strafgefangenen
Auch Strafgefangene habe schon mal Probleme mit Gerüchen. Dies gilt besonders dann, wenn keine ausreichende Unterwäsche zum Wechsel zur Verfügung steht. In Westfalen galt in Justizvollzugsanstalten die Regel, dass ein Häftling pro Woche zwei Paar Socken und vier Unterhosen zum Wechseln erhält. Das Duschen war zweimal pro Woche erlaubt.
Ein 60 Jahre alter Gefängnisinsasse sah sich hierdurch in seiner Würde verletzt. Er war der Auffassung, dass seine Unterhosen nach einem Tag Gebrauch sich in einem Zustand befinden, der ein weiteres Tragen schon wegen der unangenehmen Ausdünstungen nicht zumutbar erscheinen lasse. Sein Antrag, täglich die Unterwäsche wechseln zu dürfen, wurde von der Justizverwaltung allerdings abgelehnt. Das OLG Hamm hatte ein Einsehen und entschied, dass ein Häftling das Recht habe, einmal täglich seine Unterwäsche (Unterhosen und Socken) zu wechseln (OLG Hamm, Beschluss v. 14.8.2014, 1 Vollz (Ws) 365/14).
Vorbereitung auf die spätere, geruchsarme Wiedereingliederung
Nach Auffassung des OLG ist die tägliche Versorgung mit frischer Unterwäsche schon zum Zwecke der Vorbereitung auf die spätere Wiedereingliederung in die Gesellschaft erforderlich, da die allgemein anerkannte gesellschaftliche Norm heute einen täglichen Wechsel der Unterwäsche vorsehe.
Die Justizverwaltung befürchtet ob dieser Entscheidung bundesweit Kosten in Höhe von über 1 Million Euro für den Kauf zusätzlicher Unterwäsche für Strafgefangene.
Auf dem Land ist Gestank üblich
Was in den Städten gilt, ist auf dem Land oft ganz anders. Landwirte im Kreis Kleve klagten gegen die Vergrößerung von zwei Hähnchenmastbetrieben in ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie befürchteten durch die Vergrößerung der Anlagen eine erhebliche Belästigung durch üble Gerüche.
Das OVG Münster gestattete dennoch die Vergrößerung der Mastanlagen. Nach Auffassung der Richter ist auf dem Land grundsätzlich ein höheres Maß an Gestank zu ertragen als zum Beispiel in Wohnsiedlungen. Tiergerüche hätten auf dem Land eine andere Tradition als in Städten. Die Grenzwerte für Geruchsbelästigungen lägen im ländlichen Raum je nach den Umständen des Einzelfalls bei 15 % bis 25 % Geruchsstunden pro Jahr. Geruchsstunden sind vereinfacht gesagt, die Stunden, in denen es stinkt. Schließlich handle sich bei den Klägern selbst um Landwirte, die Schweine hielten (OVG Münster, Beschlüsse v. 9.12.2013, 8 A 1451/12).
Maßstab ist der Durchschnittsriecher
Die Farben der Justiz sind nicht nur optisch bunt, die Farbpalette erfasst auch den sinnlich wahrnehmbaren Geruch, den Odeur und das Aroma zum Himmel stinkender Sachverhalte. Geruchsforscher sagen übrigens, dass Gestank eigentlich nicht messbar sei. Zwar könne man die chemische Zusammensetzung eines Duftes identifizieren. Ob Menschen diesen Duft als angenehm oder unangenehm empfinden, sei wissenschaftlich jedoch nicht eindeutig vorhersehbar. Allerdings könne man Geruchsbelästigungen bis zu einem gewissen Grad am so genannten „Durchschnittsriecher“ festmachen.
Eine identifizierbare Mehrheit der Menschen empfinde bestimmte Gerüche (z. B. Industriegestank) als unangenehm oder eben als angenehm (Veilchenduft). Die Justiz jedenfalls scheint sich bei ihren Entscheidungen am gemeinen Durchschnittsriecher zu orientieren.